Die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft ist bei der EM in den Niederlanden der Topfavorit. Erfolgsprämien gibt es erst nach dem Halbfinale - weil die Spielerinnen es so wollten.
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Von null auf hundert. Gleich zu Beginn der Frauenfußball-Europameisterschaft in den Niederlanden wartet auf die Titelverteidigerinnen aus Deutschland ein schwerer Brocken: In einer Neuauflage des Endspiels der Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro (2:1 für Deutschland) trifft die Mannschaft von Bundestrainerin Steffi Jones am Montag in Breda (Anpfiff um 20.45 Uhr MESZ, ab 20.30 im DW-Liveticker) auf das Team Schwedens. "Mir ist das im Prinzip egal ", sagt die 22 Jahre alte Mittelfeldspielerin Sara Däbritz. "Es ist doch ein Traum für uns, bei einer EM zu spielen. Und gegen Schweden werden wir von Anfang an gefordert, da muss man sofort hellwach sein." Die weiteren Kontrahenten der deutschen Mannschaft in Gruppe B heißen Italien (21. Juli) und Russland (25. Juli).
Größte Konkurrenten: England, Frankreich, Spanien
Wer ist bei der Frauenfußball-EM zu beachten?
Die Kader der 16 Teams der EM-Endrunde sind gespickt mit Top-Spielerinnen. Nicht jede ist der breiten Öffentlichkeit bereits bekannt. Doch vielleicht nutzt eine die EURO als große Bühne und setzt die Glanzlichter...
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Ada Hegerberg
Die norwegische Stürmerin hat schon viele Pokale gewonnen - allerdings noch nicht mit dem Nationalteam. In den vergangenen beiden Jahren holte die 22-Jährige mit Olympique Lyon den Titel in der Champions League. Vor ihrem Wechsel nach Frankreich spielte sie für Turbine Potsdam in der Bundesliga und wurde dort 2013 zu Europas Fußballerin des Jahres gewählt.
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Amandine Henry
Bei Olympique Lyon startete auch die Französin Amandine Henry ihre erfolgreiche Karriere. Zwischen 2008 und 2016 gewann sie mit OL neun Meisterschaften in Folge. Seit Sommer 2016 steht Henry bei Portland Thorns FC in der US-Profiliga unter Vertrag. Die Mittelfeldspielerin ist eine der Führungsfiguren in der Equipe Tricolore, wartet mit dem Nationalteam aber noch auf den ganz großen Erfolg.
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Caroline Seger
Die 32-jährige Schwedin hat bereits über 160 Spiele für ihr Land absolviert. 2016 verlor sie im Olympia-Finale mit Schweden gegen Deutschland und gewann Silber. Mittelfeldspielerin Seger spielt nach Engagements bei Klubs in Schweden, den USA und bei Paris St. Germain seit 2016 bei Olypique Lyon. Sie teilt sich bei den "Tre Kronor" das Kapitänsamt mit Lotta Schelin.
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Lotta Schelin
Schelin ist die "Grande Dame" des europäischen Frauenfußballs. Auch sie - wen wundert es - stand lange bei Olympique Lyon unter Vertrag, dementsprechend groß ist die Titelsammlung der Schwedin. Dreimal Champions League, achtmal Meisterin, fünfmal Pokalsiegerin. In 136 Ligaspielen für OL erzielte Schelin 143 Tore. Seit 2016 kickt sie wieder in Schweden für den FC Rosengard.
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Anja Mittag und Sara Däbritz
Dort stürmt Schelin neben Anja Mittag (l.). Die deutsche Nationalspielerin steht zum zweiten Mal in ihrer Karriere bei dem Klub aus Malmö unter Vertrag. Mittag ist 32 und bereits Olympiasiegerin, Weltmeisterin und dreifache Europameisterin. Bis auf den WM-Titel hat auch die erst 22-jährige Sara Däbritz (r.) bereits alles gewonnen. Im DFB-Team bilden die beiden ein erfolgreiches Angriffsduo.
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Lieke Martens
Die dritte im Bunde im Angriff des FC Rosengard ist Lieke Martens, die bei der Frauenfußball-EM für Gastgeber Niederlande auf Torejagd geht. Martens, die 2010 bei der U19-EM Torschützenkönigin war, könnte Schweden aber bald verlassen. Laut niederländischen Medien schließt sie sich nach der EURO dem FC Barcelona an.
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Dzsenifer Marozsan
Neben dem Platz eher schüchtern, hat sich die gebürtige Ungarin mittlerweile zum absoluten Alpha-Tier der DFB-Elf gemausert. Im zentralen Mittelfeld zieht sie mit ihren genauen Pässen die Fäden oder reißt die gegnerische Abwehr mit wuchtigem Antritt im Dribbling auseinander. Eine weitere Waffe der 25-Jährigen, die bei Olympique Lyon unter Vertrag steht: ihre außergewöhnlich guten Standards.
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Vivianne Miedema
Aus der deutschen Bundesliga bekannt ist Martens Mitspielerin Vivianne Miedema. Die Angreiferin wechselte 2014 als knapp 18-Jährige zum FC Bayern München, mit dem sie zweimal deutsche Meisterin wurde. Ab dem Sommer aber steht Miedema, die mit Vornamen eigentlich Anna Margaretha Marina Astrid heißt, nicht mehr bei den Bayern, sondern beim FC Arsenal in London unter Vertrag.
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Toni Duggan
Die 25-Jährige sticht im Team der "Three Lionesses" neben den Altmeisterinnen Fara Williams, Alexandra Scott und Karen Carney nicht nur wegen ihrer guten Leistungen heraus. Duggan ist nach ihrem Wechsel von Manchester City zum FC Barcelona die einzige Spielerin im englischen Team, die nicht in der heimischen Premier League kickt.
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Line Röddik Hansen
In der Abwehr des FC Barcelona sorgt die Dänin Line Röddik Hansen für Ordnung. In ihrem Nationalteam ist sie seit 2006 eine Konstante. Die 29-Jährige blickt auf eine erfolgreiche Vereinskarriere zurück: Sie war bereits dänische, schwedische und französische Meisterin und gewann 2016 mit Olympique Lyon die Champions League.
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Vicky Losada
Bei Barca Femeni, der Frauenmannschaft des FC Barcelona, war Vicky Losada lange Zeit Teamkapitänin. Allerdings ging die Spanierin vor zwei Jahren im Vergleich zu Duggan den umgekehrten Weg. Mittlerweile kickt die Mittelfeldspielerin für den FC Arsenal in England. Zwischenzeitlich spielte Losada auf Leihbasis in der US-Profiliga für Western New York Flash.
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Fabienne Humm
Die Schweizerin steht regelmäßig weit oben in der Liste der besten Torjägerinnen - egal in welchem Wettbewerb. Für die Schweiz erzielte sie bei der WM 2015 gegen Ecuador den schnellsten Hattrick bei einer Frauen-WM. Sie benötigte für ihre drei Treffer nur fünf Minuten. In ihrer Heimat sammelte sie mit dem FC Luzern etliche Titel. Den Schritt ins Ausland wagte die 30-Jährige bislang aber nicht.
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"Schweden ist der stärkste Gruppengegner", meint Bundestrainerin Jones. "Die stehen wahnsinnig kompakt und spielen dann auf Konter über ihre schnellen Stürmerinnen. Wir bereiten uns gut darauf vor, dass wir uns auf engstem Raum durchkombinieren müssen." Die 44-Jährige zählt Schweden und auch Norwegen zum erweiterten Favoritenkreis. Die härtesten Konkurrenten im Kampf um den Titel seien jedoch England, Frankreich und Spanien, sagt Jones: "In Sachen Kompaktheit und Variabilität sind diese drei Teams für mich neben unserer Mannschaft am stärksten. Spanien hat viele gute junge Spielerinnen, sie haben auch in Turnieren der Juniorinnenteams überzeugt. Ich traue ihnen eine Überraschung zu."
Jones: "EM kommt eigentlich zu früh"
Topfavorit ist jedoch Rekordsieger Deutschland. Von bisher elf vergebenen EM-Titeln haben die DFB-Frauen acht gewonnen, davon die letzten sechs in Serie. "Wir wollen Europameister werden", gibt Steffi Jones die Zielrichtung vor. "Die Spielerinnen sagen das auch von sich aus - es ist nicht so, dass wir das vorgegeben haben. Die sind davon überzeugt, zeigen eine große positive Arroganz, so wie ich mir das gewünscht habe. Dennoch sage ich, die EM kommt zu früh." Die verjüngte deutsche Mannschaft muss noch zusammenfinden - und Jones' taktische Vorstellungen verinnerlichen. Die Bundestrainerin, die nach dem Gold-Triumph von Rio Bundestrainerin Silvia Neid abgelöst hatte, bevorzugt offensiven Kombinationsfußball.
Ohne drei verletzte Olympiasiegerinnen
Jones muss bei der EM auf drei Olympiasiegerinnen von Rio verzichten: Alexandra Popp, Simone Laudehr und Melanie Leupolz fehlen wegen Verletzungen. Vor allem der Ausfall der erfahrenen Stürmerin Popp schmerzt. "Ich habe großes Vertrauen in den Kader, führe den Spielerinnen aber auch vor Augen, dass es kein Spaziergang wird", sagt die Bundestrainerin mit Blick auf das Auftaktspiel gegen Schweden: "Wir müssen schauen, dass wir unsere Dominanz zeigen, den Gegner aber nicht unterschätzen."
Siegprämie aufgestockt
Im Vergleich zur EM 2013 in Schweden wurde das Teilnehmerfeld von zwölf auf 16 Mannschaften aufgestockt. Die Gruppensieger und -zweiten der vier Vorrundengruppen qualifizieren sich für die Viertelfinals. Den deutschen Spielerinnen winkt im Falle eines neuerlichen Titelgewinns eine Prämie von je 37.500 Euro, 15.000 Euro mehr als beim Triumph vor vier Jahren. "Das ist eine riesige Wertschätzung von Seiten des DFB", findet Sara Däbritz, die zum Mannschaftsrat gehört: "Wir haben es bewusst so gemacht, dass wir erst ab dem Halbfinale honoriert werden, weil wir einen hohen Anspruch an uns selbst haben. Wir wissen, was in uns steckt." Im Falle des Finaleinzugs gibt es 20.000 Euro, bei Erreichen der Vorschlussrunde 10.000 Euro.
Strenge Kontrollen
Vor der EM sorgten Hinweise auf einen möglicherweise geplanten Anschlag der Terrororganisation IS auf das Spiel zwischen England und Schottland am 19. Juli in Utrecht für Unruhe. Die niederländischen Anti-Terror-Behörde NCTV teilte jedoch mit, es gebe derzeit "keine Anzeichen für eine Attacke". Dennoch werde es bei den EM-Spielen eine "deutlich sichtbare Polizeipräsenz" und strengere Eingangskontrollen geben. "Wir haben das mitbekommen, fühlen uns aber sicher", sagt Mittelfeldspielerin Däbritz. "Es kommt keine Angst auf. Wir vertrauen auf die Behörden und sind sicher, dass wir eine friedliche EM erleben werden."