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DFB-Team: Viele Worte, keine Taten

DW Kommentarbild Sarah Wiertz
Sarah Wiertz
14. Oktober 2018

Bundestrainer Joachim Löw setzt weiter auf Routine und Erfahrung, weniger auf Spielfreude und Risikobereitschaft. Das verhindert nicht nur die nötige Entwicklung im DFB-Team, sondern zeugt auch von Respektlosigkeit.

Bild: picture-alliance/Fotostand/Weller

"Das ist respektlos, wie mit uns umgegangen wir", erklärt Mats Hummels in den Katakomben der Johan Cruyff Arena. Uns - damit meint der Nationalspieler die etablierten Profis der Weltmeister-Mannschaft von 2014. Seit dem historischen WM-Aus und den drei wenig überzeugenden Auftritten des DFB-Teams nimmt die Kritik nicht ab. Im Gegenteil, sie wird wieder lauter. Die Aussage vom früheren Nationalspieler Olaf Thon beim Fernsehsender Sky hatte er da noch gar nicht gehört. "Das ist Altherrenfußball", hatte Thon gesagt und meinte damit das Auftreten der beiden Verteidiger Jérôme Boateng und Hummels bei der 0:3-Pleite gegen die Niederlande.

Es stimmt, die Kritik der Medien und auch von vielen Fußballfans ist zum größten Teil negativ. Das hatte bereits im Vorfeld der WM angefangen, sich während des Turniers durchgezogen und hört nun auch während der Nations League nicht auf. Und es stimmt, manchmal ist die Kritik auch unter der Gürtellinie. Aber was eben nicht stimmt - und das ist in diesem Kontext nicht ganz unwichtig - ist die Leistung des DFB-Teams. Und zwar mindestens seit einem Jahr. 

Kimmich: "Schönreden bringt nichts mehr"

Erst in der 57. Minute eingewechselt: Leroy SanéBild: picture-alliance/Fotostand/Weller

Es war nicht alles schlecht im Spiel gegen die Niederlande. Aber es war eben auch nur durchschnittlich. So durchschnittlich, dass eine sehr junge, niederländische Mannschaft, die sich derzeit im Umbruch befindet, mit 3:0 gegen den Ex-Weltmeister gewonnen hat. Das wirft Fragen auf, die Journalisten zu Recht stellen dürfen. Und von denen auch mal andere Antworten erwartet werden dürfen als die üblichen Floskeln, die es seit Monaten gibt. "Pech, mangelnde Chancenverwertung, erwartbare Rückschläge."

Es ist keine Entwicklung im Spiel der Deutschen zu sehen. Es ist keine Spielfreude im Spiel der Deutschen zu sehen. Es ist keine Risikobereitschaft im Spiel der Deutschen zu sehen. Natürlich ist es nach dem WM-Debakel und der nicht endenden Kritik schwer, die Leichtigkeit wieder zu finden. Und natürlich sollte den etablierten Kräften und Weltmeistern wie Hummels, Boateng und Thomas Müller nicht das fußballerische Können abgesprochen werden. Aber dass sich etwas ändern muss, sollte doch spätestens seit dem Auftritt in Amsterdam jedem klar sein. Ist es aber offenbar nicht. Nur die jüngeren Profis redeten Klartext: "Schönreden bringt jetzt nichts mehr", meinte etwa Joshua Kimmich. Und Julian Draxler, der Kapitän des jungen Confed-Cup-Teams, das 2017 für den letzten Glanzpunkt der Ära Löw sorgte, erklärte: "So können wir nicht weitermachen."

Vertrauen in junge Spieler fehlt

DW-Redakteurin Sarah Wiertz

Aber Bundestrainer Joachim Löw macht weiter wie bisher."Wir dürfen nicht von den jungen Spielern, die 20, 21, 22 Jahre alt sind, Wunderdinge erwarten", begründet er das Festhalten an den etablierten Spielern. Aber, Herr Löw, wer bitte tut das? Die einzige Erwartung, die die deutschen Fußballfans haben, ist, dass sich etwas ändert. Dass ein Team auf dem Platz steht, dass Spielfreude zeigt, dass sich mal etwas traut, auch wenn es des Öfteren daneben geht, dass mal ausbricht aus den alten und festgefahren Spielzügen und Taktiken, die selbst mittelmäßige Gegner längst durchschaut haben.

So aber wiederholt der DFB die Fehler, die bereits andere große Fußballnationen wie Frankreich und Spanien vor ihm gemacht haben. Auch sie haben viel zu lange nur an den etablierten Spielern festgehalten, viel zu spät wurde der Umbruch eingeleitet. Dabei gibt es doch genügend junge, talentierte Spieler in Deutschland, die jetzt endlich mal ein Recht darauf haben, dass sie sich im Nationalteam entwickeln können. Beim Confed-Cup haben die Nachwuchsspieler das in sie gesetzte Vertrauen mehr als zurückgezahlt. Als Dank dürfen sie sich seit anderthalb Jahren wieder hinten einreihen und müssen sich, wenn überhaupt, mit der Jokerrolle zufrieden geben. Das, lieber Herr Hummels, ist ebenfalls respektlos. 

Sarah Wiertz Teamleiterin Sport Online
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