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"Wenn wir es nicht tun, machen es andere"

Florian Bauer
13. März 2019

Reinhard Grindel spricht im DW-Interview über die neue Klub-WM und die umstrittene Global Nations League. Als es um die 25 Milliarden-Offerte für die FIFA geht, bricht der DFB-Präsident das Gespräch jedoch vorzeitig ab.

DW-Interview mit Reinhard Grindel, DFB-Präsident
Das Geld soll im Fußball bleiben - DFB-Präsident Reinhard Grindel im DW-InterviewBild: DW/C. Springer

"Wenn wir es nicht tun, machen es andere"

16:54

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An diesem Freitag geht es in Miami um die Zukunft des Fußballs: Werden Teile des internationalen Fußballs verkauft? Das nächste Treffen des so genannten FIFA-Councils, des FIFA-Rats, steht an. Mit dabei ist DFB-Präsident Reinhard Grindel als Mitglied des Gremiums.

Der FIFA-Rat soll laut Weltfußballverband FIFA die Visionen für die Zukunft festlegen. Es geht vor allem um eine Reformidee des FIFA-Präsidenten Gianni Infantino, dem seit Monaten eine Offerte über 25 Milliarden US-Dollar vorliegen soll. Nach Medienberichten wollen Investoren aus der arabischen Welt und Asien für diese unglaubliche Summe wichtige Rechte am internationalen Geschäft mit dem Ball erwerben. Konkret geht es um die Vermarktung einer neuen Klub-Weltmeisterschaft der besten Vereine der Welt und einer weltweiten Liga der Nationalmannschaften, der Global Nations League.

Über beides soll in Miami beraten beziehungsweise entschieden werden. Kritiker befürchten den Ausverkauf des Fußballs und auch in der FIFA gibt es Funktionäre, die Infantinos Pläne ablehnen. Insbesondere aus Europa kommt Gegenwind. Nicht wenige blicken deswegen auch auf den Chef des mitgliederstärksten Fußballverbandes der Welt: DFB-Präsident Reinhard Grindel. Fürchtet er den Ausverkauf des Fußballs oder sieht er die neuen Wettbewerbe als Chance, die Position von UEFA und Bundesliga zu stärken?

Zudem könnte in Miami eine Erhöhung der Teilnehmerzahl bei der nächsten FIFA-WM 2022 in Katar auf 48 Mannschaften auf den Weg gebracht werden. Über alle drei Aspekte war Reinhard Grindel mit der DW zum Exklusivinterview verabredet, das vor seinem Abflug nach Miami in der DFB-Zentrale in Frankfurt stattfand.

DW: Reinhard Grindel, es heißt, die neue Klub-WM werde am kommenden Freitag verabschiedet. Ist diese so klar auf dem Weg?

Reinhard Grindel: Die FIFA-Administration schlägt vor, 2021 als Pilotprojekt eine Klub-WM durchzuführen. Mit 24 Mannschaften, zu dem Zeitpunkt, zu dem sonst der Konföderationen-Cup stattgefunden hätte. Wir, als europäische Fußball-Konföderation UEFA, werden diskutieren, ob wir diesen grundsätzlichen Weg, schon 2021 eine solche Klub-WM zu organisieren, mitmachen wollen oder ob wir warten wollen, bis der internationale Match-Kalender steht. Dann würde sich die Frage der Klub-WM erst 2025 stellen.

Es gibt aber, so hört man, Diskussionen bei den europäischen Fußballverbänden, ob man wirklich zwölf der 24 Teams stellen möchte oder nur acht. Ist das richtig?

Es ist grundsätzlich die Frage, ob wir uns über einen neuen Wettbewerb zu einem neuen Zeitpunkt, im Juni oder Juli, unterhalten wollen, bevor wir insgesamt einen neuen Match-Kalender haben. Der würde erst ab 2024 gelten. Das müssen wir insgesamt in der UEFA besprechen.

Klub-WM ohne Europa? "Das macht wenig Sinn"

Können denn die Europäer alleine eine Klub-WM ab 2021 verhindern?

Ich glaube, dass es wenig Sinn macht, eine solche Klub-WM ohne die europäischen Klubs zu spielen. Insofern gehe ich fest davon aus, dass die Haltung der UEFA bei den anderen Fußball-Konföderationen weltweit schon sehr intensiv mit erwogen wird.

Sie sind als DFB-Präsident und Vizepräsident der UEFA auch gut vernetzt unter den europäischen Nationalverbänden. Werden Sie, bzw. werden die Europäer einer Klub-WM ab 2021 zustimmen?

Ich will nicht spekulieren und der Entscheidung auch nicht vorgreifen. Außerdem sind noch viele Fragen im Detail zu klären.

Welche Fragen sind das?

Es muss zum Beispiel geklärt werden, wie die Startplätze auf die einzelnen Konföderationen verteilt werden. Zudem, wer am Ende dafür zuständig ist, die Teilnehmer zu entsenden. Wer legt da die Kriterien fest? Aus unserer Sicht muss das in jedem Fall die jeweilige Konföderation für zuständig sein und nicht zentral die FIFA. Außerdem stellt sich die Frage, wie eine von der FIFA ins Spiel gebrachte Solidaritätszahlung aus dem Erlös der Klub-WM auf die einzelnen, weltweiten Fußballverbände berechnet wird.

Keine Konkurrenz zur Champions League schaffen

Dann arbeiten wir die drei offenen Fragen doch ab. Zur Verteilung der Startplätze auf die Kontinente: Wenn die europäischen Fußballverbände eher für acht statt zwölf teilnehmende Klubs aus Europa plädieren, liegt das auch daran, nicht die eigene Champions League im Wert beschädigen zu wollen?

Das muss man in Ruhe diskutieren. Für eine geringere Teilnehmerzahl Europas spricht, dass man ansonsten im Zweifel einen großen Wettbewerber zur Champions League kreieren würde. Andererseits haben sicherlich auch viele Vereine in Europa ein Interesse, an einer möglichen Klub-WM teilzunehmen. Die endgültige Entscheidung ist aus meiner Sicht völlig offen.

Ein Interview mit einem ungewöhnlichem Ende - Reinhard Grindel (l.) und DW-Autor Florian BauerBild: DW/C. Springer

Zweiter Punkt: Wer bestimmt eigentlich, welche Klubs an dem neuen Wettbewerb teilnehmen?

Der Vorschlag der FIFA ist, dass die einzelnen Konföderationen, wie die UEFA, selbst entscheiden, welche Klubs sie entsenden.

Nach welchen Kriterien?

Das wird die UEFA diskutieren. Sollte die Klub-WM alle vier Jahre gespielt werden, wäre eine Idee, zu schauen, welche Teams in den Jahren besonders erfolgreich waren. Und kommen die Teams nur aus der Champions League oder wie werden auch andere Vereine daran beteiligt, insbesondere auch durch Solidaritätszahlungen? Damit diese durch den neuen Wettbewerb nicht besonders benachteiligt werden.

Das Geld soll im Fußball bleiben

Dritter Punkt: Wie würden diese Solidaritätszahlungen aus Ihrer Sicht aussehen?

Man muss diskutieren, ob alle 211 Mitgliedsverbände der FIFA profitieren sollen und es eine Art Umverteilung gibt, oder ob das Geld dort verbleibt, wo es herkommt.

Das wäre dann in großen Teilen Europa.

Das muss diskutiert werden. Die entscheidende Frage ist doch, verteile ich unter allen 211 Mitgliedsverbänden der FIFA das Solidaritätsgeld, oder muss nicht dort für Solidarität gesorgt werden, wo das Geld in den Wettbewerb eingreift. Und wenn gerade in Europa Klubs hohe Einnahmen aus dem neuen Wettbewerb generieren, dann spricht doch einiges dafür, dass die Solidaritätsgelder in die Ligen fließen, aus denen die teilnehmenden Klubs kommen.

Befürchten Sie, dass die Schere zwischen kleinen und großen Klubs im deutschen und im europäischen Fußball immer größer wird?

Die Situation haben wir ja jetzt schon, weil kommerzielle Anbieter, wie im vergangenen Sommer, internationale Turniere für Klubs ausgetragen haben, mit erheblichen Prämien. Das Geld aus Fernsehrechten und Sponsoring ist bei diesen Turnieren aber nicht vollständig im Fußball verblieben, sondern auch bei den Investoren. Insofern ist der Vorteil der Klub-WM, dass die Einnahmen ausschließlich im Fußball bleiben. Da gibt es keine Solidaritätszahlungen wie bei der Klub-WM. Eine Klub-WM wäre also eine Verbesserung der Lage für kleinere und mittlere Ligen und Klubs.

"Wenn wir einen solchen Wettbewerb nicht veranstalten, machen es kommerzielle Anbieter"

Nichtsdestotrotz wäre die Klub-WM ja ein weiterer Wettbewerb, in dem die kleineren und mittleren Klubs nur weit unterproportional verdienen würden. Wird dadurch die Schere nicht größer?

Wenn wir einen solchen Wettbewerb nicht veranstalten, machen es kommerzielle Anbieter. Und da gibt es gar keine Solidaritätszahlungen.

Am Freitag steht auch die in den letzten Monaten immer wieder diskutierte Global Nations League, eine weltweite Liga für Nationalmannschaften, auf der Agenda des FIFA-Councils. Es scheint nun, dass der FIFA-Präsident die Idee wieder zurückgezogen hat. Ist das so, oder hat er das Ihnen gegenüber sogar bestätigt?

Die Beschlussempfehlung der FIFA lautet, erst einmal weitere Vorarbeiten für eine Global Nations League zu leisten, aber auf absehbare Zeit nicht darüber abzustimmen.

FIFA-Präsident Gianni Infantino plant eine globale Reform des Fußballs - mit Erfolg?Bild: Getty Images/AFP/C. Ndegeya

Sie rechnen also nicht damit, dass eine solche Liga in den nächsten Jahren kommt?

Das kann ich nicht sagen, es wird jedenfalls nicht darüber abgestimmt im FIFA-Council am Freitag. Und auch nicht auf absehbare Zeit.

Wäre eine globale Nations League nicht lukrativ für den Deutschen Fußball-Bund?

Das kann man nicht beurteilen, weil man die wirtschaftlichen Grundlagen gar nicht kennt.

Die FIFA hat diese Grundlagen also bisher in keiner Weise benannt?

Nein.

Es geht ja bei beiden Wettbewerben um insgesamt 25 Milliarden US-Dollar...

Herr Bauer, das bringt doch jetzt nichts, Sie versuchen mir immer eine Bemerkung in den Mund zu schieben, mit der Sie was machen können, und ich weiche Ihnen seit zehn Minuten aus. Jetzt machen Sie doch vernünftige Fragen, auf die ich vernünftig antworten kann.

Der Interview-Abbruch

Naja, ich glaube, das mache ich.

Nein.

Ich schließe jetzt ab mit dem 25 Milliarden-Deal (Das Angebot von Investoren an FIFA-Präsident Infantino, 25 Milliarden US-Dollar für die Rechte an Klub-WM und Global Nations League zu zahlen, Anm. d. Red.), das ist ja eine neue Frage...

Also Herr Bauer, ich beantworte jetzt noch drei Fragen zu Katar, und dann ist das Interview beendet.

Lassen Sie mich doch...

Nein, drei Fragen zu Katar und sonst hören wir gleich auf.

Aber Herr Grindel, ich frage doch offen...

Nein, Sie fragen nicht offen, Sie versuchen mir irgendwas in die Schuhe zu schieben ...

Gar nicht.

...dass ich sage, es gäbe nie eine Global Nations League.

Das habe ich doch verstanden. Das ist doch in Ordnung, aber da muss ich doch anständig nachfragen.

Herr Bauer, drei Fragen zu Katar, sonst stehe ich auf.

Darf ich jetzt die 25 Milliarden nun noch einbringen?

Nein.

Das habe ich doch inhaltlich bisher noch nicht gefragt.

Herr Bauer, komm, wir lassen es.

(Grindel steht auf, entledigt sich des Mikrofons und geht.)

Reinhard Grindel, Jahrgang 1961, ist seit 2016 DFB-Präsident. Er folgte auf den wegen der "Sommermärchen-Affäre" zurückgetretenen Wolfgang Niersbach. Grindel ist Jurist, war Journalist und später Bundestags-Abgeordneter für die CDU. Sein Mandat legte er kurz nach seiner Wahl zum DFB-Präsidenten nieder. Seit 2017 ist Grindel auch Mitglied im FIFA-Council.

Das Interview führte Florian Bauer. 

"Der DFB-Präsident hat eine Verantwortung"

02:23

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