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Film

Oscar-Jubiläum: 40 Jahre "Die Blechtrommel"

Nadine Wojcik
30. August 2020

Volker Schlöndorff gewann mit "Die Blechtrommel" den ersten Oscar für einen deutschen Spielfilm. Frisch restauriert kommt der Kultfilm jetzt in die Kinos.

Filmszene aus "Die Blechtrommel" (1979) von Volker Schlöndorff mit David Bennent als Oskar Matzerath
David Bennent als Oskar Matzerath in Volker Schlöndorffs "Die Blechtrommel" (1979)Bild: Imago/AGD

Mit der Romanverfilmung von Günter Grass' "Die Blechtrommel" brachte Volker Schlöndorff den ersten Oscar für den "Besten fremdsprachigen Film" nach Deutschland. 40 Jahre ist das her. Und sollte auf den Tag genau gefeiert werden: Die aufwendig restaurierte Fassung in digitalem, hochaufgelöstem 4K-Format sollte bereits im April 2020 festlich in Berlin gezeigt werden. Nun wird das Jubiläums-Screening nachgeholt.

Schlöndorff, 81 Jahre alt, hatte selbst die Restaurierung intensiv begleitet. Dabei wurde der Film, der in den 1970er-Jahren auf 35 Millimeter gedreht wurde, Bild für Bild von Kratzern befreit und die Farben aufgefrischt. Das gestochen scharfe Ergebnis ist nun auf der Leinwand zu sehen - und wird aufgrund der digitalen Fassung dafür sorgen, dass der Filmklassiker für alle Ewigkeit erhalten bleibt. Schließlich haben analoge Filmrollen nur eine begrenzte Lebensdauer.

Kultfilm mit aufmüpfigem Trommler

"Es war einmal ein Blechtrommler, dem gefiel die Welt der Erwachsenen nicht", stellt der Film seinen kleinen Protagonisten vor. Oskar Matzerath, anfangs drei Jahre alt und doch ungewöhnlich reflektiert, distanziert sich von seinem irren familiären und gesellschaftlichen Umfeld und beschließt, nicht mehr zu wachsen - was er bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges und somit bis zu seinem 20. Lebensjahr durchhält.

David Bennent und Katharina Thalbach in "Die Blechtrommel" Bild: picture-alliance/Everett Collection

Zum Leidwesen der Erwachsenen kommentiert er alles - Ehebrüche ebenso wie den Aufstieg der Nazis - mit ewigem Getrommel oder hysterischem Schreien, das Gläser zerspringen lässt. Kaum eine Figur hat sich wohl derart tief in das deutsche Filmgedächtnis eingebrannt wie dieser kleine Trommler. Kein Wunder daher, dass es Regisseur Schlöndorff 1980 mit dem kleinwüchsigen Oskar zum goldenen Oscar gebracht hat, als bester ausländischer Film . Zuvor war "Die Blechtrommel" bereits in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet worden. 

In Deutschland kam der Film im Mai 1979 in die Kinos. 20 Jahre zuvor war der gleichnamige Roman erschienen, das Debüt von Günter Grass, für das er 1999 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde. 

Vom Jahrhundertroman zum Jahrhundertfilm

Der Stoff galt aufgrund der Detailfülle und wechselnden Erzählstile als unverfilmbar. Doch Volker Schlöndorff, damals Ende 30, hatte bereits Erfahrungen mit Literaturverfilmungen wie Brechts "Baal" oder Bölls "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" - und schuf einen Kultfilm, mit Katharina Thalbach, Angela Winkler, Mario Adorf und dem damals 12-jährigen David Bennent. Dessen Vater, der renommierte Theaterspieler Heinz Bennent, hatte damals ebenfalls in dem Film mitgespielt, was ihm Sicherheit gegeben habe. "Mit zwölf Jahren ist man ja noch ein Kind und auf Unterstützung und familiären Halt angewiesen", sagte der 53-Jährige der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Um die Rolle zu lernen, hätten ihm seine Mutter und sein Vater das Buch vorgelesen.

"Die Blechtrommel" von Günter Grass

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Schlöndorff katapultierte sich mit der "Blechtrommel" in eine neue Liga. "Am Tag nach dem Oscar bekam ich ein Angebot von Steven Spielberg. Er arbeitete beim Fernsehen und machte 'Twilight Zone'. Er war beeindruckt von meinem Film und sagte: 'Du könntest doch eine Episode machen'", erinnerte sich der Regisseur im DW-Interview 2017. Doch er lehnte ab: "Ich hab' ja jetzt Carte Blanche und kann in Europa machen, was ich will. Warum soll ich nach Hollywood auswandern?" 

Daher entschied er sich für "Die Fälschung" mit Bruno Ganz und Hanna Schygulla, ein Drama in Angesicht des damaligen Libanonkriegs. Die Bauchentscheidung zahlte sich aus, bereits drei Jahre später bekam er erneut ein Angebot aus Hollywood: Wieder einmal verfilmte er einen Jahrhundertroman, diesmal Arthur Millers "Tod eines Handlungsreisenden" mit Dustin Hoffman und John Malkovich.

Dieser Oscar prägte ihre Karriere: Regisseur Volker Schlöndorff und Schauspieler David BennentBild: picture-alliance/Eventpress

Proteste gegen Erwachsenenwelt

Schauspieler David Bennent war nach seiner Rolle als Oskar Matzerath, auf die er sich lange Zeit reduziert gefühlt hatte, vor allem auf Theaterbühnen in ganz Europa erfolgreich, spielte mit vielen namenhaften Regisseuren. Ein unerwartetes TV-Comeback bescherten ihm eine kleinere Rolle in der Netflix-Serie "Dogs of Berlin" und Hauptrollen in der Ferdinand von Schirach-Verfilmung "SCHULD" sowie einer "Tatort"-Folge.

"Die Blechtrommel" habe Bennent lebenslang begleitet, auch weil er selbst nie größer als 1 Meter 55 wurde. Der Stoff, sich als junger Mensch der Erwachsenenwelt zu verweigern, habe für ihn bis heute Aktualität. Ob das Publikum das genauso sieht, wird sich an den Kinokassen zeigen.

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