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DFB-Pressesprecherin Franziska Wülle: "Das war krass"

Thomas Klein Herzogenaurach
2. Juli 2024

Der Start von Franziska Wülle als Pressesprecherin beim DFB war denkbar schwer. Mittlerweile hat sich die frühere Journalistin im männlich geprägten Verband etabliert und das Bild nachhaltig verändert.

Franziska Wülle im Porträt
Seit Sommer 2022 ist Franziska Wülle Pressesprecherin der Fußball-Nationalmannschaft der MännerBild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance

Der Saal im Medienzentrum des DFB in Herzogenaurach ist gut gefüllt. Rund 25 Kameras sind auf das noch leere Podium gerichtet. Die anwesenden Journalistinnen und Journalisten warten auf die Pressekonferenz mit Abwehrspieler Nico Schlotterbeck. Die Stimmung rund um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist nach den letzten Ergebnissen bei der Heim-EM positiv, die Laune bei allen anwesenden Personen dementsprechend gut.

Pünktlich um 13:15 Uhr taucht Schlotterbeck im Medienzentrum auf und folgt Pressesprecherin Franziska Wülle auf das Podium. Die 32-Jährige schaut kurz in die Runde, grinst freundlich und setzt sich neben den Nationalspieler. Die Mikrofone werden kurz in Position gebracht und dann begrüßt sie die versammelte Runde und richtet die erste Frage an den Defensivmann. Danach koordiniert Wülle die Fragen der Medienrunde. Nach einer guten halben Stunde ist alles wieder vorbei. Der nächste Termin steht auf der Agenda.

Erste Pressesprecherin bei den Männern

Für Wülle sind solche Termine mittlerweile Routine. Die ausgebildete Sportredakteurin ist seit gut zwei Jahren das Gesicht der Medienabteilung des DFB rund um die Männer-Nationalmannschaft. Kurz vor der Weltmeisterschaft in Katar 2022 hatte sie die beruflichen Seiten gewechselt und den Job der Pressesprecherin übernommen.

An die zahlreichen Medienvertreter bei DFB-Pressekonferenzen hat sich Franziska Wülle mittlerweile gewöhntBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Seither hat sich ihr Leben stark verändert. In Zeiten von großen Turnieren, wie der Euro 2024, gibt ihre Arbeit über weite Strecken den Takt des Tages vor. "Ich bin ein Mensch, der gerne arbeitet", sagt Wülle der DW, gibt aber zu: "Gerade das letzte halbe Jahr vor der Heim-EM war krass. Was Freundschaften und Familie angeht, habe ich einiges vernachlässigt."

Mit 30 Jahren und wenig Erfahrung im PR-Bereich wird sie Nachfolgerin der ehemaligen Presssprecher Harald Stenger (2002 bis 2012) und Jens Grittner (2012 bis 2022) und steht plötzlich im Fokus. Bei ihrer ersten Pressekonferenz wäre sie dementsprechend nervös gewesen, erinnert sich die junge Journalistin. "Ich hatte enormes Glück, dass ich mit Hansi Flick und Oliver Bierhoff eine sportliche Leitung hatte, die mutig war und etwas ausprobieren wollte - und dem Vorschlag meines Chefs, Steffen Simon, gefolgt ist." Es habe jeden Tag Herausforderungen gegeben, die sie in der Form zuvor noch nie erlebt hatte, so Wülle.

Kosmos beim DFB "sehr männlich geprägt"

Die ersten Wochen in ihrem neuen Job sind intensiv, sie arbeitet sehr viel, gewöhnt sich aber immer mehr an ihre neue Rolle - und das neue Umfeld. "Dieser Kosmos rund um die Männer-Nationalmannschaft ist schon sehr männlich geprägt", stellt Wülle fest. "Ich finde aber, dass sich gerade etwas verändert. Allerdings ist es noch lange nicht so, wie es sein sollte."

Als die heute 32-Jährige beim DFB anheuert ist sie die einzige Frau im Team hinter der Mannschaft, mittlerweile seien sie immerhin zu Dritt. "Wenn ich mich jetzt in mein Ich vor zehn Jahren versetze und ich hätte gesehen, da ist eine Frau Pressesprecherin der Nationalmannschaft, dann hätte ich das schon sehr cool gefunden", sagt sie.

DFB-Pressesprecherin Franziska Wülle koordiniert die Fragen der Journalistinnen und JournalistenBild: Markus Gilliar/GRS/picture alliance

"Es macht etwas aus, wenn Frauen in solchen Bereichen an sichtbaren Stellen sind." Nun ist sie es, die als Vorreiterin eine wichtige Aufgabe beim DFB einnimmt. Die positiven Veränderungen in der Außendarstellung des Verbandes will sie sich zwar nicht auf die eigene Fahne schreiben, dennoch ist seit ihrem Start vor zwei Jahren ein merklicher Ruck durch den DFB gegangen.

Schwerer Start in neuem Job

"Als ich angefangen habe, hatten wir mit der WM in Katar die schwierigsten Voraussetzungen, die man sich vorstellen konnte", erinnert sie sich. "In der Geschichte des DFB, in der es schon manche Krisen gab, war Katar sportlich und auch was unser Image anging, schon ein Tiefpunkt." Hinzu kam einige Monate nach dem Turnier-Aus die Entlassung des damaligen Bundestrainers Hansi Flick.

Kommunikativ lief in den Wochen rund um die Wüsten-WM die bisher wohl größte Herausforderung für die Pressesprecherin, die selbstkritisch mit dem "Katar-Szenario" umgeht. "Im Nachhinein würde ich sagen, dass dieses Turnier mit diesen besonderen Umständen für mich zu früh kam. Ich hatte sicher nicht in allen, aber in mancher Situation eine andere Einschätzung, war aber in meiner Argumentation intern nicht überzeugend genug", erklärt Wülle. "Ich hätte einfach ein bisschen selbstbewusster meine Meinung vertreten müssen."

Wülle: "Ich bin ein selbstkritischer Mensch"

Im Anschluss an das in vielerlei Hinsicht enttäuschende Turnier überdenkt der DFB seine Strategie und ändert seine Ausrichtung. "Wir wollten die Chance bei der bevorstehenden Heim-EM nutzen, um die Stimmung wieder zu drehen", so Wülle. Man habe von einer Vermeidungs-Strategie hin zu einer offenen authentischen Kommunikation umgeschwenkt, erklärt sie.

Bundestrainer Julian Nagelsmann wird von Presssprecherin Franziska Wülle (r.) zum Interview begleitetBild: Markus Gilliar/GRS/picture alliance

Mit der Kaderbekanntgabe für die EM im eigenen Land gelingt der Kommunikationsabteilung ein medialer Coup. Zudem helfen die guten sportlichen Auftritte der Nationalelf um Bundestrainer Julian Nagelsmann die Stimmung in Deutschland positiv zu beeinflussen. Es entsteht eine Euphorie rund um das DFB-Team, die Wülle und ihrem Team die Arbeit deutlich erleichtert.

Bei Trainingseinheiten, auf Pressekonferenzen oder anderen Medienterminen ist "Franzi" immer ansprechbar. Ihr Telefon ist selten ruhig - dennoch schafft sie es den Überblick zu behalten. "Ich bin ein sehr selbstkritischer Mensch. Und gerade wenn Dinge mal nicht so gut funktionieren, dann beschäftigt mich das ziemlich", sagt Wülle und wünscht sich manchmal "ein bisschen mehr Gelassenheit."

Wülle: "Diverse Teams sind erfolgreicher"

In einem "wahnsinnig schnelllebigen Umfeld" hat sie sich mittlerweile etabliert. Und frischen Wind in die teilweise veralteten Strukturen des DFB gebracht. "Jeder weiß, dass diverse Teams erfolgreicher sind. Wir verbringen sehr viel Zeit in unserem Team und da bringen wir alle unterschiedliche Blickwinkel ein", erklärt Wülle die Rollen im DFB-Team und wagt einen Blick in die Zukunft.

"Ich glaube, dass wir auf einem sehr guten Weg sind. Also offen zu kommunizieren und eine gewisse Transparenz zu zeigen", findet die 32-Jährige. "Ich würde mich freuen, diesen Weg, auch wenn es sportlich mal nicht ganz so gut läuft, weiter gehen zu können."

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