Deutschlandtrend: CDU/CSU und Merz gewinnen, SPD verliert
3. Juli 2025
Wird die SPD noch gebraucht und wenn ja, wo und mit welchen Themen? Diese Frage stand beim Bundesparteitag Ende Juni unübersehbar im Raum. Die Sozialdemokraten sind bis ins Mark erschüttert, nachdem sie bei der Bundestagswahl im Februar so schlecht abgeschnitten haben wie zuletzt im Jahr 1887.
Die Ergebnisse des aktuellen ARD-Deutschlandtrends dürften ihre Laune nicht heben. Die SPD, die als Juniorpartner mit den konservativen Parteien CDU/CSU regiert, verliert weiter an Zustimmung. Sie käme nur noch auf 13 Prozent, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre. Das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap hat für den Deutschlandtrend zwischen dem 30. Juni und 2. Juli 1312 wahlberechtigte Bundesbürger repräsentativ befragt.
Die Union kann im Vergleich zum Juni leicht auf 30 Prozent (+1) zulegen. Die in Teilen rechtsextreme AfD hätte weiterhin 23 Prozent in Aussicht. Grüne und Linke könnten mit zwölf (+/-0) beziehungsweise zehn Prozent (+1) rechnen. Andere Parteien, darunter das Bündnis Sahra Wagenknecht BSW (vier Prozent; +/-0) und die FDP (drei Prozent; -1), blieben weiterhin ohne Chance auf einen Bundestagseinzug.
Welche Partei kann den Frieden sichern?
Linke Sozialdemokraten werfen ihrer Parteiführung vor, sie tue zu wenig für die Friedenssicherung. Im Juni meldeten sie sich mit einem sogenannten Manifest zu Wort, in dem "Friedenssicherung in Europa durch Verteidigungsfähigkeit, Rüstungskontrolle und Verständigung" gefordert wird. Dazu zählt für die Unterzeichner mehr Diplomatie im Umgang mit Russland. Die massive Aufrüstung der Bundeswehr wird abgelehnt.
Friedenspolitik hatte in der SPD früher einen hohen Stellenwert. Im aktuellen Deutschlandtrend sprechen nur noch elf Prozent der Befragten der SPD eine Kompetenz als Friedenspartei zu.
31 Prozent trauen am ehesten der CDU/CSU zu, den Frieden in Europa herzustellen und zu sichern. 14 Prozent nennen bei dieser Frage die AfD. 57 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass es ihnen Angst macht, wie leichtfertig in Deutschland über Kriegstüchtigkeit geredet wird. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschen. Mehrheitlich macht der Begriff Ostdeutschen Angst.
Mehrheit für Wehrpflicht - auch für Frauen
SPD-Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius fordert schon lange, dass die Bundeswehr wieder kriegstüchtig werden muss. 62 Prozent der Befragten im Deutschlandtrend stimmen Pistorius zu und sehen das als Voraussetzung, damit der Frieden in Europa gesichert werden kann. 73 Prozent sind der Meinung, dass Deutschland dringend mehr Soldaten braucht, die im Ernstfall das Land verteidigen. Dafür muss ihrer Meinung nach die seit Jahren ausgesetzte Wehrpflicht wieder eingeführt werden.
Insgesamt ist mehr als die Hälfte der Befragten dafür, dass die Pflicht zum Wehr- oder Zivildienst wieder eingesetzt wird - und zwar für Männer und Frauen. Allerdings gibt es hier einen Generationenkonflikt. Eine weitere Aussetzung unterstützen von den unter 35-Jährigen etwa doppelt so viele wie in der Gesamtbevölkerung.
Migration und Wirtschaft bleiben wichtigste Themen
Der Umgang mit bewaffneten Konflikten, Friedenssicherung und Außenpolitik im Allgemeinen werden von 15 Prozent der Befragten als besonders wichtige Themen erachtet, mit denen sich die Politik auseinandersetzen soll. Häufiger werden nur Zuwanderung/Flucht (33 Prozent), die Wirtschaft (21 Prozent) und das Thema soziale Ungerechtigkeit (16 Prozent) genannt.
Für Union und SPD hat der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland oberste Priorität. 20 Prozent der Bundesbürger gehen davon aus, dass sich die Lage in einem Jahr tatsächlich verbessert haben wird. 41 Prozent glauben, dass sich nichts ändern wird, 35 Prozent gehen sogar davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage noch verschlechtern wird. Zwei Drittel der Befragten sagen allerdings, dass das auf ihre persönliche wirtschaftliche Lage keinen Einfluss haben wird.
60 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass es in Deutschland sozial ungerecht zugeht. Das ist der höchste Wert seit 15 Jahren im ARD-Deutschlandtrend. Begründet wird diese Wahrnehmung vor allem mit zu großen Unterschieden zwischen Arm und Reich. Die Steuer- und Abgabenlast wird als zu hoch beziehungsweise ungleich wahrgenommen. Der Abstand zwischen den unteren Lohngruppen und dem Bürgergeld, wie die staatliche Grundsicherung für Arbeitslose heißt, wird als zu gering erachtet.
Mehrheit findet Sanktionen beim Bürgergeld angemessen
Wer seinen Lebensunterhalt zeitweise oder dauerhaft nicht selbst bestreiten kann und hilfsbedürftig ist, erhält in Deutschland als Alleinstehender 563 Euro pro Monat. Paare erhalten 1012 Euro. Die Kosten sind zuletzt stark gestiegen, auf über 50 Milliarden Euro jährlich.
Die Union fordert härtere Sanktionen für Bürgergeld-Empfänger, die wiederholt zumutbare Arbeit ablehnen. Derzeit kann ihnen das Geld bis zu zwei Monate gestrichen werden. Wie sehen die Bürger das?
Insgesamt hält jeder zweite Befragte die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten für angemessen. Zwölf Prozent finden das zu weit gehend, 35 Prozent sind der Meinung, dass in entsprechenden Fällen stärker gekürzt werden müsste.
Arbeit oder Qualifikation - was ist wichtiger?
Im Koalitionsvertrag haben sich CDU/CSU und SPD grundsätzlich auf strengere Regeln verständigt. Doch wie genau das aussehen soll, darüber streiten sich die Parteien. Die Union will die Ausgaben grundsätzlich drastisch senken. Die Sozialdemokraten wehren sich gegen pauschale Kürzungen. Mehr als 4,5 Milliarden Euro seien in den kommenden beiden Jahren nicht einzusparen, sagen die Sozialdemokraten. Menschen in Arbeit zu bringen koste auch Geld. Beispielsweise für Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen.
Sollen Erwerbslose lieber schnell in eine zumutbare Beschäftigung vermittelt werden oder ist es wichtiger, sie zunächst angemessen zu qualifizieren und weiterzubilden, damit sie eine bessere Arbeitsstelle finden? Bei dieser Frage sind die Meinungen geteilt.
Beim Blick auf die Parteienpräferenz zeigt sich aber, dass Anhänger von Union und AfD mehrheitlich dafür sind, die Menschen lieber schnell in einen Job zu bringen. Anhänger von Linken und Grünen ziehen es hingegen vor, sie vorrangig zu qualifizieren. Bei den SPD-Anhängern gibt es gleich viele Befürworter für beide Alternativen.
Bei dem Streit geht es nicht nur um Geld. Es ist auch eine gesellschaftspolitische Grundsatzdebatte über den Umgang mit Bedürftigen und das Ziel der Grundsicherung in Deutschland.