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DFB-Elf: WM in Katar nur Zwischenstopp

14. November 2022

Bei seinem ersten großen Turnier in Katar als Cheftrainer wird sich zeigen, wie sich Hansi Flicks Arbeit der vergangenen Monate auf das Team ausgewirkt hat. Dabei liegt der Fokus eigentlich auf etwas anderem.

Bundestrainer Hansi Flick steht beim Training am Spielfeldrand
Bundestrainer Hansi Flick steht in der VerantwortungBild: Jan Woitas/dpa/picture alliance

Als Hansi Flick am 1. August 2021 das Amt des Bundestrainers der deutschen Fußball-Nationalmannschaft übernahm, war die DFB-Elf gerade im Achtelfinale der Europameisterschaft gegen England ausgeschieden. Joachim Löw war, wie angekündigt, von seinem Amt als Bundestrainer nach 15 Jahren zurückgetreten und hatte Platz gemacht für einen Neuanfang. Und der war dringend nötig, denn Deutschland hatte nach dem Gewinn des WM-Titels 2014 in Brasilien und der noch recht ordentlichen Vorstellung zwei Jahre später bei der EM in Frankreich eigentlich keine große Rolle mehr im Weltfußball gespielt.

Das historisch schlechte Ausscheiden nach der Gruppenphase der WM 2018 in Russland und die Auftritte bei der letzten Europameisterschaft hatten offengelegt, dass sich beim DFB-Team etwas ändern muss. "Unser Ziel ist es, wieder an die Weltspitze ranzukommen. Das wird nicht einfach, aber wir haben eine enorme Qualität. Wir werden alles dafür tun, wieder vorne zu stehen", hatte Flick bei seiner Antrittsrede im Augst des vergangenen Jahres angekündigt und betont: "Die besten Spieler sollten für die Nationalmannschaft spielen. Wir wollen aber auch den Jungen eine Chance geben." Man könne Erfolg nicht garantieren, aber man könne ihn vorbereiten, so der Bundestrainer.

Müller: "Das ist ja schon was Einschneidendes"

Am Donnerstag (10. November) hatte der 57-Jährige seinen Kader für die Fußball-WM in Katar, sein erstes großes Turnier als Cheftrainer, bekanntgegeben. Flick sorgte mit einigen Nominierungen für Überraschungen und blieb seiner ersten Aussage treu. Neben gestandenen Nationalspielern wie Thomas Müller, Antonio Rüdiger oder auch Joshua Kimmich, hat Flick eine gute Mischung gefunden. Einerseits Spieler, die gerade auf einem Leistungshoch sind und andererseits junge Talente wie Armel Bella-Kotchap, der beim FC Southampton aktiv ist, oder Dortmunds Stürmer Youssoufa Moukoko. "Youssoufa macht einfach eine gute Entwicklung. Er ist schnell, er ist quirlig und er hat einen guten Abschluss", erklärte der Bundestrainer.

Bundestrainer Hansi Flick gibt gut gelaunt seinen WM-Kader für das Turnier in Katar bekanntBild: Markus Gilliar/GES/picture alliance

Doch wie hat der Bundestrainer die Nationalmannschaft in den vergangenen 16 Monaten verändert? Flick, der als guter Kommunikator gilt, hat es in kurzer Zeit geschafft, die oft kritischen deutschen Fans hinter sich zu bringen. Und auch die Stimmung innerhalb seines Teams ist gut. Flick scheint die richtige Ansprache gefunden zu haben. "Es hat im September eine neue Zeitrechnung begonnen mit dem Trainerwechsel. Das hatten wir in Deutschland seit 2006 nicht mehr. Also das ist ja schon was Einschneidendes", lobte Thomas Müller die Arbeit von Flick und dessen Trainerteam.

Dazu beigetragen haben vor allem die ersten Auftritte der DFB-Elf unter dem neuen Bundestrainer. Zwölf Tore in den ersten drei Spielen, dazu kein einziges Gegentor. Es folgten fünf weitere Siege - ein Rekord für Flick, denn noch nie hatte ein Bundestrainer so viele Spiele in Folge nach seinem Amtsantritt gewinnen können. Aber Gegner wie Liechtenstein, Armenien, Nordmazedonien oder auch Island zählen nicht unbedingt zur Beletage des Weltfußballs.

Gegen England, Italien oder die Niederlande zeigte das DFB-Team zwar ordentliche Leistungen, kam aber in den ersten Aufeinandertreffen jeweils nicht über ein 1:1-Unentschieden hinaus. Nach der schlechten Leistung bei der 0:1-Niederlage gegen Ungarn im September dieses Jahres schauten Experten und auch der Bundestrainer mit etwas mehr Ernüchterung auf das DFB-Team. "Wir dürfen das Vertrauen in die Mannschaft nicht verlieren und das tun wir auch nicht. Ich vertraue der Mannschaft absolut", hatte der 57-Jährige vor dem 3:3 in England, dem bislang letzten Spiel, gesagt.

Über die Taktik zur Konstanz?

Aufgrund der Terminverschiebungen wegen der FIFA WM in Katar, der engen Spielpläne der nationalen Ligen und einiger Verletzungen seiner Spieler, hatte Flick allerdings nur wenig Möglichkeit über einen längeren Zeitraum mit dem gleichen Kader zu arbeiten. "Die Spieler haben teilweise auch andere Dinge im Kopf, vom Verein und durch die Champions League auch eine sehr hohe Belastung."

Das Ergebnis war und ist offensichtlich. Denn bei genauerem Hinsehen, fehlt es der Nationalmannschaft an Konstanz. Stabilität in der Abwehr und Treffsicherheit in der Offensive sind nach wie vor die größten Baustellen. Lediglich Antonio Rüdiger von Real Madrid, Manchester Citys Ilkay Gündogan sowie die Münchener Joshua Kimmich, Müller, Leon Goretzka und Torwart Manuel Neuer sind Konstanten in Flicks Mannschaft.

WM-Held Mario Götze erzielt 2014 in Brasilien den entscheidenden Treffer im Finale gegen ArgentinienBild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance

In der Offensivabteilung fehlt nach wie vor ein erfahrener treffsicherer Stürmer. Nach dem verletzungsbedingten WM-Aus von Timo Werner und Lukas Nmecha, setzt Flick nun auf Müller, Bremens Niklas Füllkrug oder den zurückgekehrten WM-Siegtorschützen von 2014 Mario Götze. Vielleicht wird aber auch der erst 17 Jahre alte Moukoko die Überraschung im Angriff der DFB-Elf. Im Mittelfeld hat der Bundestrainer die Qual der Wahl, wird sich aber auf den sogenannten Bayern-Block um Goretzka, Kimmich, Serge Gnabry und Jamal Musiala verlassen können. An talentierten Einzelspielern mangelt es der deutschen Auswahl nicht, dennoch wird es bei der WM kein eingespieltes Team geben können.

WM in Katar zum "Warmspielen"

Doch Flicks Plan könnte ohnehin ein anderer sein. Zwar gehe man mit dem Ziel ins Turnier, Weltmeister zu werden, doch für Flick steht nach wie vor die Weiterentwicklung seiner Mannschaft im Vordergrund. Dazu wird er auch die WM im Wüstenstaat nutzen, denn das Langzeitziel ist ein anderes: die Heim-EM 2024. "Es wäre mal an der Zeit, 28 Jahre nach meinem Siegtreffer 1996 wieder Europameister zu werden", sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff im Interview mit der Internetplattform Spox. "Wir wollen in jedem Fall bis 2024 zurück an der Weltspitze sein", so Bierhoff.

In Katar ist die Aufgabe der DFB-Elf klar: nicht blamieren und mit etwas Glück ins Viertelfinale oder sogar Halbfinale einziehen. Für mehr wird es nicht reichen, dafür sind die Mannschaften von Weltmeister Frankreich, Brasilien oder auch England zu stark besetzt. Um in zwei Jahren aber ganz oben mitzuspielen, können sich junge Spieler wie Musiala, Nico Schlotterbeck, Moukoko oder Bella Kotchap in der Sonne Katars "warmspielen". 2024 könnten sie dann im eigenen Land für unvergessliche Momente sorgen.

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