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Die Börse will den Dax erneuern

5. Oktober 2020

Der wichtigste Aktienindex in Deutschland, der Dax, steht offenbar vor größeren Umbauten. Möglicherweise wächst er bald von 30 auf 40 Mitglieder. Der Wirecard-Skandal zwingt die Deutsche Börse noch zu weiteren Reformen.

Coronavirus - Börse in Frankfurt/Main
Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Wer im deutschen Börsen-Index Dax gelistet ist, der gilt etwas in der deutschen Unternehmenswelt und gehört buchstäblich zu den Top 30. In den vergangenen Monaten waren allerdings immer wieder dunkle Schatten auf diesen exklusiven Kreis von Unternehmen durch den Krisenkonzern Wirecard gefallen. Ganz offensichtlich als Reaktion auf den milliardenschweren Bilanz-Skandal um Wirecard stehen nun Änderungen beim Dax an, die weiterreichende Folgen haben könnten.

 "Es ist kein Geheimnis, dass ich persönlich die Ausweitung des Dax 30 auf einen Dax 40 begrüßen würde", sagte der Vorstandschef der Deutschen Börse, Theodor Weimer, am Montag bei der Vorstellung der Vorschläge. Aber es geht nicht nur um eine Erhöhung der Mitgliederzahl. So sollen Unternehmen aus dem Dax verbannt werden können, wenn sie ihre Zahlenwerke, also die Bilanzen, nicht fristgerecht vorlegen.

Profit zählt

Auch sollen nur noch nachweislich profitable Unternehmen in die erste deutsche Börsenliga aufsteigen können. Der Vorschlag hat – indirekt – ebenfalls mit dem Wirecard-Skandal zu tun. Auf Wirecard folgte nämlich der Essenslieferdienst Delivery Hero in den Dax. Die neue Regel hätte Delivery Hero den Aufstieg verbaut, die Firma hat noch nie Gewinn gemacht.

Dax: gesuchter Club an der BörseBild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Der Index-Vermarkter Stoxx startet nun eine Befragung zu den strengeren Regeln und der optimalen Teilnehmerzahl im Dax. Die Regeln betreffen aber auch die kleineren Indizes wie MDax, SDax und TecDax, wie die Stoxx-Muttergesellschaft Qontigo und die Deutsche Börse in Frankfurt am Main mitteilten. Ziel sind demnach erweiterte Qualitätskriterien bei der Auswahl gelisteter Unternehmen, mehr Transparenz und Berechenbarkeit.

Die Diskussion – angekündigt als "Marktkonsultation" – soll innerhalb von vier Wochen abgeschlossen sein, die Ergebnisse dürften drei Wochen später bekannt gegeben werden. Änderungen könnten frühestens im kommenden März wirksam werden. Zu den vorgeschlagenen Änderungen gehört übrigens auch eine Regel, nach der laut Deutsche Börse Unternehmen "mit Umsätzen von mehr als zehn Prozent mit kontroversen Waffen" ausgeschlossen werden sollen.

Bisher war entscheidend für den profitablen Aufstieg in den Dax – dessen Werte etwa von Vermögensverwaltern und Fondsgesellschaften stark gesucht sind –, dass der Börsenwert des Unternehmens besonders hoch war und dass die Aktie besonders häufig gehandelt wird. Diese Daten waren dann Grundlage für eine Aufnahme in den illustren Kreis.  

Aufsicht durch einen Ausschuss

Für bessere Transparenz soll künftig eine Regel dienen, nach der ein Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats der betroffenen Firmen die Rechnungslegung überwachen soll. Er würde dann für die Mitgliedschaft in den Dax-Auswahlindizes (das sind neben dem Dax, der MDax, TecDax, SDax) verpflichtend werden. Eine Vergrößerung des Dax würde zugleich den MDax verkleinern. Der Vorschlag sieht vor, dass der Index der mittelgroßen Unternehmen künftig nur noch 50 statt wie bislang 60 Adressen umfassen soll. Im SDax sollen weiter 70 Aktien gelistet sein. Hier hatte es zuletzt wegen der häufigen Wechsel Kritik gegeben.

Die Zahl 30 für die Mitgliedschaft im Dax-Club hatten sich die Gründer Ende der achtziger Jahre vom großen Bruder an der Wall Street, dem amerikanischen Dow Jones abgeschaut. Diese Grenze gilt seit 1988. Eine Überprüfung der Zusammensetzung des Dax soll künftig alle sechs Monate stattfinden und nicht wie bisher nur einmal im Jahr. Wirecard hatte nach der Aufdeckung des großen Betrugs den Dax nicht gleich verlassen müssen, was mit einigem Unverständnis quittiert worden war.

Wirecard, Schwarzes Schaf im Dax-ClubBild: Imago Images/Sven Simon/F. Hoermann

Wer muss gehen?

Jedenfalls hätten die Änderungen Folgen für die Branchengewichtung im Leitindex. Vor allem der Chemie-Sektor würde darin zulegen können, wie aus einer Präsentation zu dem Reformvorschlag hervorgeht. Auch in den Bereichen Medien sowie Pharmaindustrie würden Unternehmen den Sprung in den Dax machen. Die Bedeutung der Autokonzerne sowie Produzenten von Konsumgütern für den Index würde dagegen sinken. Allerdings sind die bisherigen Vorschläge eben nur Vorschläge und ihre Umsetzung durchaus nicht zwingend.

ar/tko (dpa, rtr, afp – Archiv) 

 

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