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Umstrittene Guerilla

Dirk Eckert7. März 2008

Wegen der Farc stehen Kolumbien und Venezuela am Rande eines Krieges. Experten sind sich einig, dass sich der Konflikt zwischen den "marxistischen Rebellen" und der Regierung von Kolumbien nur politisch lösen lässt.

Anti-Farc-Demonstration in Kolumbien (Quelle: AP)
Anti-Farc-Demonstration in KolumbienBild: AP

Sie kämpfen unter dem Banner von Marxismus und Landreform. Weltweit bekannt sind die Kämpfer der Farc aber eher durch zahlreiche Geiselnahmen. Gerade wieder kamen vier Entführte frei - nach Vermittlung von Venezuelas Präsident Hugo Chavez. Insgesamt 700 Menschen sollen noch in der Gewalt der Farc sein, mit geschätzten 10.000 bis 20.000 Kämpfern eine der aktivsten Rebellengruppen in Lateinamerika.

Staatliche Gewalt

Die "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" - Farc steht für "Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia" - haben in den 1960er Jahren begonnen, für Landreformen und gegen die herrschende Oligarchie zu kämpfen. Nach Angaben von Menschenrechtlern kontrollieren in Kolumbien noch heute 0,4 Prozent der Bevölkerung 61 Prozent des fruchtbaren Bodens. Diese ungleiche Verteilung wurde über Jahrzehnte mit Gewalt verteidigt. Die Paramilitärs hätten in Kolumbien in den vergangenen Jahrzehnten "eine Spur der Gewalt" hinterlassen, klagt die Hilfsorganisation "Brot für die Welt". Vier Millionen Menschen seien gewaltsam vertrieben worden, 15.000 verschwunden. Mehr als 1700 Indigene, 550 Gewerkschafter und 5000 Mitglieder der Linkspartei Unión Patriotica seien ermordet worden. Am Donnerstag (06.03.2008) wurden weltweit Mahnwachen für die Opfer von Gewalt in Kolumbien veranstaltet.

"Der Konflikt war ursprünglich ein politischer Konflikt", sagt Carsten Wieland. Der Landesbeauftragte der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Kolumbien hält die Farc aber nicht mehr für eine politische Organisation: "Sie konzentriert sich auf den Drogenhandel." Es sei fraglich, ob in der Farc überhaupt noch politische Diskussionen stattfinden. "Ideologisch ist sie stehen geblieben in den 60/70er Jahren", sagt Wieland.

Demonstration gegen die Farc am 4. Februar 2008 in Medellin.Bild: AP


Guerilla im Drogengeschäft

Tatsächlich mischt die Farc im Drogengeschäft mit. In Gebieten, in denen sie die Macht hat, hat sie den Koka-Anbau ausgebaut und besteuert. Sie sei allerdings nicht die einzige Gruppierung, die in Kolumbien Geld mit Drogen verdient, betont Raul Zelik, Publizist und Schriftsteller ("Der bewaffnete Freund"). Er hält die Farc immer noch für eine politische Gruppierung. "Die Farc ist keine Bande, sondern eine politische Organisation, die für soziale Reformen steht." Allerdings sei sie inzwischen "extrem militaristisch und autoritär".

Rebellen ohne Volk

Die Farc selbst sieht sich nicht als Terrorgruppe, sondern als Kriegspartei - und die Entführten als Kriegsgefangene. Das überzeugt nicht mal mehr die politische Linke in Lateinamerika. 2002 prangerten lateinamerikanische Intellektuelle wie Isabel Allende in einem Offenen Brief die "Verletzung menschlicher Grundrechte" an und forderten, alle Entführten sofort freizulassen.

Eine Massenbasis hat die Farc in Kolumbien ohnehin nicht, darin sind sich die Experten einig. Regelmäßig gibt es dort Massendemonstrationen gegen die Farc. Würde sie bei Wahlen antreten, käme sie - je nach Einschätzung - auf ein bis fünf Prozent der Stimmen. Etwas anders sieht es mit ihrer Verankerung bei bestimmten sozialen Gruppen aus. "Ein Teil der Bauernschaft, der keinen Zugang zu Land hat, hat sich der Farc angeschlossen", sagt Pedro Morazán, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts Südwind. Kolumbien sei ein Agrarland, 44 Prozent der Bevölkerung lebten unter der Armutsgrenze. Deswegen seien Landreformen notwendig.

Die kolumbianische Politikerin Ingrid Betancourt ist seit 2002 Geisel der Farc. Nach Berichten von freigelassenen Mitgefangenen geht es ihr gesundheitlich schlecht (Foto: November 2007 veröffentlicht)Bild: AP


Politische Lösung gefordert

Dass nur eine politische Lösung den Konflikt zwischen Regierung und Farc beenden kann, darin sind sich die Experten einig. Militärisch könne die Farc nicht gewinnen, sagt Wieland. "Die Farc hat militärische Strukturen aus dem 19. Jahrhundert und kämpft gegen eine Armee aus dem 21. Jahrhundert." Allerdings könne auch die Regierung die Farc nicht besiegen. "Der Weg in die Legalität ist die einzige Lösung", sagt auch Morazán. Dazu müsse die kolumbianische Regierung aber einsehen, dass die Farc militärisch nicht zu schlagen ist.

Allerdings führt auch die EU die Farc auf der Liste der terroristischen Organisationen. Wieland sieht da kein Problem. "Sobald die Farc in politische Verhandlungen eintritt, könnte sie von der Liste gestrichen werden", sagt er.

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