(kann leer bleiben)
11. Februar 2011Ein Traumstart wird das wohl nicht für die Christdemokraten, wenn am 20. Februar in Hamburg der Wahl-Marathon beginnt. Nur ein Wunder könnte CDU-Bürgermeister Christoph Ahlhaus noch retten. Im Sommer erst war er in dieses Amt gekommen, als sein Parteifreund und langjähriger Vorgänger Ole von Beust zurücktrat, einfach so, um mehr Zeit für sich zu haben. Beust hatte den Stadtstaat seit 2001 regiert, in wechselnden Konstellationen, zuletzt sehr harmonisch mit den Grünen.
Unter Ahlhaus aber, dem vorherigen Innensenator, war es mit der Harmonie bald vorbei; Ende November 2010 kündigten die Grünen die Koalition. Die Sozialdemokraten reagierten blitzschnell und stellten für die nun fälligen Neuwahlen den beliebten Ur-Hamburger Olaf Scholz als Spitzenkandidaten auf. Gegen ihn, das zeigten die Umfragen bald, ist der Heidelberger Ahlhaus chancenlos. Für die CDU wird es deshalb am Abend des 20. Februar wohl heißen: Abhaken und nach vorn blicken, vor allem auf den Super-Wahltag im Super-Wahljahr, den 27. März.
Schicksalswahl im Ländle
Dann geht es in Baden-Württemberg für die CDU ums Ganze. Seit 1953 hat immer ein Christdemokrat das Ländle regiert, jetzt aber muss Ministerpräsident Stefan Mappus zittern. Er kam auch erst vor einem Jahr ins Amt, nachdem Vorgänger Günter Oettinger EU-Kommissar geworden war. Schon nach wenigen Monaten geriet Mappus angesichts der Massenproteste gegen den Bau eines unterirdischen Hauptbahnhofs in Stuttgart stark unter Druck, während die Grünen massiv Zuspruch gewannen. Allerdings ging dieser Zuspruch vor allem zu Lasten der SPD, die in der Bahnhofsfrage keine eindeutige Position vertritt. Inzwischen kann die CDU sogar hoffen, von einem wachsenden Unmut über die anhaltenden Proteste zu profitieren.
Mit großer Sicherheit wird die CDU nach der Baden-Württemberg-Wahl erneut die mit Abstand stärkste Fraktion im Landtag stellen. Ob es dann auch wieder zum Bündnis mit der FDP reicht, die in Umfragen stark geschwächt da steht, das ist die große Frage.
Falls nicht und falls stattdessen eine grün-rote Koalition ans Ruder kommen sollte, hätte die ganze CDU und damit auch Parteichefin Angela Merkel ein Problem. Ein solches Ergebnis hätte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Ende der langjährigen SPD-Vorherrschaft in Nordrhein-Westfalen 2005, das auch das Ende der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder eingeläutet hatte.
Folgen für Merkel - so oder so
Sollte sich aber Mappus im Amt behaupten, wäre damit ein erklärter Exponent des konservativen Flügels der Christdemokraten gestärkt. Manche Beobachter sehen auch darin eine Gefahr für die eher liberale Parteichefin. Aber als gute Helmut-Kohl-Schülerin dürfte es Angela Merkel eher begrüßen, wenn die konservative Strömung in der Partei, die sich von ihr etwas vernachlässigt fühlt, ein starkes Aushängeschild bekommt. Denn dass die Union nur gedeiht, wenn sie all ihre Wurzeln pflegt, das dürfte Merkel gelernt haben.
Falls Baden-Württemberg für die CDU verloren geht, wird sich wohl kaum mehr jemand für die parallel stattfindende Wahl in Rheinland-Pfalz interessieren. Falls nicht, könnte vom anderen Rheinufer zusätzliches Licht auf Merkels Truppe strahlen. Denn die CDU, die vor fünf Jahren 13 Prozentpunkte hinter der SPD aus der Wahl gegangen war, hat diesmal gute Chancen gleichzuziehen. Ihre junge Spitzenkandidatin Julia Klöckner hat die jahrzehntelang zerstrittene rheinland-pfälzische CDU hinter sich vereinen können und führt einen erfrischenden Wahlkampf. Zwar rechnet kaum jemand damit, dass sie den hoch angesehenen, langjährigen "Landesvater" Kurt Beck aus dem Ministerpräsidenten-Amt drängen kann. Aber ein Achtungserfolg ist wahrscheinlich. Es wäre wohl der letzte für die CDU in diesem Superwahljahr.
Meist bleibt nur die Nebenrolle
Auch wenn es noch lange hin ist bis zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern Anfang September: Die Chancen, dort wieder den Ministerpräsidenten zu stellen, liegen nahe Null. Vielleicht gelingt es der CDU im vierten Anlauf, wieder stärkste Kraft zu werden - aber dann wohl eher, weil die bisher knapp vorn liegende SPD schwächelt.
Bei der Bremer Bürgerschaftswahl im Mai und der Berliner Abgeordnetenhauswahl im September spielen die Christdemokraten bloß eine Nebenrolle ohne Chancen auf Regierungsbeteiligung.
Aber eine Woche vor Baden-Württemberg, am 20. März, steht für die CDU noch etwas auf dem Spiel. Dann wählt Sachsen-Anhalt. Der im Lande fast verehrte, 75-jährige Ministerpräsident Wolfgang Böhmer tritt nicht wieder an. Statt ihm schickt die CDU den bisherigen Wirtschaftsminister Reiner Haseloff ins Rennen. Der gilt als farblos, viele Wähler kennen ihn noch nicht einmal. Trotzdem besteht kaum ein Zweifel, dass die CDU wieder als stärkste Partei aus dem Rennen gehen wird. Die große Frage aber wird sein, ob die SPD die Koalition mit ihr fortsetzt oder diesmal mit der Linkspartei in einer Regierungskoalition zusammengeht.
Mit Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg könnte die CDU also zwei Bundesländer verlieren. Aussichten, ein Land dazuzugewinnen, hat sie dagegen nicht. Es wird ein Wahlmarathon, der von den Christdemokraten nicht nur eine gute Kondition verlangt, sondern auch gute Nerven.
Autor: Peter Stützle
Redaktion: Kay-Alexander Scholz