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Politik

Kaum Angst vor dem Coronavirus

6. Februar 2020

Auch in Deutschland haben sich Menschen mit dem Virus infiziert. Trotzdem bleiben die Bürger weitgehend gelassen. Das geht aus dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend hervor. Mehr Angst haben sie vor steigenden Mieten.

Deutschland Coronavirus - Vorbereitungen in Essen
Bild: picture alliance/dpa/B. Thissen

Der Kampf gegen den in China ausgebrochenen neuartigen Coronavirus bestimmt derzeit weltweit die Schlagzeilen. Auch in Deutschland haben sich Menschen mit dem noch weitgehend unbekannten Virus angesteckt. Die ersten Fälle waren bei einer Firma in Bayern aufgetreten, bei der eine infizierte Mitarbeiterin aus Wuhan eine Schulung abgehalten hatte.

In der vergangenen Woche wurden mehr als einhundert Bundesbürger aus China nach Deutschland zurückgeholt und in einer Kaserne unter Quarantäne gestellt. Auch bei ihnen wurden nach der Ankunft einzelne Fälle einer Corona-Infektion festgestellt. Obwohl die Erkrankung bei vielen Patienten glimpflich verläuft und schnell abklingt, hat das Auftreten des noch weitgehend unbekannten Virus weltweit Ängste ausgelöst.

Deutsche vertrauen den Behörden

In Deutschland halten sich die Ängste allerdings in Grenzen. Acht von zehn Bundesbürgern sind der Meinung, dass die Situation bislang unter Kontrolle ist. Das geht aus dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend hervor, den das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap durchgeführt hat.

Was darf die Ernährung kosten?

Ein weiteres Thema, zu dem die Meinungsforscher in dieser Woche Bundesbürger repräsentativ befragt haben, sind die Lebensmittelpreise in Deutschland. Statistisch gesehen geben die Bundesbürger nicht einmal zehn Prozent ihres Einkommens für ihre Ernährung aus. Im europäischen Vergleich ist das sehr wenig. Leidtragende sind die Umwelt und die Landwirte. Nicht nur mit der Tierhaltung, auch auf dem Acker lässt sich immer weniger Geld verdienen.

Die deutschen Bauern mussten im letzten Abrechnungsjahr einen Einkommensrückgang von 18 Prozent hinnehmen. Dem will die Politik nicht länger tatenlos zusehen. Zu Wochenbeginn sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Vertretern des Einzelhandels und der Ernährungsindustrie über faire Handelspraktiken und Möglichkeiten, die Lebensmittelpreise zu erhöhen.

Nur jeder Zweite würde mehr zahlen

Aber würden die Deutschen das gut finden? Das aktuelle Preisniveau bei Lebensmitteln ist zwar aus Sicht gut jedes zweiten Bundesbürgers (54 Prozent) eher zu niedrig. 43 Prozent aber widersprechen: Sie betrachten die bestehenden Lebensmittelpreise als bereits angemessen (36 Prozent) oder zu hoch (sieben Prozent).

Vorschläge wie das Verbot von Preisen, bei denen Lebensmittel unterhalb der Herstellerkosten angeboten werden, finden allerdings eine breite Unterstützung in der Bevölkerung: Sieben von zehn (73 Prozent) sprechen sich für derartige Verbote aus, nur jeder Vierte (24 Prozent) ist dagegen.

Wichtig für die Bewertung der Lebensmittelpreise ist die jeweilige Einkommenssituation. In Haushalten mit einem Netto-Einkommen von weniger als 1.500 Euro sind 64 Prozent der Meinung, die derzeitigen Lebensmittelpreise seien keineswegs zu niedrig. 

Mieten wird immer teurer

Ein Thema, das die Menschen in Deutschland quer durch fast alle Einkommensklassen bewegt, ist die zunehmende Wohnungsnot. Immer mehr Bürger zieht es vom Land in die Stadt und mit der Nachfrage nach Wohnraum steigen auch die Mieten. Wer nicht überdurchschnittlich gut verdient und in der Lage ist, einen Großteil seines Einkommens für die Miete auszugeben, findet kaum noch eine bezahlbare Bleibe.

Der angespannte Immobilienmarkt sorgt bei den Bürgern für Unmut gegenüber der Wohnungspolitik von Bund und Ländern. Mit den Anstrengungen der Politik in Deutschland zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist gerade einmal jeder siebte Bundesbürger (14 Prozent) zufrieden. 80 Prozent üben Kritik.

In den letzten Jahrzehnten hat sich der Staat immer weiter aus dem sozialen Wohnungsbau zurückgezogen. Dabei werden private Bauherren finanziell unterstützt, müssen sich im Gegenzug aber verpflichten, die Miete über einen bestimmten Zeitraum niedrig zu halten und die Wohnung an einkommensschwache Bürger zu vergeben.

Inzwischen gibt es kaum noch Wohnungen, bei denen eine Mietpreisbindung existiert. Die meisten ehemaligen Sozialwohnungen werden heute zu den ortsüblichen Preisen vermietet.

Großer Zuspruch für den Mietendeckel

In der angespannten Lage befürworten die Bürger mehrheitlich stärkere regulative Eingriffe in den Wohnungsmarkt. So findet der zu Jahresbeginn in Berlin beschlossene Mietendeckel, der ein Einfrieren von Mieten für die kommenden fünf Jahre sowie die Einführung von Mietobergrenzen vorsieht, bundesweit mehrheitliche Unterstützung: Sieben von zehn (71 Prozent) finden die Berliner Maßnahmen eher gut, 24 Prozent eher schlecht. Unter den deutschen Mietern selbst sind 81 Prozent von den Berliner Maßnahmen überzeugt.

Der Zuspruch zum Mietendeckel überwiegt in den Reihen aller Parteien, insbesondere unter den Anhängern von Linken, Grünen und der SPD. Aber auch bei den Wählern von Union und AfD ist eine deutliche Mehrheit dafür. Allein unter den FDP-Anhängern halten sich Zustimmung und Ablehnung aktuell etwa die Waage.

Weniger Zuspruch für Berliner Koalition

Die Bundesregierung aus Union und SPD tut sich auch im zweiten Jahr der laufenden Legislaturperiode schwer, bei den Bundesbürgern zu punkten. Ein knappes Drittel ist aktuell zufrieden mit der Arbeit der Berliner Koalition, zwei Drittel üben Kritik. Damit ist der Zuspruch zur Regierungsarbeit gegenüber Anfang Januar leicht zurückgegangen. In den Reihen von Union (46:53 Prozent) und SPD (52:48 Prozent) halten sich Zuspruch und Ablehnung die Waage. Unter den Anhängern der Bundestagsopposition überwiegt die Kritik an der Berliner Regierungsarbeit, am deutlichsten bei den Anhängern der AfD.

In der bundespolitischen Stimmung hat sich bis zur Mitte dieser Woche nur wenig bewegt. Mögliche bundespolitische Folgen der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen sind im aktuellen ARD-Deutschlandtrend allerdings nicht berücksichtigt.

CDU und CSU kämen aktuell wie im Vormonat auf zusammen 27 Prozent. Die SPD läge bei 14 Prozent, die Grünen bei 22 Prozent. Für die AfD würden sich unverändert 14 Prozent der Wähler entscheiden. Während sich die Linke auf neun Prozent verbessert, verliert die FDP einen Prozentpunkt und käme auf acht Prozent.

In einer Blitzumfrage von Infratest Dimap für den ARD-Deutschlandtrend sagten 61 Prozent der Befragten, der Rückzug des FDP-Politikers Thomas Kemmerich vom Amt des Thüringer Ministerpräsidenten sei richtig. 24 Prozent der Bundesbürger halten diesen Schritt für falsch.

Wie immer geben die Meinungsforscher allerdings zu bedenken, dass die sogenannte Sonntagsfrage zur Bundestagswahl aktuelle Wahlneigungen misst und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Viele Wähler würden sich kurzfristig vor einer Wahl festlegen. Eine große Bedeutung habe zudem der Wahlkampf mit der gezielten Ansprache von unentschlossenen und taktischen Wählern.