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Die Droge Captagon gibt es auch in Deutschland

24. Dezember 2023

Die synthetische Droge Captagon wird für Länder im Nahen Osten, aber auch in Europa zunehmend zum Problem. Was ist Captagon und woher kommt es?

Symbolbild Drogen Captagon Crystal Meth
Bild: Hussein Malla/AP/picture alliance

Deutsche Zollfahnder haben in der Nähe der Stadt Aachen große Mengen der Droge Captagon sichergestellt. Der Wert der 300 Kilogramm schweren Ladung wird auf über 60 Millionen Euro geschätzt und ist die bisher größte Menge Captagon, die bei einer Razzia in Deutschland beschlagnahmt wurde.

Captagon, das gemeinhin als "Kokain des armen Mannes" bezeichnet wird, hat sich unter jungen Erwachsenen im gesamten Nahen Osten und in Nordafrika zur einer begehrten Partydroge entwickelt. Auch in europäischen Ländern könnte sie schon weiter verbreitet sein als bislang angenommen. 

Was ist Captagon?

Die synthetische Droge Captagon wurde ursprünglich in den 1960er und 1970er Jahren in Deutschland hergestellt, wo sie u.a. zur Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen eingesetzt wurde. 1986 wurde Captagon als Medikament wegen schwerer Nebenwirkungen vom Markt genommen. In den frühen 2000er Jahren tauchte jedoch eine Schwarzmarktversion von Captagon in Osteuropa und im Nahen Osten auf.

Kämpfer im Syrien-Konflikt nehmen Captagon gegen Müdigkeit und um ihre Kampfkraft zu steigernBild: Ammar Safarjalani/Xinhua/IMAGO

Wie groß ist das Suchtpotenzial von Captagon?

Die Pille enthält Fenetyllin, ein synthetisches Amphetamin, Koffein und andere Stimulanzien. Die Wirkung von Captagon auf das Nervensystem ist ähnlich wie die von Amphetamin. Als Psychostimulans kann Captagon zu Euphorie, erhöhter Wachsamkeit und gesteigerter körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit führen.

Bei übermäßigem Konsum besteht allerdings die Gefahr, dass kognitive Funktionen beeinträchtigt werden und es zu kardiovaskulären Störungen kommt. Außerdem kann Captagon süchtig machen.

Ein großes Problem besteht darin, dass die Pillen meist in illegalen Laboren hergestellt werden und dass diejenigen, die sie herstellen, meist nur wenig über die Droge wissen. 

Woher kommt Captagon?

Syrien hat sich in den letzten zehn Jahren zum größten Produzenten und Exporteur von Captagon entwickelt. Für Experten gilt das Land mittlerweile als Drogenstaat des Nahen Ostens. Einer Erklärung der britischen Regierung zufolge werden schätzungsweise 80 Prozent des weltweiten Captagon in Syrien hergestellt.

Nach den Protesten des Arabischen Frühlings 2011 ist die Popularität von Captagon in Syrien sprunghaft angestiegen. Untersuchungsberichte von großer Medienhäusern wie etwa der BBC haben aufgedeckt, wie die syrische Drogenindustrie die Captagon-Produktion und den Schmuggel für Drogendealer einfacher gemacht hat.

Der syrische Präsident Bashar al-Assad bestreitet, dass seine Regierung in den Drogenhandel verwickelt ist und Profit damit macht.

Die Regierung von Präsident Bashar al-Assad hat hat die illegale Produktion und den Export von Captagon erlaubt.Bild: FAYEZ NURELDINE/AFP via Getty Images

Aufgrund der strengen internationalen Sanktionen, die seit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 gelten, ist Captagon für die syrische Regierung zu einer wirtschaftlichen Lebensader geworden. Allein im Jahr 2021 erreichte der Drogenhandel mit Captagon in Syrien einen geschätzten Wert von 5,35 Milliarden Euro.

Wohin wird Captagon exportiert?

Die Droge wird vor allem in die Golfstaaten und die Nachbarländer Irak und Jordanien exportiert. Oft werden sie in Produkten wie Getreide und Obst versteckt.

Berichten zufolge ist auch die Hisbollah im Libanon, ein enger Verbündeter des Assad-Regimes, ein wichtiger Hersteller der Droge. Für viele Länder im Nahen Osten wie etwa Jordanien, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ist Captagon zu einem großen Problem geworden.

Die Nachbarländer haben strenge Antidrogengesetze, die harte Strafen für diejenigen vorsehen, die beim Handel erwischt werden. Dennoch wird Captagon noch immer in großen Mengen aus Syrien und dem Libanon geschmuggelt.

Ein ernstzunehmender Akteur im Kampf gegen den illegalen Handel ist Jordanien. Der Außenminister des Landes, Ayman Safadi, gab im Juli 2023 bekannt, dass in den letzten zwei Jahren mehr als 65 Millionen Captagon-Pillen beschlagnahmt worden seien. Die jordanische Armee hat Berichten zufolge entlang der Grenze einen Schießbefehl ("Shoot-to-kill") erlassen. Auch die saudischen Behörden beschlagnahmten im August 2022 über 46 Millionen Pillen, die in einer Lieferung von Mehl über den Trockenhafen von Riad geschmuggelt worden waren.

Wo verbreitet sich Captagon?

Es gibt keine verlässlichen Statistiken über den Konsum von Captagon. Die Behörden wissen nicht, wie stark die Droge weltweit verbreitet ist. Aber die Befürchtungen häufen sich, dass Captagon auch in europäischen Ländern zunehmend zu einem Problem wird.

Ein aktueller Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD)legt nahe, dass Europa zu einem wichtigen Umschlagplatz für Captagon werden könnte. Die jüngste Razzia in Deutschland untermauert diesen Bericht. Darin heißt es, dass zwischen 2018 und 2023 rund 127 Millionen Tabletten (1.773 Kilogramm) der Droge in den EU-Mitgliedstaaten beschlagnahmt wurden. Den größten Fund mit 84 Millionen Tabletten gab es 2020 im italienischen Salerno. 

Berichten zufolge wird Captagon auch in der EU produziert, vor allem in illegalen Labors in den Niederlanden. In der Regel wird die Droge aus Amphetaminpulver hergestellt. Und so unterstreicht der EBDD-Bericht, dass koordinierte EU-Maßnahmen dringend notwendig sind, um gegen die Herstellung von Captagon in der EU vorgehen und verhindern, dass die EU zum Umschlagplatz für Captagon aus dem Nahen Osten genutzt wird.

 

Dieser Artikel wurde erstmals am 19. September 2023 veröffentlicht. Am 21. Dezember 2023 wurde er aktualisiert, um Einzelheiten über die Razzia durch deutsche Behörden zu berücksichtigen.

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