Freiburg zieht zum ersten Mal überhaupt ins DFB-Pokalfinale ein. Durch den Sieg gegen Hamburg schreibt das Team von Trainer Christian Streich Geschichte, auch weil Superjoker Petersen trifft.
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Mit dem Kopf beförderte Freiburgs Nils Petersen den Ball im DFB-Pokal-Halbfinale aus sechs Metern ins gegnerische Tor. Zuvor hatte sein Teamkollege Nicolas Höfler das Spielgerät in den Hamburger Strafraum geflankt. Die Abwehraktion von Torwart Heuer Fernandes wurde dadurch zur perfekten Vorlage für Petersen, der den SC Freiburg bereits nach elf Minuten gegen den HSV in Führung köpfen konnte. Doch der Jubel währte nur Sekunden, denn Schiedsrichter Deniz Aytekin hatte die Partie nur wenige Sekunden nach dem Treffer unterbrochen.
War es doch Abseits? Nein, der Führungstreffer zählte. Der Freiburger Stürmer ballte die Fäuste und grinste über das ganze Gesicht. Petersen leitete damit eine starke Freiburger Phase ein, in der seine Teamkollegen Höfler und Vincenzo Grifo wenige Minuten nach dem Führungstor mit zwei weiteren Treffern schon früh für klare Verhältnisse sorgten. Mit dem 3:1 (3:0)-Erfolg im Halbfinale schaffte das Team von Trainer Christian Streich erstmals in der Vereinsgeschichte den Einzug ins Finale eines Pokalwettbewerbs. Der Anschlusstreffer der Gastgeber kurz vor dem Schlusspfiff durch Robert Glatzel kam zu spät. "Das ist unbeschreiblich. Wir schreiben Geschichte, das hat der SC Freiburg noch nie geschafft", sagte Torschütze Höfler in der ARD: "Wir können noch viel erreichen. Gegen wen wir im Finale spielen, ist mir völlig egal."
Lob von Trainer Christian Streich
Mit seinem Kopfballtor leitete Petersen Freiburgs historischen Erfolg ein. Auf dem Platz eine verlässliche Größe, doch der Angreifer ist niemand, der neben dem Spielfeld für Aufsehen oder gar Schlagzeilen sorgt. Der 33-Jährige gehört zu den ruhigeren Vertretern seiner Zunft. Langweilig ist der Stürmer aber keineswegs, eher im Gegenteil. Am 29. Spieltag der Fußball-Bundesliga gelang ihm ein ganz besonderer Rekord. Petersen erzielte den 2:1-Siegtreffer gegen Frankfurt und avancierte damit zum erfolgreichsten Einwechselspieler der Bundesliga-Historie.
"Ich hatte noch nie einen Spieler, der so eine Gabe hat und so eine Intuition, zu wissen, wo der erste, zweite und dritte Ball hinkommt", lobte Trainer Christian Streich seinen Superjoker damals und ergänzte: "Das ist eine große Qualität. Es gibt nicht viele Spieler, die das so können. Deshalb macht er so viele Tore, obwohl er nicht immer neunzig Minuten spielt."
Und auch gegen den Hamburger SV musste Petersen nicht bis zum Schlusspfiff auf seinen Feierabend warten. Nach einer guten Stunde verließ der 33-Jährige, unter Applaus der 6000 mitgereisten Fans, den Platz - wie so oft mit einem Tor mehr auf seinem Konto. Gemeinsam mit seinen Teamkollegen und Trainer Christian Streich hüpfte und sang der erfolgreichste "Kurzarbeiter" Deutschlands nach dem Schlusspfiff vor der Gäste-Kurve. "Ich kann es gar nicht sagen, was mir durch den Kopf ging. Ich habe die Fans gesehen, mich gefreut, dass sich die Reise gelohnt hat", sagte der Erfolgstrainer und umarmte seine Spieler und ganz besonders lange Petersen, der erst kürzlich seinen Vertrag beim Sport-Club verlängert hatte.
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Gomez: "Nils, du bist ein geiler Fußballer"
Dieser denkwürdige Pokalabend im Hamburger Stadion ist das vorläufige Highlight in der Karriere des 33-Jährigen, die beim kleinen FC Einheit Wernigerode im Norden Deutschlands begonnen hatte. Von da an legte er eine Musterkarriere hin. Von Carl-Zeiss-Jena wechselte er zu Energie Cottbus und wurde Torschützenkönig der zweiten Liga. Danach unterschrieb Petersen beim großen FC Bayern, wo er sich gegen Topstürmer Mario Gomez durchsetzen musste.
Vor der Saison kam Gomez dann zu seinem neuen Konkurrenten und sagte: "Nils, du bist ein geiler Fußballer und ein toller Mensch. Aber eins ist klar: Ich will 90 Minuten lang auf dem Platz stehen. An mir kommt keiner vorbei." Diese Geschichte erzählte Petersens Vater Andreas in einem Interview mit dem Magazin "11 Freunde“. Durchsetzen konnte sich der Stürmer in München tatsächlich nicht. Nach nur einer Saison verließ Petersen den Rekordmeister bereits wieder und wechselte zum SV Werder Bremen. 2015 unterschrieb er dann seinen ersten Vertrag beim SC Freiburg. Im Breisgau gelang Petersen der endgültige Durchbruch in der Bundesliga.
Großes Saisonfinale
Jetzt, im Herbst seiner Fußball-Karriere, hat er es also endlich geschafft. Er steht im Pokalfinale und wird im Mai dieses Jahres mit dem SC Freiburg die Chance auf den ersten Titel in der Vereinsgeschichte des Sportclubs bekommen. Dementsprechend ausgelassen feierten die Spieler und der Trainer nach dem Schlusspfiff mit den mitgereisten Freiburger Fans. "Oh, wie ist das schön, oh wie ist das schön", sangen die Freiburger Fans gemeinsam mit ihrem Team noch Minuten nach dem Abpfiff.
Und damit nicht genug, denn neben dem Pokalfinale darf der Sport-Club weiter von der Teilnahme am internationalen Geschäft träumen. Momentan steht das Team von Trainer Streich auf dem fünften Tabellenplatz in der Bundesliga. Lediglich ein Punkt Rückstand haben Petersen und sein Team auf einen Champions-League-Platz. Bei noch vier ausstehenden Spielen und dem besten Einwechselspieler der Liga steht der SC Freiburg somit vor einem großen Saisonfinale.
Klein gegen Groß - Sensationen im DFB-Pokal
Die Duelle "David gegen Goliath" sind das, was den DFB-Vereinspokal ausmacht. Und wenn dann der Außenseiter für die Überraschung sorgt und den haushohen Favoriten aus dem Wettbewerb wirft, spricht man noch lange darüber.
Bild: Alexander Neis/Eibner-Pressefoto/picture alliance
Zweitligist schafft Novum
Als erster Zweitligist holt Kickers Offenbach 1970 den DFB-Pokal. Im Finale bezwingen die Offenbacher den Erstligisten 1. FC Köln vor rund 50.000 Zuschauern in Hannover mit 2:1. Am nächsten Tag wird die Mannschaft in Offenbach von den jubelnden Fans empfangen.
Bild: picture-alliance/dpa
Eppingen düpiert Hamburg
Im Oktober 1974 gelingt dem VfB Eppingen in der 2. Hauptrunde der Favoritensturz. Der Drittligist aus Nordbaden bezwingt den damaligen Bundesliga-Tabellenführer Hamburger SV mit 2:1 und sorgt damit für eine der größten Sensationen in der Pokalgeschichte. Nicht nur HSV-Torwart Rudi Kargus (r.) liegt am Boden.
Bild: imago/Werek
Zwölf Tore im Halbfinale
Was für ein Spiel im Mai 1984! Im Halbfinale zwischen Bayern München und dem damals zweitklassigen FC Schalke 04 steht es am Ende 6:6. Drei Tore erzielt Olaf Thon, hier köpft der erst 18-Jährige (r.) zum 3:3 ein. Die Folge: Ein Wiederholungsspiel muss her, das die Bayern knapp mit 3:2 für sich entscheiden.
Bild: picture alliance/dpa
Weltklub Hamburg scheitert auf dem Dorf
Anfang der 1980er Jahre ist der HSV ein europäischer Topklub. Trotzdem scheitern die Hamburger 1984 in der ersten Pokalrunde bei Drittligist SC Geislingen. Alle verfügbaren Bierbänke und Stühle des Dorfes sind ins Stadion gebracht worden, um den offiziell 7000 Zuschauern Platz zu bieten. Auch HSV-Trainer Ernst Happel, Manager Günter Netzer und die Ersatzspieler sitzen mitten im Publikum.
Bild: Sportfotodienst/Pressefoto Baumann/IMAGO
Bayer 05 schlägt Bayern
Im Finale 1985 ist das Werksteam aus Uerdingen gegen den Titelverteidiger und neuen deutschen Meister FC Bayern krasser Außenseiter. Bayer 05 gewinnt das Duell der Bundesligisten vor rund 70.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion mit 2:1. Die Bayern-Spieler um Lothar Matthäus (l.) verzweifeln am Gegner und sich selbst.
Bild: picture-alliance/dpa
Und wieder die Bayern
Wer als Amateur den ewigen Favoriten FC Bayern schlägt, sorgt immer für eine Sensation. Im August 1990 gelingt das dem FC 09 Weinheim. In der 1. Runde wirft der Oberligist aus Baden-Württemberg den Bundesligisten mit einem 1:0-Erfolg aus dem Wettbewerb. Münchens Kapitän Klaus Augenthaler (3.v.r.) will danach nur noch Hause.
Bild: picture-alliance/dpa
Zweitligist Hannover holt den Pott
Im Mai 1992 stehen sich im Berliner Pokalfinale Hannover 96 und Borussia Mönchengladbach gegenüber. Das Spiel endet 4:3 nach Elfmeterschießen für den Zweitligisten aus Niedersachsen. Der Erstligist war sich wohl zu siegessicher - Hannover darf feiern.
Bild: picture-alliance/dpa
Jetzt kennen alle Vestenbergsgreuth
ZDF-Reporter Dieter Kürten versucht Bayern Münchens Mittelfeldspieler Lothar Matthäus (l.) im August 1994 im Nürnberger Frankenstadion etwas Sinnvolles zu entlocken. Keine leichte Aufgabe nach der 0:1-Erstrundenniederlage des haushohen Favoriten gegen den Regionalligisten TSV Vestenbergsgreuth.
Bild: picture-alliance/dpa
Was für ein Elfmeterkrimi!
Im August 1995 setzt sich Regionalligist SV Sandhausen in der ersten Runde gegen Bundesligist VfB Stuttgart durch - aber wie! Es steht 2:2, als ein Elfmeterkrimi ohnegleichen folgt: 25 Schüsse werden hintereinander verwandelt, Stuttgarts Hendrik Herzog trifft den Pfosten, Endstand 13:12 im Elfmeterschießen. Krassimir Balakov (l.), Thomas Berthold (2.v.l.) und Trainer Rolf Fringer sind bedient.
Bild: Eugen Zimmermann/Pressefoto Baumann/IMAGO
Drittligist schafft es ins Endspiel
Es ist Mitte April und trotzdem liegt Schnee im Cottbusser Stadion der Freundschaft, als der FC Energie 1997 seinen Pokal-Coup gegen Bundesligist Karlsruher SC schafft. Nach einem ausgeglichenen Spiel drehen die Spieler von Trainer Eduard Geyer in der zweiten Hälfte auf, treffen dreimal und ziehen mit einem 3:0 ins Finale ein. Dort unterliegt der Drittligist allerdings dem VfB Stuttgart mit 0:2.
Bild: Oliver Behrendt/IMAGO
Auch Trier sorgt für Furore
In der Pokalsaison 1997/98 lässt Eintracht Trier aufhorchen. Nach Siegen gegen Unterhaching und Schalke wirft der Regionalligist im Achtelfinale auch Erstligist Borussia Dortmund mit 2:1 raus. Stürmer Rudi Thömmes (r.) entwickelt sich zum Pokal-Torjäger. Nach einem weiteren Sieg gegen Drittligist Waldhof Mannheim ist erst im Halbfinale im Elfmeterschießen gegen den MSV Duisburg Schluss.
Bild: dpa/picture-alliance
Magdeburg stürzt die Bayern
Zwar ist der FC Bayern Rekord-Pokalsieger, scheidet aber auch relativ häufig gegen Underdogs aus. Im November 2000 wirft der 1. FC Magdeburg den FC Bayern in der 2. Runde aus dem Pokal. Der Oberligist setzt sich im heimischen Ernst-Grube-Stadion gegen den Titelverteidiger sensationell mit 4:2 im Elfmeterschießen durch. Nach 90 Minuten und Verlängerung stand es 1:1.
Bild: IMAGO
Union Berlin erreicht Finale
In der Saison 2000/2001 schafft es ein Amateurverein bis ins Endspiel. Union Berlin unterliegt dort allerdings dem großen Favoriten Schalke 04 mit 0:2. Zuvor sorgt der Regionalligist im Halbfinale für eine Riesenüberraschung 4:2 gewinnen die "Eisernen" im Elfmeterschießen gegen Borussia Mönchengladbach, weil Torwart Sven Beuckert (Foto) zwei Elfer pariert.
Bild: Wolfgang Kumm/dpa/picture alliance
Pokalrausch in Schwarz-Gelb
Zweitligist Alemannia Aachen wirft im Viertelfinale Titelverteidiger FC Bayern raus. Erik Meijer (Foto) sorgt 2004 für den 2:1-Endstand. Über Mönchengladbach geht es für die Alemannia ins Finale, wo der deutsche Meister und Double-Gewinner Werder Bremen aber zu stark ist. Aachen startet anschließend aber im UEFA-Cup und erreicht die Zwischenrunde.
Bild: picture-alliance/dpa
Blamage für den HSV
2015 ist es der Hamburger SV, der sich in der 1. Runde blamiert. Gegen den Viertligisten Carl-Zeiss Jena rettet sich der "große HSV" gerade noch so in die Verlängerung - Gregoritsch trifft in der 94. Minute zum 2:2. Doch dann schlagen die Amateure wieder zu: Kopfballtor Pieles, 3:2 nach Verlängerung, der HSV ist raus.
Bild: Reuters/R. Orlowski
Spiel für die Geschichtsbücher
Im Herbst 2023 tut sich Rekord-Pokalsieger FC Bayern in der 2. Runde gegen den 1. FC Saarbrücken schwer. In der sechsten Minute der Nachspielzeit erzielt Marcel Gaus (2.v.r.) den späten 2:1-Siegtreffer für den Drittligisten und bringt das Stadion zum Kochen. "Ich glaube, das war für alle Beteiligten ein Spiel für die Geschichtsbücher", sagt der Torschütze hinterher.
Bild: Alexander Neis/Eibner-Pressefoto/picture alliance