Stundenlang waschen und polieren, dann den Wackeldackel auf der Hutablage zurechtrücken: Die Ausstellung "Geliebt. Gebraucht. Gehasst" beleuchtet die besondere Beziehung der Deutschen zu ihren Autos über die Jahrzehnte.
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Die Kultautos der Deutschen
Autofreaks bekommen vor Rührung feuchte Augen, wenn sie diese alten Modelle sehen: VW, BMW, Opel, Mercedes-Benz - Deutschlands Autobauer haben immer wieder Kultobjekte geschaffen. Hier sind die schönsten Karossen.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel
Trabant 601 (1964)
Was der Käfer im Westen war, war der Trabant im Osten. Ein Fahrzeug für die Massen, billig hergestellt, die Außenhaut war aus Kunststoff. Heute sind immer noch etwa 33.000 Trabis auf deutschen Straßen unterwegs. Richtig berühmt wurden sie in der Nacht des Mauerfalls, als DDR-Bürger unter Jubel und Applaus mit ihren Autos über die offene deutsch-deutsche Grenze rollten.
Bild: Imago/Sven Simon
VW Käfer (1938)
Er läuft und läuft und läuft - und wurde mehr als 21 Millionen Mal gebaut: Der Käfer von Volkswagen ist das berühmteste Auto der Welt. Von 1938 bis 2003 wurde er in seinem typischen, nur wenig veränderten Original-Look hergestellt. So kennt man ihn auch aus vielen Filmen: als "Herbie" etwa in der gleichnamigen US-Filmreihe oder als deutsches Kino-Pendant namens "Dudu".
Bild: picture-alliance/dpa
VW T1 (1950)
Dass bunt bemalte Bullis zu einem Symbol der Hippie-Bewegung wurden, war Volkswagen aus Image-Gründen zunächst gar nicht recht. Dem Absatz hat es aber nicht geschadet: Über 10 Millionen Mal haben sich die VW-Busse bis heute verkauft, darunter 1,8 Millionen T1. Die Busse haben ebenfalls eine beachtliche Filmkarriere vorzuweisen - allerdings bisher nur in Nebenrollen.
Bild: DW/M. Reitz
Messerschmitt Kabinenroller (1953)
Drei Räder, eine aerodynamische Karosserie und bis zu 90 km/h schnell - die Form zeigt deutlich, dass Messerschmitt mal Flugzeuge baute. Nach Ende des II. Weltkriegs standen die Produktionshallen leer, und Konstrukteur Fritz Fend suchte einen Partner für seine "Flitzer". Doch die Kooperation hielt nur kurz: Ab 1956 produzierte Messerschmitt wieder Flugzeuge, und Fend gründete sein eigenes Werk.
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Mercedes 300 SL (1954)
Den englischen Spitznamen „Gullwing“ (Möwenflügel) verdankt er seinen markanten Flügeltüren. Mit dem neuen Silberpfeil 300 SL gelang Mercedes-Benz 1952 ein überraschendes Comeback in die Motorsportwelt: Nach Siegen beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans und der Carrera Panamericana beschloss man, den Sportwagen in Serienproduktion auf die Straße zu bringen.
Bild: Daimler AG
BMW Isetta (1955)
Zugegeben: "Isetta" von BMW ist vielleicht kein schneller Flitzer, dafür trug sie zwischen 1955 und 1962 zum finanziellen Erfolg von BMW bei. Sie war günstig und praktisch. "Isetta" war ein Rollermobil und besaß einen umgebauten Motorradmotor. Aus Platzgründen stieg man vorne durch die Fronttür ein, an der auch das Lenkrad montiert war.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel
Goggomobil (1955)
Noch ein kultiges Rollermobil ist der Goggo - benannt nach dem Enkel des Chefs der Hans Glas GmbH. Im Gegensatz zum KR und zur Isetta bot der Goggo bis zu vier Personen Platz. In der Theorie jedenfalls, der Innenraum war mit 1,60 Meter Länge ziemlich beengt. Beliebt waren die Rollermobile vor allem deshalb, weil ein Motorrad-Führerschein genügte, um Fahrzeuge bis 250 cm³ Hubraum zu fahren.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Gollnow
Porsche 911 (1963)
Mit seiner über 50-jährigen Produktionsgeschichte gehört der "Neunelfer" zu den langlebigsten Modellen der Automobilgeschichte. Über alle Varianten hinweg hat sich das Porsche-Vorzeigemodell einen hohen Wiedererkennungswert bewahrt: Die markanten Scheinwerfer, das abfallende Heck - einen 911 erkennt man sofort.
Bild: picture-alliance//HIP
Mercedes-Benz 600 (1964)
Autotelefon, Klimaanlage und Kühlfach: Der 600 war die deutsche Luxuslimousine der 1960er und 70er Jahre. Die Liste der berühmten Besitzer ist endlos: Vom Papst über Sowjetführer Leonid Breschnew bis hin zu John Lennon und Elizabeth Taylor - sie alle schätzten den Komfort aus dem Hause Daimler-Benz. Nur der Bundesregierung war der Wagen zu teuer. Für große Staatsbesuche wurde der Wagen gemietet.
Bild: picture-alliance/dpa
Opel Kadett B (1965)
"Egal ob Limousine, Kombi oder Coupé, das allergeilste Auto ist ein Kadett B" rockte einst die deutsche Punkband WIZO. 2,7 Millionen Käufer fanden das auch und machten den Wagen zu einem der erfolgreichsten Modelle des Herstellers aus Rüsselsheim. Noch vor seinem Konkurrenten Volkswagen benutzte Opel Anfang der 1970er Jahre für den Kadett B den schlichten Werbeslogan "Das Auto."
Bild: S. Storbeck
Wartburg 353 (1966)
Der im VEB Automobilwerk Eisenach gefertigten Wartburg - nach dem Wahrzeichen der Stadt benannt - wurde hauptsächlich für den Export aus der DDR produziert. Die günstigen Wagen fanden in Ländern wie Ungarn und Großbritannien Abnehmer. In der Bundesrepublik hingegen wollte so gut wie niemand ein ostdeutsches Auto - das wäre einem politischen Statement gleichgekommen.
Bild: picture-alliance/ZB/J. Wolf
NSU Ro 80 (1967)
Als Autohersteller NSU den Ro 80 vorstelle, horchte die Konkurrenz auf: das erste Auto mit einem Kreiskolben- oder auch Wankelmotor, benannt nach dem Erfinder Felix Wankel. Damit sicherte sich der Ro 80 den Titel "Auto des Jahres 1967". Doch die Technik war noch nicht ganz ausgereift und NSU tauschte in Panik vorsorglich die Motoren aus - das verschreckte die Kunden und der Wagen floppte.
Bild: picture-alliance/dpa/W. Gutberlet
Mercedes Benz /8 "Strich-Acht" (1968)
Die etwas biedere Limousine aus der Baureihe W 114/115 war mit einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h nicht gerade der schnellste Mercedes. Für Staunen sorgen dafür Wagen mit mehreren Millionen Kilometer auf dem Zähler. Die Qualität hat bis Produktionsende 1972 insgesamt 1,9 Millionen Käufer überzeugt - und das Auto bis heute zu einem Liebhaberstück gemacht.
Bild: R. Stricker
Opel GT (1968)
"Nur fliegen ist schöner", bewarb Autobauer Opel seine Antwort auf die amerikanischen Muscle Cars: Der Opel GT ist ein echter Traumwagen. Die geschwungenen Kurven der Karosserie waren an das berühmte Design von Coca-Cola Flaschen angelegt und gaben zusammen mit Klappscheinwerfern dem Auto sein besonderes Aussehen. Mit einem erschwinglichen Neupreis von 10.000 DM fand er auch in den USA Beachtung.
Bild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch
VW Typ 181 "Kurierwagen" (1969)
Zunächst für die Bundeswehr produziert, bewarb VW den "Kurierwagen" bald bei jungen Leuten als vielseitiges Freizeitauto. Ziemlich spartanisch eingerichtet bot er wenig Komfort, aber ein zurückrollbares Verdeck machte den Geländewagen zum Cabriolet. Anerkennung fand er vor allem in den USA, wo er nur "The Thing", Das Ding, genannt wurde. Hierzulande wurde er erst nach Produktionsende zum Kultauto.
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Opel Manta (1970)
Eigentlich wollte Opel mit dem Manta 1970 nur einen sportlichen Mittelklasse-Wagen auf den Markt bringen. Der mauserte sich aber schnell zur Kultschleuder für halbstarke junge Männer. Die Folge: unzählige Witze über Manta-Fahrer mit niedrigem IQ. Filmproduzent Bernd Eichinger setzte dem Auto 1991 mit der Komödie "Manta Manta" ein filmisches Denkmal. Til Schweiger hatte die zweite Hauptrolle.
Bild: picture-alliance/dpa
VW Golf (1974)
1974 brachte Volkswagen das erste Golf-Modell auf den Markt. Es gilt als legitimer Nachfolger des beliebten VW Käfers. Für einen kleinen Kompaktwagen war er recht sportlich und vor allem sparsam - in Zeiten der Ölkrise ein wichtiges Kriterium. Er sollte die Massen befördern, doch der Erfolg überraschte sogar VW. Die Cabriolet-Variante wurde mit dem Spitznamen "Erdbeerkörbchen" zum Kult-Auto.
Bild: picture-alliance/dpa
Audi quattro (1980)
"quattro" - die italienische Vier steht für Vierrad-Antrieb. Das Coupé löste damit 1980 Begeisterung aus, denn für eine Limousine war das ein Alleinstellungsmerkmal. Vier Jahre später legte Audi den hier abgebildeten leistungsstärkeren Quattro Sport nach, allerdings wurden nur 220 Stück produziert - ein echtes Sammlerstück. Vom "Urquattro" wurden ingesamt über 11.000 Exemplare gefertigt.
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Der Deutsche und sein Auto - ein emotionales Thema. Das erste Mal vorne sitzen dürfen, den Führerschein bestehen, die Schlüssel des ersten eigenen Wagens in den Händen halten. Erinnerungen voller Glücksgefühle, für viele Generationen. Im Haus der Geschichte Bonn widmet sich ab Freitag (10.03.) eine Ausstellung dem Thema und stellt die Frage nach der sozialen und kulturellen Bedeutung des Automobils in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg.
Sparen für das eigene Gefährt
So richtig angefangen hat es mit der Autoliebe der Deutschen in der Nachkriegszeit. Zwar werben die Nationalsozialisten bereits in den 1930er Jahren für ihren "Kraft durch Freude"-Wagen mit dem Slogan "Fünf Mark die Woche musst Du sparen - willst Du im eignen Wagen fahren!", aber die Sparer erhalten nicht die Möglichkeit, das versprochene eigene Auto zu erwerben. Denn als Hitler seinen Vernichtungsfeldzug beginnt, wird die gerade erst aufgebaute Volkswagenproduktion auf Militärfahrzeuge umgestellt. So kann der von Ferdinand Porsche (1875-1951) konstruierte PKW erst im Dezember 1945 unter britischer Regie in Massenproduktion gehen - und bekommt einen neuen Namen: Käfer.
Motorisierung dank Wirtschaftswunder
In den folgenden zehn Jahren laufen eine Million der rundgeschwungenen Autos vom Band. Die Motorisierung der Bundesrepublik wird Wirklichkeit und der VW Käfer zu einem Symbol des sogenannten Wirtschaftswunders. Ab Mitte der 1950er Jahre haben die Deutschen mehr Geld für Konsumgüter zur Verfügung als bisher. Es herrscht Vollbeschäftigung und durch Massenproduktion werden Konsumartikel außerdem immer günstiger. Auch in die individuelle Mobilität wird nun mehr und mehr investiert. Wer noch keinen PKW-Führerschein besitzt, der leistet sich zunächst ein Motorrad oder einen der schwach motorisierten Rollermobile. Aber das eigene Auto wird für viele zum Traum. Es verspricht Freiheit und lädt zum Reisen ein: Zunächst hauptsächlich innerhalb Deutschlands, später geht es am liebsten über den Brenner nach Italien. Die verschiedenen Modelle mit unterschiedlicher Ausstattung bieten dabei die Möglichkeit, sich individuell auszudrücken und veranlassen den ein oder anderen, sich mit Gleichgesinnten in Clubs zusammen zu tun.
Das Auto, das man fährt, sagt natürlich auch etwas über den sozialen Status aus. Ebenso wer es fährt. Lange ist Autofahren Männersache. So wird es meist mit hübschen, sich auf Motorhauben räkelnden Models beworben. Und Frauen dürfen erst nach 1958 ohne die Erlaubnis des Vaters oder Ehemanns einen Führerschein machen.
Fortbewegungsmittel sozialistischer Art
Auch in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ist ab den 1950er Jahren die Motorisierung ein Thema. In den Kraftfahrzeug-Werken in Eisenach und Zwickau läuft die Produktion der Automarken Wartburg und Trabant an. Aber wer in der DDR ein eigenes Auto erstehen möchte, muss viel Geduld aufbringen: Lieferzeiten von über zehn Jahren sind durch fehlende Produktionskapazitäten üblich. Auch Importwagen sind nur schwer erhältlich und kommen zunächst allein aus den sozialistischen Bruderländern, wie zum Beispiel der tschechische Skoda oder russische Lada. Erst in den 1970er Jahren importiert die DDR-Staatsführung westdeutsche Autos.
Das Automobil ist auch ein Symbol der deutschen Teilung. Beim Umbau von Autos zu Fluchtwagen beweisen manche viel Kreativität. Aus einem BMW Isetta werden die Heizanlage und Batterie entfernt, um Platz für ein Versteck zu schaffen. Als dann endlich die Grenze am 9. November 1989 öffnet, strömen die Deutschen aus der DDR mit ihren Trabis und Wartburgs "nach Drüben" und werden von ihren Landsleuten jubelnd begrüßt.
Nachlassende Euphorie
Im Westen werden Autos jedoch seit den 1970er Jahren zunehmend kritisch gesehen. Im Zuge der Ölkrise 1973 und angesichts zehntausender Tote pro Jahr im Straßenverkehr entfacht eine heftige Debatte um ein generelles Tempolimit auf deutschen Straßen. Der Autoclub ADAC wehrt sich mit der Parole "Freie Bürger fordern freie Fahrt". Letztlich kann die SPD-geführte Bundesregierung nur auf Bundes- und Landstraßen ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern durchsetzen, für Autobahnen wird eine unverbindliche Richtgeschwindigkeit von 130 km/h ausgesprochen.
Als weitere Maßnahme zur Verkehrssicherheit wird 1976 das Anlegen eines Sicherheitsgurts zur Pflicht, was in der Republik allerdings für regelrechte Grabenkämpfe sorgt. Die Anschnallpflicht wird als Eingriff in die individuelle Freiheit gesehen und Frauen fürchten um ihre Oberweite. Es möchte einfach keiner wirklich gerne über die Gefahren der so liebgewonnenen motorisierten Fortbewegung nachdenken. Schließlich sollen Werbekampagnen die Bürger zum Angurten bewegen, doch den größeren Effekt erzielt erst ein 1984 eingeführtes Bußgeld.
Das Ende der Autos, wie wir sie kennen?
Im Zuge der Debatte um ein Baumsterben in deutschen Wäldern Anfang der 1980er Jahre wird auch die Umweltverschmutzung durch PKWs ein Thema. Die Bundestagsabgeordneten der Grünen ersetzen 1983 Dienstwagen durch Fahrräder, um für eine umweltfreundlichere Fortbewegung zu werben.
Bis in die Gegenwart hält die Diskussion um eine Verringerung des Schadstoffausstoßes und einen niedrigeren Spritverbrauch an. Erst kürzlich hat sie durch die VW-Abgasaffäre - Volkswagen hatte mit Tricks Abgasnormen umgangen - neue Brisanz erhalten. Wurde in den 1980ern noch die Lösung in Katalysatoren und bleifreiem Kraftstoff gesucht, rückt heute nicht nur das Ende der Ära der Verbrennungsmotoren in greifbare Nähe, sondern man denkt auch über neue Beförderungskonzepte nach.
Mit Carsharing, dem unkomplizierten Kurzzeit-Mieten von Autos, gehen immer mehr Deutsche weg vom eigenen Fahrzeug. Und die Industrie arbeitet mit Hochdruck an selbstfahrenden Autos, darunter der Elektroauto-Hersteller Tesla und Google-Mutterkonzern Alphabet. Liegt die Zukunft der Autos in ihrem Selbstzweck, der reinen Fortbewegung? Das ist nun auch wieder unwahrscheinlich. Nach wie vor empfinden viele Deutsche eine tiefe emotionale Bindung zu ihrem Gefährt.
"Geliebt. Gebraucht. Gehasst. Die Deutschen und ihre Autos" heißt die neue Ausstellung im Haus der Geschichte in Bonn, die am 10. März eröffnet und bis zum 21. Januar 2018 andauert. Zu sehen sind der originale Manta aus dem Film "Manta, Manta" mit Til Schweiger sowie 800 weitere Ausstellungsstücke.