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Die Dresdner Nachwahl und die Folgen

Steffen Leidel17. September 2005

Rund 220.000 Wähler im Wahlkreis Dresden I können erst später als der Rest der Republik wählen. Was bedeutet das für den Wahlsonntag und das vorläufige Endergebnis? DW-WORLD gibt Antworten.

Wird Dresden die Entscheidung bringen?Bild: AP

Warum muss eine Nachwahl stattfinden?

Der Nachwahltermin am 2. Oktober für den Wahlkreis Dresden I war nach dem Tod der dortigen NPD-Direktkandidatin am 7. September notwendig geworden. Alle dort bisher per Briefwahl abgegebenen Stimmen werden vernichtet. Nachwahlen in einzelnen Wahlkreisen sind zwingend, wenn amtlich zugelassene Direktkandidaten vor dem Wahltermin sterben. Dies schreiben das Bundeswahlgesetz (Paragraf 43) und die Bundeswahlordnung (82) vor. Die Nachwahl muss spätestens sechs Wochen nach dem Haupttermin stattfinden.

Welches Ergebnis wird der Bundeswahlleiter präsentieren?

Das vorläufige Endergebnis der Bundestagswahl wird nach Angaben des Bundeswahlleiters voraussichtlich am Montag in den frühen Morgenstunden veröffentlicht. Dieses vorläufige Endergebnis wird keinerlei Zahlen für den Wahlkreis 160 Dresden enthalten. Weder werden Ergebnisse der vorangegangenen Wahl als Ersatz genommen noch Durchschnittswerte der übrigen Wahlkreise. Das vorläufige Wahlergebnis müsse auf der Auswertung des tatsächlichen Wählerwillens beruhen, begründete das Büro des Bundeswahlleiters die Entscheidung.

Kann die Veröffentlichung des vorläufigen Endergebnisses noch angefochten werden?

Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch (14.9.2005) entschieden, dass das vorläufige amtliche Endergebnis der Bundestagswahl vom 18. September wie geplant noch in der Wahlnacht veröffentlicht werden kann. Die Karlsruher Richter wiesen die Eilanträge mehrerer Bürger gegen eine Veröffentlichung unmittelbar nach der Auszählung als unzulässig ab und verwiesen sie auf Klagemöglichkeiten nach der Wahl. Die Karlsruher Richter fällten also keine inhaltliche Entscheidung über die Argumente der Kläger, sondern verwiesen sie lediglich auf die Wahlprüfungsbeschwerde. Rechtsschutz gegen "Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen", sei nach dem Grundgesetz und dem Bundeswahlgesetz erst nach der Wahl möglich. Nach Artikel 41 Grundgesetz ist für eine entsprechende Prüfung zunächst der Bundestag zuständig; gegen seine Entscheidung ist eine Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig.

Wer hat geklagt und warum?

Gegen die Veröffentlichung des Wahlergebnisses am Wahl-Sonntag hatten mehrere Bürger geklagt. Der Eilantrag der saarländischen Bundestagskandidatin Elvira Ibraimkulova wurde von den Verfassungsrichtern aus mindestens zehn derartigen Anträgen als Muster ausgewählt und als unzulässig zurückgewiesen.

Als Grund für die Klage hatten sie und die übrigen Kläger eine Ungleichheit der Wahl geltend gemacht. Denn in Kenntnis der übrigen Resultate könnten Wahlberechtigte am 2. Oktober in Dresden ihre Stimme gezielt abgeben, um das vorläufige amtliche Wahlergebnis zu beeinflussen. Damit käme ihnen aber ein ungleich größeres Gewicht zu. Damit sei das "Prinzip der gleichen Erfolgschance" verletzt. "Eine Wahl muss immer blind erfolgen und nicht in Kenntnis des Wahlergebnisses", meint zum Beispiel der Verfassungsrechtler Jörn Ipsen.

Inwiefern wird die Dresdner Nachwahl am 2. Oktober das Ergebnis vom 18. September beeinflussen?

Der Bundeswahlleiter hat eingeräumt, dass eine Korrektur der vorläufigen Sitzverteilung auf Grund der Zweitstimmen nach der Nachwahl in Dresden durchaus nötig werden könnte. Damit sich die Zahl der Sitze ändert, müssen nach Schätzungen von Experten zwischen CDU und SPD in Dresden I über 50.000 Stimmen liegen. Ganz unwahrscheinlich ist eine solche nachträgliche Verschiebung nicht. So verlor die FDP bei der Bundestagswahl 1998 zwischen vorläufigem und amtlichem Endergebnis einen Sitz an die PDS.

Zu einer Änderung der Anzahl der Sitze im Bundestag könnte es kommen, sollte eine Partei im Dresdner Wahlkreis Überhangmandate erzielen. Diese kommen zustande, wenn eine Partei in einem Bundesland über die Erststimme mehr Mandate holt, als ihr nach dem Verhältnis der Zweitstimmen eigentlich zustehen würde. Die direkt gewählten Abgeordneten dürfen ihren Sitz dann trotzdem behalten, die Zahl der Sitze im Bundestag erhöht sich. Nach dem derzeitigen Umfragestand ist es möglich, dass die CDU in Sachsen in diese für sie günstige Situation kommt und durch einen Gewinn in Dresden I ein zusätzliches Mandat erringt.

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