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Politik

DGB und Steinmeier prangern Missstände in Wirtschaft an

13. Mai 2018

Bei der Eröffnung des Bundeskongresses in Berlin sparte DGB-Chef Hoffmann nicht mit Warnungen vor der Aushöhlung des Sozialstaats. Der Bundespräsident lenkte dabei den Blick vor allem auf die Digitalisierung.

Deutschland | Steinmeier auf dem Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, hat davor gewarnt, dass die "gute wirtschaftliche Lage in Deutschland nicht über gravierende Missstände hinwegtäuschen" dürfe. Rund 20 Prozent der Beschäftigten seien im Niedriglohnsektor gefangen, erklärte Hoffmann zur Eröffnung des DGB-Bundeskongresses in Berlin. Gleichzeitig öffne sich die Schere bei den Vermögen und Einkommen. "Die Menschen haben ein feines Gespür dafür, dass es immer ungerechter zugeht."

Der DGB setze sich gegen prekäre Arbeit und sachgrundlose Befristungen ein, für eine gute Alterssicherung und eine funktionierende öffentliche Infrastruktur, erklärte Hoffmann und ergänzte: "Kurz - für gute Arbeit und ein gutes Leben." Dies sei "der richtige Weg". Die Gewerkschaften gestalteten zudem die Arbeitsbedingungen in der Digitalisierung. "Der Mensch und nicht das technisch Machbare gehört in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung", erklärte Hoffmann.

"Solidarität, Vielfalt, Gerechtigkeit" 

Der DGB-Bundeskongress mit rund 400 Delegierten tagt bis zum kommenden Donnerstag unter dem Motto "Solidarität, Vielfalt, Gerechtigkeit". Dabei soll über eine Reihe von Themen beraten werden, darunter den digitalen Wandel, Mindestlohnkontrollen, gleiche Bezahlung von Frauen und Männern sowie Steuergerechtigkeit.

Gast war am Sonntag auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Er lehnte in seiner Rede das derzeit diskutierte bedingungslose Grundeinkommen entschieden ab. Dieses Einkommen sei keine Antwort auf die Umbrüche des Arbeitsmarkts. "Das käme einer Kapitulation gleich, noch bevor wir über die Zukunft der Verteilung von Arbeit, Qualifizierung und soziale Sicherung ernsthaft diskutiert haben", sagte Steinmeier in Berlin. Er sehe jedenfalls keine Verlockung darin, Sozialpartnerschaft und die Gehaltsfindung durch Tarifverhandlungen für gescheitert zu erklären und "dem Staat diese Aufgaben mit der Zahlung eines bedingungslosen Grundeinkommens aufzubürden". Steinmeier zitierte zustimmend den DGB-Chef und sagte, ein bedingungsloses Grundeinkommen sei eine "Abstellprämie für die Stilllegung von Arbeitskraft". Bei einem bedingungslosen Grundeinkommen erhält jeder Bürger eine staatliche Zuwendung, unabhängig von seiner wirtschaftlichen Situation.

Ohne Zweifel auf einer Wellenlänge: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der DGB-Vorsitzende Reiner HoffmannBild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Ein weiteres Thema Steinmeiers war das Internet. Er plädierte in seiner Rede dafür, auf die Entwicklung in diesem Bereich mit einer "Ethik der Digitalisierung" zu reagieren. Dies sei insbesondere nötig, weil die Digitalisierung viele Menschen verunsichere. "Weil sich Zukunftsangst, wo immer sie vorhanden ist, sich nicht in Demokratie-Skepsis verwandeln darf", betonte der Bundespräsident.

"Was tun, wenn der Arbeitgeber verschwindet?" 

Auch markiere die Digitalisierung die nächste große Bewährungsprobe des Sozialstaats. Steinmeier: "Nehmen wir das Beispiel der digitalen Plattformen: Was tun, wenn der Arbeitgeber verschwindet und die Plattform nur Arbeit vermittelt? Wer zahlt bei Urlaub und Krankheit? Wer zahlt in die Rentenkasse?" Steinmeier rief den DGB auf, die neue digitale Arbeitswelt kraftvoll mitzugestalten. An die Arbeitgeber appellierte er, tarif- und verhandlungsfähig und -willig zu sein. Briefkastenadressen mit einem Internetserver irgendwo auf der Welt seien keine Antwort. Zudem müssten Unternehmen ihre Mitarbeiter weiterbilden, kommunikative und digitale Kompetenzen immer wieder aktualisieren, so der Bundespräsident. "Wenn Unternehmen nichts in kluge Köpfe investieren und keine qualifizierten Mitarbeiter finden, dann werden sie im Wettbewerb ganz bestimmt nicht bestehen."

Der Bundeskongress ist das höchste Entscheidungsorgan des Deutschen Gewerkschaftsbunds. Die Delegierten aus den acht DGB-Gewerkschaften wählen unter anderem den vierköpfigen hauptamtlichen geschäftsführenden Bundesvorstand. Hoffmann stellt sich zur Wiederwahl.

sti/hf (afp, dpa)

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