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Politik

"Die Diesel-Krise ist noch nicht vorbei"

26. Mai 2018

Das Bundesverkehrsministerium stand im Dieselskandal fest hinter den deutschen Autobauern. Allmählich wird der Geduldsfaden in Berlin jedoch dünner. Zumal die Manager mit weiteren Hiobsbotschaften rechnen.

Symbolfoto Dieselskandal
Bild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Rupert Stadler ist Chef bei Audi und außerdem schwer unter Druck. Vorletzte Woche erst war die Nobelmarke von VW erneut mit einem Abgasbetrug aufgefallen. Und zwar ausgerechnet bei Fahrzeugen, die als angeblich sauberer Ersatz für die älteren Schummeldiesel vermarktet wurden. Rücktrittsforderungen weist Stadler jedoch weit von sich: "Ich bin nicht der Typ, der die Flinte ins Korn wirft", sagte er der "Augsburger Allgemeinen".

Stattdessen geht der Vorstandschef des Ingolstädter Autobauers in die Offensive: Durch eine "lückenlose Aufklärung" stoße Audi immer noch auf "Auffälligkeiten". Diese würden "unverzüglich" den Behörden gemeldet. "Neue Rückrufe sind nicht die Folge von Untätigkeit, sondern im Gegenteil das Ergebnis konsequenter Aufklärung", sagte der Audi-Chef. Sein Fazit: "Die Diesel-Krise ist noch nicht vorbei."

Audi-Chef Rupert Stadler Bild: Reuters/L. Barth

"Sehr ärgerlich"

Das unionsgeführte Bundesverkehrsministerium ist dafür verantwortlich, dass die deutsche Autoindustrie im Abgasskandal um manipulierte Motorsoftware bisher mit preiswerten Updates davongekommen ist. Doch inzwischen wächst auch dort die Kritik an den Managern. "Es sollte nicht so ein, dass immer wieder erst durch Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamts Missstände bekannt werden", sagte der parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Steffen Bilger (CDU), der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". Vielmehr müssten die Hersteller von sich aus offenlegen, wo noch Nachbesserungen erforderlich sind.

Bilger fügte hinzu, es wäre "sehr ärgerlich", wenn die Autohersteller nicht alles tun würden, um die Probleme beim Diesel in den Griff zu bekommen. Der Staatssekretär sagte weiter, sein Haus sei nicht an einem Streit mit einzelnen Herstellern interessiert, "aber wir werden alles tun, um zu gewährleisten, dass die Fahrzeuge auf unseren Straßen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben unterwegs sind".

US-Umweltbehörde beklagt VW-Firmenkultur

Die Zweifel am Aufklärungswillen der Autobosse kommen nicht von ungefähr. Wesentliche Erkenntnisse über die Abgasmanipulationen stammen von technischen Ermittlern bei Behörden oder Umweltverbänden. Aufgedeckt wurde der ganze Skandal vor rund drei Jahren von der US-Umweltbehörde EPA, die illegale Abschalteinrichtungen bei Volkswagen nachweisen konnte. Und noch heute bescheinigt die US-Behörde dem VW-Konzern unverändert große Defizite in der Firmenkultur.

Bild: picture-alliance/dpa/M. Kusch

"Die VW-Geschichte ist nicht vorbei – nicht für VW und nicht für die EPA", sagte Christopher Grundler, Direktor der Abteilung Verkehr und Emissionen bei der EPA, dem "Handelsblatt" und der "WirtschaftsWoche". Der von den US-Behörden nach Wolfsburg entsandte Aufseher Larry Thompson, mit dem er sich regelmäßig austausche, sei "überhaupt nicht zufrieden".

"Für die EPA zählt Compliance, bei der der Geist von Gesetzen respektiert wird und es nicht nur um die Buchstaben des Gesetzes geht. Ich will unbedingt von VW hören, was ihre Anstrengungen diesbezüglich sind und wie sie sicherstellen, dass so etwas (wie der Diesel-Skandal) nie wieder passiert," ergänzte Grundler.

VW-Chef stoppt Fertigung wichtiger Diesel-Modelle

Bei Volkswagen müssen mehrere Modelle mit 2.0-TDI-Motor nach Medieninformationen aus der Produktion genommen werden. Konzernchef Herbert Diess habe einen Fertigungsstopp für die betroffenen Passat und Passat Variant mit Frontantrieb und Siebengang-DSG sowie für das Modell Arteon verhängt, berichtet die "Automobilwoche".

Volkswagen Arteon: Auch das Flaggschiff unter den VW-Modellen hat ProblemeBild: 2017 Volkswagen AG

 "Fahrzeuge, die bereits produziert worden sind, können nicht mehr an Kunden oder Endabnehmer ausgeliefert werden", zitiert das Blatt aus internen Unterlagen. Auf Anfrage der Branchenzeitung erklärte VW, die gelbe Motorkontrollleuchte könne auf einen Fehler im Abgasnachbehandlungssystem hinweisen, obwohl kein derartiges Problem bestehe. Das Unternehmen erwarte eine korrigierende Software nicht vor dem vierten Quartal 2018.

Der Daimler-Chef muss zum Rapport

Dem Daimler-Konzern droht derweil der Rückruf von mehr als 600.000 Dieselfahrzeugen. Das Kraftfahrt-Bundesamt gehe einem konkreten Verdacht nach, dass bei diesen Fahrzeugen unzulässige Abschalteinrichtungen die Wirkung des Abgassystems manipulieren, berichtet der "Spiegel". Die Modelle hätten einen vergleichbaren Motor wie der Mercedes-Van Vito mit 1,6-Liter-Motor der Schadstoffklasse Euro 6.

Schummelsoftware beim Mercedes VitoBild: Daimler AG

Für den Transporter hat das Bundesverkehrsministerium den Rückruf von 1372 Fahrzeugen in Deutschland und 4923 Fahrzeuge weltweit angeordnet. Daimler hatte angekündigt, Widerspruch einzulegen und falls erforderlich "die strittige Rechtsauslegung auch vor Gericht klären"  zu lassen. Am Montag muss sich Daimler-Chef Dieter Zetsche bei Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erklären.

rb/sti (afp, dpa, rtr)

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