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Politik

Deutschlandtrend: Schulz schlägt Merkel

2. Februar 2017

Mit dem neuen SPD-Herausforderer Martin Schulz ist der Kanzlerin eine ernst zu nehmende Konkurrenz erwachsen. Würde der Regierungschef in Deutschland direkt gewählt, hätte Angela Merkel derzeit das Nachsehen.

Deutschland Martin Schulz und Angela Merkel
Bild: picture alliance/dpa/U. Baumgarten

Nur zehn Tage sind vergangen, seit die SPD ihre Führung neu aufgestellt hat. Sigmar Gabriel verzichtet auf die Kanzlerkandidatur und den Parteivorsitz und hat den Weg für den früheren Präsidenten des Europäischen Parlaments Martin Schulz freigemacht. Der hat große Pläne. "Ich trete mit dem Anspruch an, Bundeskanzler zu werden!", so lautet sein Credo, das er als Kampfansage versteht.

Eine Botschaft, die bei den Deutschen anzukommen scheint, wenn man den repräsentativen, monatlich durchgeführten ARD-Deutschlandtrend zugrunde legt. Würde der Bundeskanzler in Deutschland direkt gewählt, würde sich jeder Zweite für Martin Schulz entscheiden. Angela Merkel käme auf lediglich 34 Prozent und würde damit deutlich gegen Schulz verlieren. Für die Umfrage im Auftrag der ARD-Tagesthemen hat das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap in dieser Woche rund 1.500 Wahlberechtigte bundesweit befragt.

SPD im Höhenflug

Der Rückenwind, mit dem Schulz ins Wahljahr startet, ist damit deutlich stärker als bei Peer Steinbrück, der die Kanzlerin bei der letzten Bundestagswahl für die SPD herausforderte. Im direkten Vergleich kam Steinbrück nach seiner Nominierung im Oktober 2012 auf 38 Prozent, Angela Merkel auf 49 Prozent.

Der "Schulz"-Effekt macht sich auch bei der "Sonntags-Frage" bemerkbar. Wenn am kommenden Wochenende Bundestagswahl wäre, käme die SPD auf 28 Prozent der Stimmen. Das wäre nicht nur eine Steigerung um acht Prozentpunkte im Vergleich zum Vormonat, sondern auch der beste Wert, der in der laufenden Legislaturperiode von den Meinungsforschern gemessen wurde.

Die Zuwächse bei den Sozialdemokraten gehen vor allem zu Lasten der Union und der Alternative für Deutschland (AfD), die jeweils drei Prozentpunkte im Vergleich zum Januar verlieren. Die Union käme auf 34 Prozent und bliebe damit stärkste Kraft. Die AfD würde zwölf Prozent erreichen. Die Grünen und die Linke verschlechtern sich, wenn auch nur gering um einen Prozentpunkt auf acht Prozent der Stimmen. Die FDP, die derzeit nicht im Bundestag vertreten ist, würde sich auf sechs Prozent geringfügig verbessern, die Liberalen würden damit den Wiedereinzug ins Parlament schaffen.

Wer mit wem?

Die Bundestagswahl wird am 24. September dieses Jahres stattfinden. Derzeit ist nicht davon auszugehen, dass eine Partei alleine die Regierung stellen kann. Koalitionen werden sich finden müssen. Legt man die derzeitigen Ergebnisse zugrunde, würde es für ein Dreierbündnis ohne die Schwesterparteien CDU und CSU rechnerisch schwierig werden. Eine aus drei Parteien bestehende Regierung erhält im Deutschlandtrend allerdings auch keinen großen Zuspruch.

Die meisten Befragten geben einer großen Koalition den Vorrang. Aber - und das ist neu - sie würden sich für ein SPD-geführtes Kabinett aussprechen. 50 Prozent sehen das so. Nur 39 Prozent plädieren für eine Regierung unter der Führung von CDU und CSU. Die Nominierung von Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten scheint der SPD in diesem Punkt ebenfalls zugute zu kommen. Ein Blick auf die Umfrageergebnisse zeigt aber auch, dass die Deutschen von keinem Koalitionsmodell mehrheitlich überzeugt sind.

Gauck geht, Steinmeier kommt

In zehn Tagen wird die Bundesversammlung einen neuen Bundespräsidenten wählen. Dem scheidenden Präsidenten Joachim Gauck stellen acht von zehn Deutschen (81 Prozent) ein positives Zeugnis aus. Er genießt in der Bevölkerung insgesamt großen Respekt, insbesondere unter den Anhängern von Grünen (94 Prozent) und Union (87 Prozent). Aber auch unter den Wählern der Linken überwiegt zum Ende der Amtszeit das positive Urteil (62 Prozent). Allein die AfD-Anhänger äußern sich mit 60 Prozent mehrheitlich kritisch zu seiner Arbeit. 

Nachfolger von Gauck soll Frank-Walter Steinmeier werden, der bis vor zehn Tagen Bundesaußenminister war. Der SPD-Politiker führt in der aktuellen Liste der beliebtesten deutschen Politiker deutlich mit 79 Prozent. Auf Platz zwei landet Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). 62 Prozent der Befragten sind mit seiner Arbeit zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Platz drei teilen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr SPD-Herausforderer Martin Schulz mit jeweils 55 Prozent der Stimmen.

Quo vadis USA?

Von solchen Beliebtheitswerten kann der neue US-Präsident Donald Trump in Deutschland nur träumen. Mit seinem Amtsantritt haben die USA bei den Deutschen deutlich an Ansehen verloren.

Betrachteten unmittelbar vor der Präsidentenwahl im November letzten Jahres sechs von zehn Bundesbürgern (59 Prozent) die USA als vertrauenswürdigen Partner Deutschlands, sind es derzeit 22 Prozent - ein Rekordtiefstand im ARD-Deutschlandtrend. Die USA genießen damit aktuell in der deutschen Bevölkerung ein ähnlich geringes Vertrauen wie Russland.

Auch die ersten Entscheidungen Donald Trumps im Amt des US-Präsidenten stoßen bei den Deutschen offensichtlich auf nur wenig Anklang: Nur jeder Vierte (26 Prozent) findet es gut, dass Trump begonnen hat, seine umstrittenen Wahlkampfversprechen auch tatsächlich umzusetzen. Nach ersten Diskussionen über Importstrafzölle und deutsche Außenhandelsüberschüsse fürchten zwei Drittel (67 Prozent), dass die deutschen Firmen durch eine neue US-Wirtschaftspolitik geschwächt werden könnten. Acht von zehn (80 Prozent) vertreten die Meinung, die Europäische Union sollte wegen Trump stärker zusammenrücken.

Die Türkei macht Sorgen

Die im Deutschlandtrend Befragten machen sich aber nicht nur Sorgen um die Entwicklungen in den USA, sondern auch in der Türkei.

Die Fragen wurden unmittelbar vor der Türkei-Reise der Bundeskanzlerin gestellt. Neun von zehn Deutschen sehen die Demokratie am Bosporus in Gefahr. Der kritische Blick auf die türkischen Verhältnisse geht einher mit dem Wunsch nach einem entschiedeneren Auftreten der Bundesregierung gegenüber Ankara. Gespräche sollten geführt werden, allerdings nicht um jeden Preis.

So fordert zwar jeder Zweite die Kanzlerin auf, alles zu tun, um das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei zu retten, vier von zehn aber sind gegenteiliger Ansicht. Nicht nur hier wird deutlich, dass die Türkei aktuell von kaum einem Deutschen als vertrauenswürdiger Partner der Bundesrepublik gesehen wird. Nur vier Prozent der Befragten waren gegenteiliger Meinung.

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