Mehr CO2 in der Luft verändert die Zusammensetzung von Nahrungspflanzen, auf die viele Millionen Menschen angewiesen sind. Eine weltweite Gesundheitskrise könnte die Folge sein, warnen jetzt US-Forscher.
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Hunderte Millionen Menschen könnten in Zukunft von Mangelernährung bedroht sein, schätzt eine neue Studie. Schuld soll der Klimawandel sein. Denn wenn der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre steigt, nehmen Nahrungspflanzen wie Reis, Kartoffeln und Weizen weniger Mineralien aus dem Boden auf und bilden weniger Eiweiß, schreiben Forscher der US-amerikanischen Harvard-Universität in "Nature Climate Change".
Die größten Verlierer sind - wie eigentlich immer, wenn es um den Klimawandel geht - einkommensschwache Länder, sagt Samuel Myers der DW. Er ist Mitautor der Studie und Leiter der Planetary Health Alliance in Harvard. Dieses Konsortium aus Universitäten, NGOs und Regierungsinstitutionen möchten sicherstellen, dass auch in Zeiten des Klimawandels die Menschen gesund bleiben.
Nun sind Grundnahrungsmittel wie Reis und Weizen für über drei Milliarden Menschen auf der Welt die wichtigsten Nahrungsquellen, um überhaupt ausreichend Kalorien aufzunehmen. Genau diese Menschen, mit "wenig Abwechslung im Speiseplan und wenig tierischer Nahrung", werden darunter leiden, wenn Getreide und andere pflanzlichen Nahrungsmittel weniger Nährstoffe als bislang enthalten, prophezeit Myers.
Pflanzen könnten der Studie nach in Zukunft weniger Zink, weniger Eisen und weniger Eiweiße enthalten. Forscher schätzen, dass bis zum Jahr 2050 weitere 175 Millionen Menschen von Zink- und 122 Millionen von Eiweißmangel betroffen sein könnten, sollte der Kohlenstoffdioxidausstoß nicht dramatisch gedrosselt werden.
Wer viel Fleisch isst, ist hingegen fein raus: Tierische Nahrung ist im Gegensatz zu Pflanzen besonders reich an Eisen, Zink und Eiweiß.
Warum verlieren die Pflanzen Nährstoffe durch zuviel CO2?
Pflanzen brauchen Kohlendioxid, um zu wachsen, aber sie können auch zu viel davon bekommen. "Wir verstehen immer noch nicht richtig, warum das passiert", sagt Myers, "wir nehmen aber an, dass höhere Konzentrationen von Kohlendioxid Reis- und Weizenpflanzen dazu bringen, mehr Kohlenhydrate, also Stärke zu produzieren". Das gehe dann vermutlich auf Kosten von Eiweiß, Zink und Eisen.
Krank durch Klimawandel
Die Studie ist nur eine von vielen, die zeigen, dass Wasserknappheit, steigende Temperaturen und höhere Kohlendioxidwerte die Qualität unserer Nahrung beeinflussen und die Ernteerträge vermindern können.
Welche gesundheitlichen Folgen eine solche veränderte Pflanzenzusammensetzungen haben könnten, untersuchten jetzt die Autoren der neuen Studie mit einerDatenbank zur weltweiten Nährstoffversorgung. Sie schätzten ab, welche Auswirkungen die Nährstoffverluste für 151 Länder haben könnten. Sprich: Welche Regionen der Welt leiden am meisten, wenn bestimmte Pflanzen ihre Nährstoffe verlieren?
Mangelernährung bereits jetzt ein Problem
Derzeit leben bereits zwei Milliarden Menschen mit Nährstoffmangel auf der Welt. Hinzu kommen etwa 815 Millionen Menschen, die keinen Zugang zu genügend nahrhaften Lebensmitteln haben sowie 1,5 Millionen Todesfälle pro Jahr, weil viele Menschen zu wenig Gemüse essen.
Wenn nichts unternommen wird, könnte eine Reduktion der Mikronährstoffe aufgrund des Klimawandels "das bereits akute Problem der Mikronährstoffunterernährung verschärfen", warnt Kristie Ebi von der University of Washington gegenüber der Deutschen Welle.
Ein Mangel an Eisen kann eine Eisenmangelanämie verursachen, die laut Ebi "zu schweren Komplikationen wie Herzinsuffizienz und Entwicklungsverzögerungen bei Kindern führen kann". Ein Mangel an Zink wiederum führt zu Appetitlosigkeit, vermindertem Geruchssinn, zu schlechter Wundheilung und gestörter Immunfunktion. "Zink unterstützt auch Wachstum und Entwicklung, so dass eine ausreichende Nahrungsaufnahme für Schwangere und heranwachsende Kinder enorm wichtig ist", fügt Ebi hinzu.
Globaler Teller
Die meisten Lebensmittel, die wir täglich auf den Tellern haben, stammen ursprünglich aus ganz anderen Weltgegenden. Eine neue Studie hat die Herkunft globaler Speisen verfolgt.
Bild: picture-alliance/Ch. Mohr
Reis für die halbe Welt
Reis kommt ursprünglich aus China, heute ist er für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung das Grundnahrungsmittel schlechthin. Für ein Kilo Reis wird zwischen 3000 und 5000 Liter fließendes Wasser benötigt. In vielen Anbauländern ist die Arsenbelastung im Grundwasser so hoch, dass die Welternährungsorganisation, FAO, 2014 vor den Gesundheitsfolgen des Reisverzehrs warnte.
Bild: Tatyana Nyshko/Fotolia
Weizen - das täglich Brot
Seit mehr als 7000 Jahren wird Weizen im Mittelmeerraum angebaut. Als Brot oder zu Teigwaren wie Nudeln verarbeitet zählt es zu den weltweit wichtigsten Nahrungsmitteln. Das Getreide wird außerdem für die Tiermast genutzt und auf riesige Flächen als Monokultur angebaut. Die größten Produzenten heute sind China, Indien, USA, Russland und Frankreich.
Bild: Fotolia/Ludwig Berchtold
Mais - das Gold der Azteken
Mais stammt aus Zentralmexiko und wird heute auf allen Kontinenten angebaut. Nur 15 Prozent der Ernte landet auf unseren Tellern, der Großteil geht für Tierfutter drauf. Mais wird in der globalen Lebensmittelindustrie für die Herstellung von Glukosesirup eingesetzt und als Energiepflanze genutzt. In den USA wird zu 85 Prozent gentechnisch veränderter Mais angebaut, andere Länder folgen.
Bild: Reuters/T. Bravo
Kartoffel - die Knolle aus den Anden
Die heutigen Kartoffeln stammen von Sorten ab, die in den Anden Südamerikas als Wildart heimisch waren. Erst seit rund 300 Jahren wird die Knolle in Europa in großem Stil angebaut. In Ländern wie Deutschland und Irland gilt sie als traditionelles Grundnahrungsmittel. In Europa geht der Anbau von Kartoffeln jedoch zurück. China, Indien und Russland sind heute die größten Anbauländer.
Bild: picture-alliance/dpa/J.Büttner
Zucker - Rohr und Rübe
Zuckerrohr stammt aus Ostasien. Woher genau ist unklar, doch die Nutzung des süßen Rohrs geht mehr als 2500 Jahre zurück. Hauptanbauland heute ist Brasilien, wo Zuckerrohr teils für den Weltmarkt, teils für Bioethanol angebaut wird. Die Ernte ist ein Knochenjob und oft schlecht bezahlt. Auf dem Weltmarkt ist Rohrzucker billiger als der aus Europa stammende Rübenzucker.
Bild: picture-alliance/RiKa
Kaffee - schwarzer Genuss
Kaffee stammt ursprünglich aus Äthiopien. Weltweit leben rund 25 Millionen Kaffeebauern vom Anbau. Rechnet an die Familien mit, sind über 110 Millionen Menschen vom stark schwankenden Weltmarktpreis abhängig. Über 800.000 Kleinbauern verkaufen ihr Produkt mittlerweile durch Kooperativen und bekommen für den Fairtrade-Kaffee einen besseren Preis.
Bild: picture-alliance/dpa/N.Armer
Tee - das beliebteste Getränk
Tee stammt aus China und ist mittlerweile nach Wasser das am häufigsten konsumierte Getränk. Weltweit werden jede Sekunde mehr als 15.000 Tassen Tee getrunken. In England gilt Tee als Nationalgetränk und bis heute gehören die ehemaligen britischen Kolonien zu den wichtigsten Anbaugebieten, u.a. Kenia, Indien und Sri Lanka. Die Arbeitsbedingungen auf den Plantagen sind oft katastrophal.
Bild: DW/Prabhakar
Kakao für die Götter
Die Azteken im heutigen Mittelamerika nutzten die Bohnen als Zahlungsmittel, Opfergabe und für die Zubereitung eines Getränkes. Heute ist die Bohne als Schokolade und Kakaogetränk in aller Welt beliebt. Sie wird in einem engen Gürtel um den Äquator angebaut, wo die Pflanze am besten gedeiht. Die Preisschwankungen auf dem Weltmarkt treffen die Kleinbauern und Landarbeiter immer wieder hart.
Bild: imago/Xinhua
Bananen - beliebte Tropenfrucht
Die Banane ist weltweit die beliebteste Frucht. Ursprünglich stammt sie aus Südostasien. In deutschen Supermärkten kosten Bananen weniger als heimische Äpfel. Die größten Exportländer liegen in Lateinamerika und in der Karibik. Die Arbeitsbedingungen für die Plantagenarbeiter sind oft sehr schlecht. Hinzu kommt die gesundheitliche Belastung durch den intensiven Einsatz von Pestiziden.