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Die EU taugt gut als Feindbild

Kay-Alexander Scholz2. Dezember 2013

Rechtspopulistische Parteien erleben seit einigen Jahren Aufwind in vielen Ländern Europas. Eine neue Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zeigt, wie ernst die Lage ist und wie der Entwicklung gegengesteuert werden kann.

Ausgefranste Europaflagge (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Zunehmender Rechtspopulismus in Europa

01:39

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Rechtspopulistische Parteien haben sich fast überall in Europa als relevante politische Kräfte etabliert. Dieses Bild zeichnet eine Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zum "Aufstieg rechts- und nationalpopulistischer Parteien in Europa", die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Trotzdem könne nicht von einer "Tea-Party in Europa" oder einer neuen Radikalisierung wie zu Zeiten der Weimarer Republik gesprochen werden, wie jüngst die "New York Times" schrieb, sagte der Mitautor der Studie, der Parteienforscher Florian Hartleb. Das Thema sei zu vielseitig und von Land zu Land unterschiedlich.

Die Studie gibt einen Überblick über die Situation in zwölf Staaten der Europäischen Union. Das Klischee, dass rechtspopulistische Parteien meist "Fleisch vom Fleische der konservativen Parteien" seien, dies kann Hartleb nicht bestätigen. Wähler fänden sich in allen sozialen Schichten - und dabei vor allem auch in ehemals sozialdemokratischen Bereichen des Wählermarktes. Grund dafür sei, dass der Schwenk vieler Sozialdemokraten auf einen "Dritten Weg" ab Mitte der 1990er-Jahre "große Wählergruppen politisch heimatlos zurückließ", wie es in der Studie heißt.

Mitautor der Studie: Florian HartlebBild: KAS

Ausweg: Ursachen bekämpfen

Die populistischen Parteien wieder loszuwerden, das sei schwierig, betonen die Autoren. "Am besten sei es, ihren Aufstieg von vornherein zu verhindern, doch dafür ist es in etlichen Ländern bereits zu spät." Die Autoren empfehlen zwei Vorgehensweisen. Zum einen müssten die sozialen Ursachen der Populismusanfälligkeit bekämpft werden, also die Verelendung von Landstrichen oder das soziale Abhängen von Bürgern, die dadurch "anfällig für die einfachen 'Antworten' der Populisten" seien. Zum anderen sollten die etablierten Parteien "bestehende Gesetze nutzen oder gegebenenfalls verschärfen, die bestehende Parallelwelten bekämpfen oder den Missbrauch von Sozialleistungen" ausschließen.

Außerdem müssen Europa und seinen Institutionen neue Stabilität gegeben werden. Denn die "breite Masse der Bürger" müsse überzeugt davon sein, dass "Europa gut für sie ist". Die Bürger hätten sich auf das Stabilitätsversprechen bei Einführung des Euro verlassen. Hier legt die Studie den Finger in die Wunde. Die Populisten hätten mit Europa und der EU eine "neue Mobilisierungsformel gefunden" und daraufhin die "Koordination ihrer Agitation neu justiert". Sie kritisieren die politischen Eliten in Europa, die sich von der Lebenswelt der "einfachen Bürger" entfernt hätten. Europaskepsis sei zwar kein neues Phänomen, aber die Wahlerfolge der EU-Gegner seien bemerkenswert, warnt die Studie. Neben einwanderungskritischen Parolen hätten die Populisten damit ein neues Feld für sich entdeckt.

Europa besser erklären

Der CDU-Politiker Elmar Brok und Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten im Europäischen Parlaments schlug deshalb vor, dass jedes EU-Mitgliedsland eine jährliche Kosten-Nutzen-Analyse der EU-Mitgliedschaft erstellen solle. Die Fakten müssten auf den Tisch, man müsse Europa besser erklären, forderte Brok. Denn es sei nun einmal Tatsache, dass viele politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen nicht mehr nationalstaatlich, sondern nur noch auf gemeinsamer EU-Ebene zu lösen wären.

Die Populisten seien "Kräfte der Verneinung und des Minderwertigkeitsgefühls" und würden keine Vorschläge für die Zukunft machen. Man sollte sie "nicht anfassen", den immer wenn man sich auf sie eingelassen habe, würden die Umfragewerte der anderen Parteien sinken, warnte Brook.

Elmar Brok: Die Fakten müssen auf den TischBild: KAS

Dennoch, das zeigt die Studie, sind in manchen Ländern populistische Kräfte schon weit ins Establishment eingedrungen. Aktuell sind sie in Norwegen Teil der Regierungskoalition. In Großbritannien wurden ihre Forderungen zu Migrationsfragen von der Regierungsseite übernommen.

Eine Bewertung der neugegründeten "Alternative für Deutschland" sei derzeit noch schwierig. Die Partei hat noch kein Programm. Deshalb müsse zunächst die Agenda abgewartet werden, sagte Studien-Autor Hartleb. Mit Blick auf die Europawahlen im Mai 2014 zeigte sich Elmar Brok überzeugt, dass es eine Mehrheit jenseits der Populisten im neuen EU-Parlament geben werde.

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