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Bildung

Die eine Hälfte darf nicht lernen

3. Juni 2018

Fast vier Millionen Kinder gehen in Afghanistan nicht zur Schule. Das zeigt ein UNICEF-Bericht. Vor allem Mädchen können oder dürfen häufig nicht lernen. Stattdessen werden sie oft früh verheiratet.

Afghanistan Schule für ehemalige Straßenkinder
Bild: picture-alliance/dpa/V. Melnikov

Im Landesdurchschnitt sind 60 Prozent der Kinder, die nicht zur Schule gehen, weiblich, heißt es in der 120 Seiten langen Studie, die in der afghanischen Hauptstadt Kabul vorgestellt wurde. In einigen Provinzen, darunter Kandahar und Helmland, gingen bis zu 85 Prozent der Mädchen nicht zur Schule. Mehr als 16 Jahre nach Beginn der massiven internationalen Hilfsbemühungen hat demnach knapp die Hälfte aller Kinder zwischen sieben und 17 Jahren keinen Zugang zu Bildung. Weitere 300.000 Schulkinder drohen aus dem System zu fallen.

Die Gründe für die geringen Schülerzahlen seien vor allem der sich verschärfende Krieg mit den radikalislamischen Taliban und zunehmend der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) sowie die wachsende Armut der Menschen. All das führe dazu, dass noch mehr Kinder arbeiten müssten und Mädchen früh verheiratet würden, so UNICEF. Dazu käme die massive Binnenvertreibung. Humanitäre Helfer hatten 2018 bereits mehr als 100.000 Kriegsflüchtlinge registriert.

Kaum Schulabbrecher

Es gibt allerdings auch positive Entwicklungen, die die Studie aufzeigt: Nur relativ wenige Schüler brechen demnach die Schule ab. 85 Prozent der eingeschulten Kinder schließen auch das letzte Grundschuljahr ab. Zudem schaffen 90 Prozent der Mädchen und 94 Prozent der Jungen, die auf eine weiterführende Schule gehen, auch einen Abschluss, der mit einem deutschen in der Sekundarstufe I vergleichbar ist. Daher sei es von entscheidender Bedeutung, die Hürde der Einschulung zu überwinden, so UNICEF, die die Studie mit dem afghanischen Bildungsministerium, der US-Entwicklungsbehörde (USAID) und dem Thinktank Samuel Hall veröffentlicht hat.

Schule statt Straße: Das funktioniert manchmal dank einiger Hilfsprojekte, wie hier in KabulBild: picture-alliance/dpa/V. Melnikov

Der Krieg in Afghanistan hat trotz allem den größten Einfluss auf die niedrigen Schülerzahlen. Der Krieg hat sich vor allem seit Ende der NATO-Kampfmission im Dezember 2014 ausgeweitet. UNICEF warnt, dass in der Nähe von Kampfgebieten Schulen oft geschlossen würden oder Eltern entschieden, ihre Kinder nicht mehr zur Schule zu schicken, weil der Schulweg zu gefährlich sei.

Taliban kontrollieren Schulen

Die Deutsche Presse-Agentur berichtet, dass vor allem die Taliban das Thema Bildung und ihre Kontrolle über Schulen in Aufständischengebieten regelmäßig als Druckmittel einsetzen. Sie wollen damit Forderungen bei der Regierung durchsetzen. In den vergangenen Monaten haben sie in unsicheren Provinzen wie Kundus, Logar oder Baghlan Dutzende Bildungseinrichtungen dichtgemacht. Die afghanische Regierung gibt an, dass wegen des Konflikts derzeit landesweit rund 1000 Schulen geschlossenseien. Inoffiziell dürften es weit mehr sein.

Frühes Training: Der IS übt bereits mit Kindern, wie sie mit Waffen umgehen - wie hier im Jahr 2015 in KunarBild: picture-alliance/dpa/G. Habibi

Die Taliban kontrollieren nach Militärangaben heute wieder mindestens 14 Prozent des Landes. 30 Prozent sollen umkämpft sein. "In Gegenden, die von bewaffneten Oppositionsgruppen kontrolliert werden, variieren die Lehrpläne stark, je nachdem, welcher politischen Richtung der Kommandeur anhängt", warnt UNICEF. Sie entsprächen nur selten den Standards des Ministeriums für Bildung. Der Druck auf die Bildung betrifft vor allem Mädchen. Das liege auch daran, dass es weiterhin viel zu wenige weibliche Lehrer gebe, stellen die Autoren der UN-Studie fest. In konservativen Gegenden wollen Eltern ihre Töchter generell nicht von Männern unterrichten lassen.

jmw/haz (dpa, afp, kna)

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