100-Millionen-Dollar
14. September 2007In einem beispiellosen Fall von Industriespionage ist der Formel-1-Rennstall McLaren-Mercedes zu einer Geldstrafe von 100 Millionen Dollar verurteilt worden. Außerdem werden dem Team alle Punkte der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft aberkannt, in dem es bislang in Führung lag. Das Entscheidungsgremium des Weltautomobilverbands (FIA) reagierte damit am Donnerstag (13.9.07) auf den Vorwurf der Industriespionage. McLaren-Mercedes soll sich bei Ferrari sensible Informationen über das Fine-Tuning von Rennwagen beschafft haben.
"Werden nicht aufgeben"
Teamchef Ron Dennis sagte, McLaren-Mercedes habe nie bestritten, dass sich Unterlagen des Konkurrenten Ferrari im Wohnhaus eines Mitarbeiters befunden hätten. "Die Frage ist: Wurde diese Information von McLaren verwendet? Dies ist nicht der Fall und wurde heute auch nicht bewiesen." Das Team werde jetzt die schriftliche Begründung prüfen und dann entscheiden, ob Berufung eingelegt werde.
Der Motorsportchef von Mercedes-Benz, Norbert Haug, sprach nach dem Urteil von einem "Schock für alle im Team". In einer Erklärung hieß es: "Wir kämpfen jetzt erst Recht mit aller Entschiedenheit weiter, um auf der Rennstrecke Antworten zu geben, wie zuletzt in Monza, und neben der Rennstrecke vor Gericht Gerechtigkeit zu finden." Bereits am Sonntag geht der Formel-1-Zirkus mit dem Großen Preis von Belgien in die nächste Runde.
Fahrer blieben verschont
Nicht bestraft wurden die Fahrer Lewis Hamilton und Fernando Alonso, die derzeit die Fahrer-Weltmeisterschaft anführen. Beide behalten ihre Punkte und die Aussicht auf den Saisonsieg. WM-Spitzenreiter Hamilton gehörte zu den Zeugen, die der FIA-Weltrat zur Aussage ins Hauptquartier nach Paris geladen hatte.
In einer ersten Anhörung am 26. Juli war McLaren-Mercedes aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden. Inzwischen sollen neue Informationen über den E-Mail-Verkehr zwischen dem amtierenden Weltmeister Fernando Alonso und dem McLaren-Testpiloten Pedro de la Rosa vorliegen. Der Spionage-Krimi war im Juni ins Rollen gekommen. Im Haus des inzwischen gefeuerten McLaren-Chefdesigners Mike Coughlan waren 780 Seiten mit sensiblen Daten der Ferrari-Technik gefunden worden. Coughlan soll das Dossier von seinem Ferrari-Kollegen Nigel Stepney erhalten haben, auch er wurde entlassen.
Des einen Leid, des anderen Freud
"Ferrari ist zufrieden, dass die Wahrheit ans Licht gekommen ist", erklärte die Scuderia in einer Pressemitteilung. In die restlichen vier Saisonrennen gehen die Italiener nun als Spitzenreiter des Teamklassements mit 143 Punkten. Zweiter ist der deutsche Werksrennstall BMW-Sauber mit 86 Punkten. (kas)