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Die Deutsche Bank sucht die Zukunft

Henrik Böhme z:zt. Frankfurt am Main
18. Mai 2017

Deutschlands größtes Geldhaus hat harte Zeiten hinter sich. Jetzt glaubt man, das Schlimmste hinter sich zu haben. Das war die Hauptbotschaft an die Aktionäre. Ex-Vorstände will man jetzt zur Kasse bitten.

Deutsche Bank CEO Cryan bei der Hauptversammlung in Frankfurt
Wo ist bloß die richtige Strategie? Deutsche Bank-Chef John Cryan auf der Hauptversammlung in FrankfurtBild: Reuters/R. Orlowski

In der Frankfurter Festhalle treten üblicherweise Stars der Musikszene auf - und während der Automesse in der Stadt am Main verwandelt ein großer schwäbischer Autobauer das alte Gemäuer in einen Tempel der Mobilität. Und alle Jahre wieder lädt die Deutsche Bank, deren Hauptquartier nur ein paar Hundert Meter entfernt ist, ihre Aktionäre hierher zur Hauptversammlung ein. 9000 Anmeldungen lagen der Bank vor, am Ende waren es 3600 Besitzer von Deutsche Bank-Aktien, die den Weg in die Festhalle gefunden hatten. Für die war gut gesorgt: 8000 belegte Frühstücksbrötchen, 10.000 Frankfurter Würstchen zu Mittag und 14.000 Stück Blechkuchen, darunter "Großmutters Apfelschnitte",  für den Nachmittag.

"Zehn verlorene Jahre"

Allein: Trösten kann so etwas die gebeutelten Anteilseigner nicht. Denn die einst so stolze Bank ist arg ramponiert, war am "Rand der Kernschmelze", wie es Klaus Nieding sagte, der Vizepräsident der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Die vergangene Dekade "waren zehn verlorene Jahre", wie auch Ingo Speich von Union Investment beklagte.  Allein seit 2012 hätten die Aktionäre rund ein Drittel an Wertverlusten erlitten. Auch Andreas Thomae, Fondsmanager von Deka Investment, die über rund ein Prozent der Anteile verfügt, warf einen Blick zurück und beklagte einen Vertrauensverlust. Und stellte die Frage: "Was ist eigentlich das neue an der neuen Strategie?"

Britisch-österreichisches Duo: John Cryan, Deutsche Bank-Chef (links) und sein Chefkontrolleur Paul AchleitnerBild: REUTERS

"Lauter deutsche Namen!"

Diese hatte Vorstandschef John Cryan zuvor den Aktionären nochmals vorgestellt. In drei Geschäftsbereichen will die Bank zu alter Größe zurückfinden: Eine Unternehmens- und Investmentbank, eine Privat- und Firmenkundenbank und die Vermögensverwaltung. "Lauter deutsche Namen!", wie der Brite Cryan süffisant anmerkte, der seine Rede selbst wie immer seit seinem Amtsantritt vor bald zwei Jahren auf deutsch hielt. Überhaut war er bemüht zu zeigen, wie die Bank wieder zu alter Größte kommen will: Mit der Besinnung "auf unsere Wurzeln". Schließlich sei die Deutsche Bank vor fast 150 Jahren gegründet worden, um "deutsche Unternehmen in alle Welt begleiten zu können", warf Cryan einen Blick zurück. Und genau da wolle man wieder hin, nachdem der Ausflug in die große, weite Welt vor allem gründlich in die Hose gegangen ist.

"Das Schlimmste hinter uns"

15 Milliarden Euro hat die Deutsche Bank seit 2012 an Strafen gezahlt für die Verfehlungen der Vergangenheit. In einer am Vorabend der Hauptversammlung ausgestrahlten Dokumentation des Zweiten Deutschen Fernsehens war von 8000 offenen Rechtstreitigkeiten die Rede, von denen 15 von der Bank als hochriskant eingeschätzt werden, wie Karl von Rohr, Rechtsvorstand der Bank, sagte. Anders klang das bei John Cryan: "Wir gehen davon aus, das wir das Schlimmste hinter uns haben."               

Wie kritisch die Lage wirklich war, lässt sich an einer Zahl gut ausmachen: Sage und schreibe 82 Mal habe sich der Aufsichtsrat der Bank im vergangenen Jahr getroffen, sagte Paul Achleitner, der Chef des Kontrollgremiums. Ein Rekord, der höchstens noch von den Kontrolleuren bei Volkswagen übertroffen worden sein könnte. Und es war ja auch dramatisch, als der Aktienkurs im Herbst kurzzeitig unter 10 Euro stürzte - und man in Berlin schon über eine staatliche Rettungsaktion nachdachte. Denn plötzlich war die Bank nur noch 14 Milliarden Euro wert - und aus den USA waren gerade Vergleichsforderungen in gleicher Höhe bekannt geworden. 

Ackermann und Co sollen zahlen

Achleitner, der in seiner Eröffnungsrede mehrfach von Zwischenrufen unterbrochen wurde, überraschte die Aktionäre mit der Mitteilung, dass man ehemalige Vorstandsmitglieder für die milliardenteuren Verfehlungen in der Vergangenheit zur Kasse bitten will. Er erwarte in den nächsten Monaten eine Regelung, "die einen wesentlichen finanziellen Beitrag der Betroffenen sicherstellt". Seit längerem sei zusammen mit externen Juristen die Frage einer persönlichen oder kollektiven Verantwortung geprüft worden. Namen nannte Achleitner nicht, es ist jedoch davon auszugehen, dass darunter die Ex-Chefs Josef Ackermann und Anshu Jain sind.

Proteste gehören dazu: Vor dem Eingang zum Tagungsort in FrankfurtBild: DW/H. Böhme

Fragwürdige Finanzierungspraktiken

Kritik an den Geschäftspraktiken der Deutschen Bank gab es schon vor Beginn der Hauptversammlung, wie immer machten vor der Festhalle einige Demonstranten auf "schmutzige Geschäfte" der Bank aufmerksam. So habe sich die Bank zwar im vergangenen Jahr entschlossen, auf die Finanzierung von Kohleabbau-Projekten zu verzichten, dennoch gebe es noch immer Aktivitäten in diesem Bereich, hieß es vom Dachverband der Kritischen Aktionäre und der Umweltorganisation Urgewald. So helfe die Bank in der Dominikanischen Republik bei der Finanzierung von zwei neuen Kohlekraftwerken namens Punta Catalina. Besonders pikant dabei: Bauherr ist der brasilianische Baukonzern Odebrecht, der inmitten eines gigantischen Korruptionsskandals steht. Ernsthafte Korruptionsbekämpfung, wie es sich die Deutsche Bank auf die Fahnen geschrieben habe, müsse bedeuten, aus diesem Projekt sofort auszusteigen.

Alles in allem aber machte die Hauptversammlung deutlich, dass die Deutsche Bank zurück auf dem Weg in die Normalität ist. Auch wenn der Aktienkurs mit aktuell rund 16 Euro weit von alten Höhen entfernt ist, auch wenn ein Aktionär nach dem Einstieg eines chinesischen Großaktionärs von der Bank als "chinesisch-russisch-katarischer Zockerbude" sprach: Insgesamt verlief das Aktionärstreffen beinahe normal. Aufsichtsratschef Achleitner wurde mit 93,51 Prozent für weitere fünf Jahre in das Kontrollgremium gewählt. 2012 hatte er noch eine Zustimmung von 98,6 Prozent erhalten. 

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