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Die Entdeckung der Nachhaltigkeit

Curtis Klaus11. April 2003

Die Weltbank und andere internationale Organisationen haben 2002 so wenig wie nie in die ländliche Entwicklung und Infrastruktur afrikanischer Länder investiert. Wer hat eigentlich das Sagen in Sachen "Geldverteilung"?

Will die Weltbank "nachhaltig" reformieren: James D. WolfensohnBild: AP

Der Präsident der Weltbank, James D. Wolfensohn, gehört zu den mächtigsten Männern der Welt. Kein Entwicklungsland, das finanzielle Aufbauhilfe begehrt, kommt an ihm vorbei. 1995 wurde er mit Hilfe des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton ins Amt gehievt. Als größter Anteilseigner der Weltbank bestimmt Washington bis heute, wer im Chefsessel der Weltbank Platz nehmen darf. Und das waren bis jetzt immer US-Amerikaner. Den Europäern steht dafür traditionell der Vorsitz im Internationalen Währungsfonds (IWF) zu.

Wirtschaftsliberalismus nach westlicher Art

Dabei ist Wolfensohn eigentlich kein US-Amerikaner von Geburt. 1933 wurde er in Sydney, Australien, geboren und studierte Jura und Wirtschaft in Sydney und an der renommierten Harvard Universität in den USA. Seinen Kampfgeist trainierte er früh als Fechter und brachte es sogar bis in die australische Olympiamannschaft. Der klavierspielende Musikliebhaber beherrschte auch schon bald die Klaviatur der Finanzwelt. Nachdem er 1980 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, erwarb er sich weitere Meriten als erfolgreicher Investmentbanker und Kulturförderer.

Weltbank Logo

Mit der Übernahme der Weltbank trat Wolfensohn kein leichtes Amt an. Die Weltbank ist in ihrer fast 60-jährigen Tätigkeit immer wieder in die Kritik geraten. Sie gilt als "the lender of last resort", Geldgeber der letzten Instanz, da viele arme Länder, die meist selbst Mitglieder der Weltbank sind, nur noch bei der Weltbank Kredite bekommen. Der Auftrag der Weltbank lautete zunächst nur, das wirtschaftliche Wachstum zu fördern. Dafür mussten die Kreditländer harte Bedingungen erfüllen, wie zum Beispiel das Staatseigentum privatisieren, Finanzmärkte für ausländische Investoren öffnen oder die eigene Währung entwerten, um die Inflation zu drücken.

Wolfensohn im Schafspelz?

Wolfensohn hat in seiner Amtszeit auch die Ökologie entdeckt und setzt sich für ein Umdenken in den eigenen Reihen ein. Seine fast schon "revolutionären" Argumente gegen die entfesselte Globalisierung und für Umweltschutz nahmen sogar den schärfsten Kritikern der Weltbank den Wind aus den Segeln. In ihrem Weltentwicklungsbericht 2003 vom August 2002, kurz vor dem Erdgipfel von Johannesburg, gesteht er schwere Fehler in der Vergangenheit ein und fordert von den reichen Ländern umfassende Veränderungen, wie zum Beispiel die Abschaffung der Agrarsubventionen, damit die armen Länder ihre Produkte besser auf dem Weltmarkt verkaufen können.

Proteste gegen die Weltbank in WashingtonBild: AP

Viele Nichtregierungsorganisationen (NGOs) stehen der Weltbank noch immer skeptisch gegenüber. Der französische Soziologe und Globalisierungskritiker Jean Ziegler glaubt nicht an eine moralische Läuterung der Weltbank: "Die Ideologen der Weltbank verfügen über eine erstaunliche Wandlungsfähigkeit. Für ihre Misserfolge finden sie immer wieder neue Rechtfertigungen."

Ein wichtiger Schritt ist Wolfensohn aber bereits gelungen – eine Strukturreform, die die Arbeit der Weltbank effektiver machen soll. Ob das neu formulierte Ziel, neben dem Wirtschaftswachstum auch etwas gegen die Armut zu unternehmen, wirklich der Anfang einer neuen Entwicklungspolitik wird, muss der Präsident der Weltbank allerdings noch unter Beweis stellen.