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Die Extrem-Versicherer

Karl Zawadzky28. März 2004

Nach dem 11. September 2001 haben die meisten Versicherer das Risiko "Terror" aus den Policen herausgenommen. Allerdings gibt es mittlerweile einen Spezialversicherer. Das Geschäft läuft aber schleppend.

Nicht zuletzt auch ein VersicherungsfallBild: AP

Vor dem 11. September 2001 hat es in den meisten Ländern der Welt keine spezielle Terrorversicherung gegeben. Das Risiko terroristischer Anschläge war in den Feuerversicherungen wie selbstverständlich eingeschlossen. Doch nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York haben die Versicherungen das Terrorrisiko aus ihren Policen ausgeschlossen. 16 Unternehmen der deutschen Versicherungswirtschaft reagierten auf diese Notsituation mit der Gründung des Spezialversicherers Extremus. Diese Versicherung deckt Großschäden aus Terroranschlägen ab. Für das letzte Jahr, das erste Geschäftsjahr von Extremus, war erfreulicherweise kein Schaden zu regulieren.

Vorsorge und Fatalismus

Extremus, das Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Versicherungswirtschaft, gewährt für Flugzeuge, Flughäfen, Hochhäuser, Fabrikanlagen und andere Großobjekte Versicherungsschutz, den ein Unternehmen der Assekuranzbranche allein nicht tragen kann. Doch Bruno Gas, der Vorstandschef des Spezialversicherers klagt, dass viele Großunternehmen mit dem Terrorrisiko zu leichtfertig umgehen und auf den Versicherungsschutz verzichten. Zu oft, so Gas, wird Vorsorge durch Fatalismus ersetzt und mit Blick auf den für unwahrscheinlich gehaltenen schlimmsten Fall auf Hilfe des Staates vertraut.

Zwar nehmen nach Anschlägen die Anfragen bei Extremus regelmäßig zu, aber einige Zeit später flauen sie wieder ab. So werde das voraussichtlich auch nach den jüngsten Anschlägen in Madrid wieder sein, sagt Bruno Gas und warnt: "Für sehr blauäugig halten wir die Auffassung, Deutschland sei nicht gefährdet, weil es am Irak-Krieg nicht teilgenommen hat."

"Inhomogen und fremd"

Die Terroristen seien sehr inhomogen und die Denkstrukturen dieser Tätergruppen dementsprechend völlig fremd. "Und da sie uns fremd sind, ist es sehr gewagt, Annahmen über Zielländer, Zielorte, Zielobjekte zu machen", sagt Gas.

Die Empfehlung des Extremus-Chefs lautet daher: Vorsorge ist angebracht. Ein Beispiel: Der Versicherungsschutz des Messeturms in Frankfurt am Main über 500 Millionen Euro kostet 300.000 Euro pro Jahr. Extremus versichert nur Großobjekte ab einer Versicherungssumme von 25 Millionen Euro aufwärts; die Höchstentschädigung darf jedoch die Summe von 1,5 Milliarden Euro pro Unternehmen nicht überschreiten. Dabei werden auch Schäden durch Produktionsunterbrechungen abgedeckt.

Kalkulierbares Risiko?

Im vergangenen Jahr wurden bei Extremus 1.176 Versicherungen mit einer Höchsthaftung von 81 Milliarden Euro abgeschlossen; die Beitragseinnahmen von Extremus aus diesen Versicherungen beliefen sich auf 105 Millionen Euro. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Prämiensatz von 0,18 Prozent. Ausdrücklich ausgeschlossen von der Versicherung sind Terrorangriffe mit atomaren, biologischen und chemischen Waffen, weil bei solchen Anschlägen das Risiko nicht mehr kalkulierbar ist.

Die meisten Versicherungen haben bisher Verkehrsunternehmen abgeschlossen, also Fluggesellschaften und Bahnunternehmen. Danach folgen Telekommunikationsfirmen, Immobiliengesellschaften und Touristikkonzerne. Die bei der Gründung von Extremus allgemein angenommene Dominanz der Industrie ist nicht eingetreten. Staatliche Institutionen haben auf den Schutz der Terrorversicherung ganz verzichtet, was der Extremus-Chef auf den desolaten Zustand der öffentlichen Haushalte zurückführt.

Höchsthaftung gesenkt

Für das laufende Jahr sind 950 Versicherungsverträge abgeschlossen worden, die Beitragseinnahmen belaufen sich auf 76 Millionen Euro. Um seinerseits Kosten für die Rückversicherung zu sparen, hat der Terrorversicherer Extremus seine Höchsthaftung für sämtliche Versicherungspolicen von 13 auf zehn Milliarden Euro reduziert. Acht Milliarden Euro davon hat die Bundesregierung als Haftungskapital bereitgestellt, die restlichen zwei Milliarden Euro stammen von der deutschen und internationalen Versicherungswirtschaft.