Deutschlands größtes Multi-Sportevent begeistert auch in diesem Sommer viele Zuschauer - Athletinnen und Athleten sowieso. Über 200.000 Menschen besuchen die Wettbewerbe, die auch ein kleiner Olympia-Test sein sollten.
Anzeige
159 deutsche Meistertitel in 18 Sportarten - die Dichte an wichtigen und spannenden Entscheidungen war groß bei den Finals, die am Donnerstag starteten und am Sonntag zu Ende gegangen sind. Die Finals sind eine konzentrierte Ansammlung deutscher Meisterschaften in unterschiedlichsten Sportarten und seit der Premiere 2019 das größte regelmäßig stattfindende Multi-Sportevent in Deutschland. Sie sollen in der Sommerpause, wenn nicht der allgegenwärtige Fußball fast die gesamte mediale Aufmerksamkeit absorbiert, auch Randsportarten eine größere Bühne bieten.
Zudem wollten die Veranstalter diesmal auch ein wenig die Olympia-Begeisterung der Menschen testen. Die überwiegende Menge der Wettbewerbe fand im Bundesland Nordrhein-Westfalen in der bevölkerungsreichen Rhein-Ruhr-Region statt - in Düsseldorf und Duisburg. Lediglich die Leichtathletik und Schwimmen hatten mit Kassel und Berlin andere Austragungsorte. Die Rhein-Ruhr-Region erwägt möglicherweise eine Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele im Jahr 2036 oder 2040.
DOSB-Präsident zieht positive Bilanz
"Die Finals sind ein Aushängeschild für den deutschen Spitzensport und für den Standort Deutschland", sagte Thomas Weikert, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). "Hier sieht man die große Begeisterung der Menschen an Multi-Sportevents, die vor Ort und im Fernsehen für große Freude sorgen."
210.000 Zuschauerinnen und Zuschauern kamen bei bestem Sommerwetter an die Wettkampfstätten. Die Leichtathletik-Wettbewerbe im Aue-Stadion von Kassel waren an beiden Wettkampftagen mit 13.000 Besuchern ausverkauft. In Duisburg und Düsseldorf war bei einigen Events der Eintritt kostenlos, sie fanden teilweise zudem an spektakulären Orten statt. So duellierten sich beispielsweise Kletterer, BMX-Fahrer und Breakdancer im Landschaftspark Duisburg-Nord, einem stillgelegten Hüttenwerk, in dem früher Stahl gekocht wurde. Die Kanu- und Paddel-Wettbewerbe fanden im Duisburger Industriehafen statt.
Besonders war es auch für die Stabhochspringer, die direkt am Rheinufer in Düsseldorf ihre Sprünge machten. "Das war für mich die bisher schönste deutsche Meisterschaft - schließlich lebe ich in Düsseldorf", sagte Bo Kanda Lita Baehre, der neue Deutsche Meister im Stabhochsprung, anschließend. "Ich habe die Stimmung hier aufgesogen. Es war unheimlich cool, dass so viele Leute da waren."
Anzeige
Lückenkemper und Boll holen Titel
Sportliche Highlights gab es einige: Neben den spektakulären, "jüngeren Sportarten" wie Speedklettern, bei dem zwei Kontrahenten nebeneinander eine 15 Meter hohe Kletterwand hochschnellen, BMX oder auch Breaking, feierten einige Stars Siege in ihren Disziplinen. In der Leichtathletik stellte Joshua Hartmann mit 22,02 Sekunden einen neuen deutschen Rekord über 200 Meter auf. Die alte Bestmarke von Tobias Unger (20,20 Sekunden) hatte 18 Jahre lang gehalten. Speerwerfer Julian Weber schleuderte den Speer auf 88,72 Meter, die zweitbeste Weite des Jahres weltweit und Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo sprang 6,93 Meter weit, bevor sie sich leicht am Oberschenkel verletzte und den Wettbewerb abbrechen musste. 100-Meter-Europameisterin Gina Lückenkemper gewann im Einzel und mit der Staffel den Meistertitel. Mit 11,03 Sekunden blieb die 26-Jährige im Einzelfinale nur acht Hundertstelsekunden über ihrer persönlichen Bestzeit. Lückenkemper nutzte die Finals zum Formaufbau und als Test für den eigentlichen Saison-Höhepunkt, die Weltmeisterschaften in Budapest im August.
"Ich wäre gern ein wenig schneller gerannt", sagte sie und erklärte gleichzeitig: "Wir sind auf einer Reise. Am Ende ist der Saisonhöhepunkt erst Mitte August, das sind immer noch sechs Wochen Zeit. Da gilt es, richtig zu performen." Aber sie spüre, "dass da etwas Ordentliches in der Pipeline ist".
Timo Boll, Rekord-Europameister und Deutschlands erfolgreichster Tischtennisspieler, feierte nach monatelanger Verletzungspause ein Comeback und gewann mit seinem Verein Borussia Düsseldorf die deutsche Meisterschaft. Für den Verein war es der 33. Titel, für Boll der neunte.
Turn-Sportdirektor: "Tolle Plattform für alle Sportarten"
Eine tolle Marke erreichte auch Turnerin Elisabeth Seitz. Die deutsche Rekordmeisterin sicherte sich in Düsseldorf ihren insgesamt 25. deutschen Meistertitel. An ihrem Paradegerät, dem Stufenbarren, auf dem Seitz 2022 auch Europameisterin geworden war, war sie von der starken nationalen Konkurrenz nicht zu schlagen.
"Es war eine tolle Veranstaltung, tolle deutsche Meisterschaften", lobte anschließend auch Thomas Gutekunst, Sportdirektor beim Deutsche Turner-Bund (DTB) und bezog das nicht nur auf die eigene Sportart. "Das war für alle Sportarten eine tolle Plattform. Das muss der Weg sein, hochkarätige Events zu bauen, gern auch im Rahmen dieser Finals, um den Sportlerinnen und Sportlern diese Bühne zu geben", sagte er.
Zu hoffen bleibt, dass alle Sportarten mit an Bord bleiben und die Finals auch 2025, bei der nächsten Ausgabe in Dresden, mit den "Zugpferden" Schwimmen und Leichtathletik stattfinden, die immer wieder mal in Erwägung ziehen, eigene Wege zu gehen. 2024 wird es keine Finals geben. Das Event muss wegen der Terminkollision mit den echten Olympischen Spielen in Paris ein Jahr aussetzen.
Große Sportveranstaltungen in Deutschland
Fußball-WM und Olympische Spiele sind absolute Sport-Highlights, finden jedoch nur selten in Deutschland statt. Dagegen gibt es viele Sportveranstaltungen von internationaler Bedeutung, die regelmäßig abgehalten werden.
Bild: Andreas Gora/dpa/picture alliance
Die Finals
Es ist seit 2019 das größte Sportevent in Deutschland: Bei den Finals finden an vier Tagen in 18 Sportarten gleichzeitig die Deutschen Meisterschaften statt - insgesamt 159 Titel werden 2023 vergeben. Zugpferde sind Leichtathletik, Schwimmen und Turnen. Aber auch Randsportarten, wie beispielsweise das Kanu-Polo (Foto), haben die Chance, ein breiteres Publikum zu erreichen.
Bild: picture alliance / imageBROKER
Kieler Woche
Mit 4000 Teilnehmern in 1500 Booten bei insgesamt 250 Rennen ist die Kieler Woche eine der größten Segelregatten der Welt. Die "Kiwo" hat sich zum gigantischen Volksfest mit zahlreichen Kulturveranstaltungen und über drei Millionen Besuchern entwickelt. Höhepunkt ist für viele Zuschauer die Windjammer-Parade, bei der hunderte Boote - darunter historische Großsegler - am Kieler Hafen vorbeisegeln.
Bild: Sascha Klahn/dpa/picture alliance
Berlin-Marathon
Das Marathon-Rennen in der Hauptstadt ist das größte und wichtigste in Deutschland. Der Kenianer Eliud Kipchoge ist hier 2018 und 2022 Weltrekord gelaufen. Mehr als 45.000 Läuferinnen und Läufer sowie rund 4000 Inline-Skater gehen auf die Strecke, die von hunderttausenden Zuschauern gesäumt wird. Hinzu kommen rund 15.000 Starter, die im Rahmen des Marathons auf kürzeren Strecken unterwegs sind.
Bild: Andreas Gora/dpa/picture alliance
DFB-Pokalfinale in Berlin
Es ist zwar nicht der wichtigste Titel im deutschen Fußball, aber das Endspiel hat schon einen besonderen Flair. Seit 1985 wird das DFB-Pokalfinale im Berliner Olympiastadion ausgetragen. Tausende Fans reisen jedes Jahr in die Hauptstadt, viele auch ohne, dass sie ein Ticket haben. Die Frauen tragen ihr Pokalfinale seit einigen Jahren an einem anderen Termin in Köln aus.
Bild: Soeren Stache/dpa/picture alliance
CHIO in Aachen
Das sogenannte "Weltfest des Pferdesports" ist das größte und prestigeträchtigste Reitturnier der Welt. Rund 600 Sportpferde sind im Einsatz, mehr als 350.000 Besucher verfolgen die Wettbewerbe in den Disziplinen Springen, Dressur, Vielseitigkeit, Gespannfahren und Voltigieren. Krönender Abschluss der Turnierwoche ist stets der Große Preis von Aachen im Springreiten vor 40.000 Zuschauern.
Bild: Frank Heinen/rscp-photo/picture alliance
24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring
Deutlich mehr PS als die Vierbeiner in Aachen haben die Rennwagen, die alljährlich am 24-Stunden-Rennen über den Nürburgring rasen. Besonders sind im Vergleich zu anderen Langstreckenrennen Rundenlänge und Höhenprofil: Eine Runde über die auch als "Grüne Hölle" bezeichnete Nordschleife hat mehr als 25 Kilometer, wobei 92 Kurven und fast 600 Höhenmeter zu bewältigen sind.
Bild: Thomas Frey/dpa/picture alliance
Motorrad-Grand-Prix auf dem Sachsenring
Einmal im Jahr ist der Sachsenring bei Chemnitz ein Magnet für alle Fans von Motorradrennen. Die Traditionsstrecke, die 1927 eröffnet wurde, ist dann Gastgeberin der MotoGP-Serie. Insgesamt kommen über 230.000 Zuschauer zum Rennwochenende. Beim Rennen am Sonntag sind rund 95.000 Fans an der Strecke.
Bild: Stephen Blackberry/Action Plus/picture alliance
Tennisturnier in Halle
Ein bisschen sieht es aus wie in Wimbledon - und dient den Profis auch zur Vorbereitung auf das bedeutendste Tennisturnier der Welt. Das ATP-Turnier in Halle findet immer kurz vor dem Grand-Slam-Event in London statt. Halle ist neben dem Herren-Turnier in Hamburg sowie den Damen-Turnieren in Berlin und Stuttgart eines von vier Events in Deutschland, bei denen es um 500 Weltranglistenpunkte geht.
Bild: Mathias Schulz/ZUMA/picture alliance
Triathlon Challenge Roth
Der Triathlon in Roth bei Nürnberg hat eine lange Tradition und kann stets mit einem hochklassigen Teilnehmerfeld glänzen. Auf der Langdistanz (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und Marathonlauf) messen sich jedes Jahr die Besten der Welt. 3500 Einzelstarter gehen ins Rennen. Der größte Triathlon Deutschlands ist allerdings der World Triathlon Hamburg, wo jedes Jahr 10.000 Teilnehmer dabei sind.
Bild: Hilger/BEAUTIFUL SPORTS/picture alliance
Deutschland Tour
Die Deutschland Tour ist das ranghöchste Etappenrennen im Straßenradsport in Deutschland. Schon 1911 gab es die erste Ausgabe. Die Tour besteht aktuell aus einem Prolog und vier Etappen. Sie führt die 120 Fahrer durch mehrere Bundesländer. Das wichtigste Eintagesrennen in Deutschland sind die Cyclassics in Hamburg, die zur Rennserie WorldTour des Radsport-Weltverbands UCI gehören.
Bild: Roth/picture alliance
Biathlon-Weltcup in Oberhof
Kälte, Schneefall, manchmal Nebel - der guten Stimmung bei den Zuschauern tut das keinen Abbruch. Beim Biathlon-Weltcup in Oberhof herrscht Partystimmung. Zehntausende Besucher kommen jedes an die Loipe und den Schießstand. 2023 war der Wintersportort in Thüringen sogar WM-Gastgeber. Ähnliche Bilder liefert alljährlich auch Ruhpolding in Bayern, neben Oberhof zweiter Weltcup-Ort in Deutschland.
Bild: Martin Schutt/picture alliance/dpa
Vierschanzentournee
Volksfeststimmung herrscht jedes Jahr auch bei der Vierschanzentournee der Skispringer. Die beiden deutschen Austragungsorte Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen werden dann zwischen Weihnachten und Neujahr von zehntausenden Fans regelrecht überflutet. Die Tournee findet bereits seit 1953 statt. Zum traditionellen Neujahrsspringen in Garmisch kommen regelmäßig 20.000 Zuschauerinnen und Zuschauer.