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Die BRICS-Staaten und ihre Haltung zu Russland

Tobias Käufer Bogota
29. März 2022

Lange war es still geworden um die sogenannten BRICS-Staaten. Doch nach dem russischen Überfall auf die Ukraine muss sich der Schwellenländer-Klub entscheiden, wie er zu Russland steht.

Virtuelles Treffen der BRICS-Staaten im September 2021
Virtuelles Treffen der BRICS-Staaten im September 2021Bild: BRICS Press Information Bureau/AP/picture alliance

Rund drei Milliarden Menschen wohnen in den sogenannten BRICS-Staaten. Ein gewaltiger Wirtschaftsraum und eine ebenso große politische Macht. Zu der Vereinigung der aufstrebenden Volkswirtschaften zählen Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine kommt den restlichen vier Ländern im Rahmen der globalen Neuordnung von Wirtschaftsabhängigkeiten und politischen Partnerschaften eine besondere Bedeutung zu. Sie sind Rohstofflieferanten und Handelspartner und können mit ihrer politischen Haltung zum Konflikt einen entscheidenden Einfluss nehmen.

Kredite über BRICS-Bank für Russland denkbar

Zum Beispiel hätte das Bündnis die Möglichkeit, Russland mit Krediten zu unterstützen. "Im Moment ist die Position der BRICS zurückhaltend und es gibt noch keine wirksame politische Koordinierung, um auf die Sanktionen der Vereinigten Staaten und ihrer engsten Partner in Europa zu reagieren", sagt Roberto Goulart von der Universität Brasilia im Gespräch mit der DW. Die Staaten seien wegen der Sanktionen zurückhaltend, Russland Kredite über die BRICS-Entwicklungsbank zu gewähren. Die NDB (New Development Bank)  sammele Geld auf dem internationalen Markt zu niedrigeren Gebühren ein, sagt Goulart. Die BRICS scheuten sich "in diesem Szenario großer Unsicherheit politischen Positionen zu beziehen."

Ähnlich sieht es Ignacio Bartesaghi, Direktor des Institutes für Internationalen Handel der Katholischen Universität in Uruguay, der die vier anderen BRICS-Staaten noch einer Findungsphase sieht: "Sie haben noch keine klare Strategie festgelegt. Sicher ist, dass wir vor neuen Allianzen, Koalitionen, geostrategischen Partnerschaften stehen", sagt Bartesaghi im Gespräch mit der DW.

Brasilien will Ölproduktion steigern

Larry Fink, Chef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, glaubt, dass die längerfristige Abkopplung Russlands von der Weltwirtschaft gravierende Umwälzungen in den Wirtschaftsbeziehungen untereinander nach sich ziehen wird. Die Staaten würden überdenken, welche Abhängigkeiten bestehen würden und wie diese zu reduzieren seien. Das könne zu einem schnelleren Rückzug aus einigen Ländern führen, schrieb er in einem Aktionärs-Brief, aus dem die FAZ zitierte.

Produktionsstandorte in Mexiko, Brasilien, den USA oder in Südostasien könnten davon profitieren. Brasilia geht bereits in die Offensive. Bergbau- und Energieminister Bento Albuquerque kündigte an, die Ölproduktion bis zum Ende dieses Jahres um bis zu zehn Prozent zu steigern. Das sei Brasiliens Beitrag zur "Stabilisierung der globalen Energiemärkte", so Albuquerque.

Gipfeltreffen der BRICS-Staaten 2019 in BrasilienBild: Reuters/P. Golovkin

Südafrika will seine Gaslieferungen absichern

Vor einer richtungsweisenden Entscheidung steht auch Südafrika. Angesichts steigender Gaspreise und dem sich abzeichnenden steigenden Bedarf für neue Wirtschaftsprojekte will Südafrika dringend seine Versorgung absichern und steht laut dem Investigativ-Netzwerk Amabhungane vor der Entscheidung, mit wem das angepeilte Flüssiggas-Geschäft in Milliardenhöhe abgeschlossen werden soll. Im Rennen seien die staatliche Ölgesellschaft Aserbaidschans SOCAR, und die Gazprombank, die dem staatlichen russischen Erdgasversorger Gazprom gehört. Beide würden Angebote erwägen. Dagegen habe Shell bestätigt, dass der Konzern nicht mitbieten werde. Südafrika muss sich also entscheiden, ob es trotz der geopolitischen Weltlage mit Gazprom Geschäfte macht oder nicht und wie das Land zur Ukraine steht.

Indien und China: Politischer Einfluss

Deutlich größer als Brasilien und Südafrika dürfte aber das Gewicht Chinas und Indiens sein. Erst vor wenigen Tagen begrüßte der russische Außenminister Sergei Lawrow die Botschafter der BRICS-Länder. Die Message des Treffens in Richtung Europa und USA nach russischer Lesart: Moskau ist nicht alleine. Die anderen vier Staaten haben indes eigene Interessen: Indien ist wie Brasilien und Südafrika bislang mit seinem Wunsch nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat abgeblitzt. Die Washington Post berichtete, dass das Land begonnen habe, trotz der westlichen Sanktionen Öl aus Russland zu kaufen, indische Banken prüften zudem einen Rupie-Rubel-Deal. Das könne ein Signal sein, dass Indien bereit ist, Russland zu unterstützen. Indien würde sich dann gegen das westliche Bündnis stellen.

Der wichtigste Machtfaktor im BRICS-Raum bleibt ohnehin die Weltmacht China, die aufgrund ihrer Wirtschaftskraft und ihrem politischen Einfluss längst aus dem Status einer "aufstrebenden Volkswirtschaft" herausgewachsen ist, Das war noch so, als sich das Bündnis 2006 zusammenfand. In Brasilien, Südafrika und Indien schauen die Regierungen genau hin, wie sich China nun positioniert.

Zuletzt hieß es aus Peking, die Freundschaft zu Russland kenne keine Grenzen, zugleich aber sei auch die Souveränität der Ukraine zu respektieren. Die BRICS-Staaten könnten für eine offene Positionierung einen Preis vom Westen einfordern. Und der könnte neben einem Status-Gewinn bei den UN auch mehr Einfluss und Gewicht beim Internationalen Währungsfonds (IWF) oder der Weltbank bedeuten. China wiederum könnte darauf drängen als Vermittler im den Konflikt akzeptiert zu werden. Das würde den weltpolitischen Aufstieg Pekings bestätigen.

Mitarbeit: Ramona Samuel (Rio de Janeiro)

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