Frauen und die Berlinale 2019, das passt: Mehr als 40 Prozent der diesjährigen Wettbewerbsfilme wurden von Regisseurinnen gedreht. Und auch sonst kriegen die Männer auf dem Filmfestival ordentlich Konkurrenz.
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10 Frauen, die die Berlinale rocken werden
Unter den Nominierten der Berlinale sind mehr weibliche Regisseurinen als in jedem anderen Top-Festival. Das gesamte Event feiert Frauen, die die Filmgeschichte beeinflusst haben. Hier zehn Namen, die man kennen sollte.
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Lone Scherfig
Der neueste Film der dänischen Regisseurin, "The Kindness of Strangers", eröffnet die Berlinale. Mit "Italienisch für Anfänger" (2000) hat Scherfig eine unbeschwerte Komödie zu den meist grimmigen Filmen der Dogma-95-Bewegung beigetragen. Ihr Coming-of-Age-Drama "An Education" - das Drehbuch stammt von Kultautor Nick Hornby - wurde für drei Oscars nominiert und hat 25 Auszeichnungen gewonnen.
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Charlotte Rampling
Der Goldene Ehrenbär für Charlotte Rampling ist eine Würdigung ihres Lebenswerks - die Schauspielerin blickt auf eine fünf Jahrzehnte dauernde Karriere zurück. Sie verkörperte mehr als 100 Rollen, für "45 Years" (2015) und "Hannah" (2017) wurde sie bei den Filmfestspielen in Berlin und Venedig ausgezeichnet.
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Juliette Binoche
Binoche ist außerhalb von Frankreich vermutlich am meisten für ihre Oscar-nominierte Leistung in der Romantikkomödie "Chocolat" bekannt. Die aktuelle Jury-Präsidentin der Berlinale bevorzugt Rollen, die nichts beschönigen. Sie lehnte zum Beispiel eine Rolle in Spielbergs "Jurassic Park" ab, um die Hauptrolle in Krzysztof Kieslowskis "Three Colors: Blue" zu übernehmen.
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Diane Kruger
In Cannes wurde sie als beste Schauspielerin für ihre Hauptrolle in dem Film "Aus dem Nichts" ausgezeichnet. Jetzt ist die gebürtige Deutsche, die in den USA und Frankreich lebt, mit einem neuen Film auf der Berlinale: in der Hauptrolle im Spionage-Thriller "The Operative", Regie führt der israelische Filmemacher Yuval Adler. Der Film läuft außer Konkurrenz.
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Agnieszka Holland
In sieben der 17 nominierten Filme haben in diesem Jahr Frauen die Regie geführt. Unter ihnen: die polnische Filmemacherin Agnieszka Holland mit "Mr. Jones". Der Kinofilm erzählt die Geschichte eines Journalisten, der über die Hungersnot in der stalinistischen Ukraine berichtet. Für ihr gefeiertes Holocaust-Drama "Europa Europa" (1991) gewann Holland den Golden Globe für den Besten Film.
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Isabel Coixet
Die spanische Regisseurin ist ein regelmäßiger Gast der Berlinale, seitdem ihr Drama "Mein Leben ohne mich" 2003 für einen Goldenen Bären nominiert war. 2015 eröffnete sie das Festival mit "Nobody Wants the Night", in dem die diesjährige Jury-Präsidentin Juliette Binoche damals die Hauptrolle spielte. Jetzt tritt Coixet mit "Elisa & Marcela" im Wettbewerb an.
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Angela Schanelec
Schanelec hat ihre Karriere auf der Bühne begonnen und später ihren Ruf als eine der angesehensten Filmemacherinnen der Berliner Schule durchgesetzt. Auf dem Berliner Festival tritt sie 2019 mit "Ich war zuhause, aber" an - ein Film über das Verschwinden eines Jugendlichen. Ihr Kinofilm "Das Glück meiner Schwester" von 1995 wird in der Retrospektive über deutsche Regisseurinnen gezeigt.
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Agnes Varda
In den 50er und 60er Jahren war sie eine der Schlüsselfiguren der Nouvelle Vague, einer der einflussreichsten Bewegungen in der Kinogeschichte. Trotz ihres Alters ist die Regisseurin (90) noch unglaublich aktiv. Ihre Dokumentation "Varda par Agnès" wird zum ersten Mal gezeigt und gibt Einblicke in ihr bemerkenswertes Gesamtwerk. Varda wird außerdem mit der Berlinale Kamera geehrt.
Nach Dieter Kosslicks letzter Berlinale-Ausgabe 2019, wird die Geschäftsführerin von German Films, Mariette Rissenbeek, die erste Frau sein, die die Berlinale leitet. Rissenbeek wurde zur Geschäftsführerin des Festivals ernannt und wird sich Kosslicks Position mit Carlo Chatrian, dem zukünftigen künstlerischen Direktor, teilen. Chatrian leitete viele Jahre das Filmfestival in Locarno.
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Tilda Swinton
Als weiterer Stammgast in Berlin wird Tilda Swinton wieder die Standards für Coolness auf dem roten Teppich setzen. Sie spielt in zwei Filmen des Festival-Programmes mit: Joanna Hoggs "The Souvenir", der gerade eine Auszeichnung beim Sundance-Festival abgeräumt hat, wird in der Panorama-Kategorie gezeigt; der Film "The Garden" (1990) wird in der experimentellen Forum-Sektion zu sehen sein.
Bild: dpa
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Das ist Rekord für ein führendes Filmfestival: Sieben der 17 Filme, die in diesem Jahr ins Rennen um den Goldenen Bären gehen, wurden von Frauen gedreht (Artikelbild: "Elisa y Marcela" von Isabel Coixet). Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr gab es in Cannes derer drei, in Venedig einen. Und für die diesjährigen Oscars ist kein einziger Film einer Regisseurin nominiert.
Bei der Berlinale 2019 hingegen steht die Arbeit von Frauen gleich auf verschiedenen Ebenen im Fokus. So eröffnete am Donnerstag Lone Scherfigs "The Kindness of Strangers" das Festival. Die dänische Filmemacherin, Gründungsmitglied der "Dogma 95"-Bewegung, drehte auch das preisgekrönte "An Education" (2009).
50/50 in der Jury
Vorsitzende der sechsköpfigen Jury, die über die Vergabe der Bären in Gold und Silber entscheidet, ist die französische Schauspielerin Juliette Binoche, außer ihr sorgen noch Schauspielerin Sandra Hüller ("Toni Erdmann") und die britische Produzentin Trudie Styler für geschlechtsspezifische Ausgewogenheit unter den Juroren.
Auch die Retrospektive dreht sich um Frauen: Sie zeigt unter dem Titel "Selbstbestimmt. Perspektiven von Filmemacherinnen" Spielfilme und Dokumentationen von Regisseurinnen aus Ost und West von 1968 bis 1999.
Außerdem werden 2019 auch zwei weibliche Ikonen des Films geehrt: So geht der Ehrenbär an die britische Film- und Theaterschauspielerin Charlotte Rampling, und die französische Nouvelle-Vague-Regisseurin Agnès Varda erhält die Berlinale Kamera für Persönlichkeiten, die sich um das Filmschaffen besonders verdient gemacht haben.
Frauen und die Berlinale, das funktioniert nicht erst seit diesem Jahr. Die zwei letzten Goldenen Bären gewannen ebenfalls Frauen: Adina Pintilie für "Touch Me Not" (2018) und Ildiko Enyedi für "Körper und Seele" (2017). Zum Vergleich: Die Goldene Palme von Cannes konnte nur eine einzige Regisseurin bislang gewinnen - Jane Campion im Jahr 1993 für "Das Piano".
Gleichstellungs-Versprechen
Das Filmfestival, das für seine Auseinandersetzung mit aktuellen politischen Themen bekannt ist, schließt sich in diesem Jahr auch offiziell einem Gleichstellungs-Versprechen an, dem sich andere Festivals wie Cannes und Venedig bereits verpflichtet haben. Das Versprechen, im vergangenen Jahr in Cannes von der französischen Initiative "5050 by 2020" gestartet, schreibt keine verbindlichen Quoten vor, fordert die Festivals aber auf, sich bei der Verwaltung zur Gleichstellung der Geschlechter zu verpflichten und verlangt Datentransparenz bei der Einreichung von Filmen und deren Auswahl.
Tatsächlich wird das deutsche Festival an seiner derzeitigen Organisation nicht viel verändern müssen, um diese Anforderungen zu erfüllen. Festival-Direktor Dieter Kosslick verriet im Vorfeld der Berlinale 2019, dass 53,3 Prozent der an der Auswahl der Wettbewerbsfilme beteiligten Personen Frauen waren, und dass die Auswahlkommissionen für die meisten Sektionen des Festivals bereits eine weibliche Mehrheit aufwiesen.
Berlin wird auch das erste große Festival mit einer Frau an der Spitze werden. An die Stelle von Kosslick, der nach 18 Jahren als Direktor der Berlinale zurücktritt, tritt ein Duo: Mariette Rissenbeek wurde zur Geschäftsführerin ernannt, während Carlo Chatrian als Künstlerischer Leiter die kuratorischen Entscheidungen des Festivals leitet.