Die Finals: Deutsche Meisterschaften und Olympia-Flirt
Tobias Oelmaier
4. Juli 2023
159 deutsche Meistertitel in 18 Sportarten - an vier Tagen versammelt sich die nationale Sportelite, um ihre Besten zu küren. Allerdings will man der Welt auch zeigen: Wir stehen bereit für Olympia 2036 in Deutschland!
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Wann und wo finden die Finals statt?
Los geht es am Donnerstag, 6.7.2023. Über vier Tage, bis zum Sonntag, werden die deutschen Titelträger in insgesamt 18 Sportarten ermittelt. Dabei stehen 159 Entscheidungen in den einzelnen Disziplinen auf dem Programm. Die meisten Wettbewerbe finden in Düsseldorf und in Duisburg statt, die der Schwimmer in Berlin und die der Leichtathleten - mit einer Ausnahme - in Kassel.
Zum Teil wird in klassischen Sportarenen um Medaillen gekämpft, aber die Veranstalter gehen auch auf das Publikum zu: Der Stabhochsprung zum Beispiel findet als einziger Leichtathletik-Wettbewerb in Düsseldorf statt - nicht in einem Stadion, sondern am Rheinufer. Diese eindrucksvolle Kulisse soll auch das 3x3-Basketballturnier medienwirksam pushen. Der Triathlon wird im und um den Düsseldorfer Medienhafen ausgetragen, die Bogenschützen schießen auf Ziele, die auf dem Wasser schwimmen. Duisburgs Innenhafen dient als Gastgeber für die Kanuten bei deren Regatten sowie im Kanu-Polo und auch für die Stand-Up-Paddler, in verschiedenen Landschaftsparks der Stadt tummeln sich BMX-Radsportler oder Kletterer.
Das Konzept hat sich im vergangenen Jahr bei den European Championships in München bewährt, als hunderttausende Zuschauer - zum Teil auch kostenlos - die Wettbewerbe mit Begeisterung verfolgt haben. 2024 wird es wegen den Olympischen Spiele von Paris keine Finals geben, im Jahr 2025 werden sie in Dresden stattfinden.
Welche Sportarten sind dabei?
Olympische Kernsportarten wie Leichtathletik, Schwimmen und Turnen bilden das Gerüst. Darum herum haben sich aber auch Trendsportarten wie Breakdance, Stand-Up-Paddeling, Klettern oder 3x3-Basketball ihren Raum geschaffen.
Dazu gibt es außerdem Wettbewerbe in Rhythmischer Sportgymnastik, Tischtennis, Triathlon, BMX-Radsport, Klettern (Bouldern und Speed), Bogenschießen, Judo, Kanu, Kanu-Polo, Trampolinturnen, Taekwondo und Karate.
Warum "Die Finals"?
Die Sportverbände versprechen sich durch ihren Zusammenschluss eine höhere Aufmerksamkeit in den Medien und bei den Zuschauern vor Ort. Das Konzept scheint sich immer weiter durchsetzen. Diese vierte Auflage wird mehr als 25 Stunden live in den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern übertragen, dazu kommen noch rund 70 Stunden in Streams.
Vorbild sind die Wintersportarten, die an Wochenenden zwischen Oktober und März oft Millionen Zuschauer für Stunden vor die Fernseher locken, wenn in schneller Abfolge vom Biathlon zum Rennrodeln, vom alpinen Skirennen zum Skispringen geschaltet wird. "Sichtbarkeit ist für die faszinierende Vielfalt in den Sportarten unserer Verbände überlebenswichtig", sagt der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Thomas Weikert, "deshalb sind Finals, European Games, Championships und ganz oben auf dem Treppchen Olympische Spiele so immens wichtig".
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Wie ist die Resonanz bei den Aktiven?
Gerade in den "kleinen" Randsportarten ist die Begeisterung groß. Für die Athleten sind die Finals eine Gelegenheit, sich einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Ähnlich dürften es die Stabhochspringer sehen, wenn sie - herausgelöst vom Rest der Leichtathletik - am Rheinufer ihr Können zeigen dürfen. Für die meisten anderen Leichtathleten werden die deutschen Meisterschaften in Kassel Business as usual sein, mit dem Unterschied, vielleicht etwas mehr Übertragungszeit im Fernsehen zu erhaschen. Bei ihnen überwiegt die sportliche Bedeutung: In Kassel winken WM-Tickets für Budapest Ende August.
Bei den Schwimmern passen die Finals nicht in den dicht gedrängten internationalen Terminplan. Ihre Weltmeisterschaft beginnt Mittel Juli in Japan, daher befinden sich die Topstars der Szene in der unmittelbaren Vorbereitung oder sie sind bereits unterwegs nach Fukuoka. Auch die weniger bekannten Teilnehmer werden wenig mitbekommen vom Flair der Finals, sind sie doch in Berlin fernab vom Kern des Geschehens.
Ist eine Olympiabewerbung realistisch?
Die Rhein-Ruhr-Metropolregion liebäugelt schon seit Jahren mit der Idee, sich um die Ausrichtung Olympischer Sommerspiele zu bewerben. Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller von der CDU sieht in den Finals "eine gute Möglichkeit zu zeigen, dass wir in der Lage sind, große Sportveranstaltungen auszurichten, die eben nicht nur in einer Stadt stattfinden, sondern in Kooperation der Städte untereinander zum Erfolg geführt werden können". Er "stehe voll hinter der Bewegung, die versucht, Olympia an Rhein und Ruhr auszurichten. Das wäre eine Riesenchance für Nordrhein-Westfalen und für die Rhein-Ruhr-Region ganz besonders."
Ähnlich sieht es Kellers Duisburger Amtskollege Sören Link von der SPD: "Wir müssten keine Olympiastadien aus dem Boden stampfen, sondern wir haben die Infrastruktur".
Der nächstmögliche Termin wäre 2036. Wegen der sich dann zum 100. Mal jährenden Nazi-Spiele von Berlin dürften sich erneute Sommerspiele in Deutschland ausgerechnet dann schwer vermitteln lassen. Zudem hat die Region Rhein-Ruhr international keinen Glamour-Faktor. Aber wenigstens für ein positives Votum der Bevölkerung und der Zuschauer können die Finals 2023 beitragen.
Große Sportveranstaltungen in Deutschland
Fußball-WM und Olympische Spiele sind absolute Sport-Highlights, finden jedoch nur selten in Deutschland statt. Dagegen gibt es viele Sportveranstaltungen von internationaler Bedeutung, die regelmäßig abgehalten werden.
Bild: Andreas Gora/dpa/picture alliance
Die Finals
Es ist seit 2019 das größte Sportevent in Deutschland: Bei den Finals finden an vier Tagen in 18 Sportarten gleichzeitig die Deutschen Meisterschaften statt - insgesamt 159 Titel werden 2023 vergeben. Zugpferde sind Leichtathletik, Schwimmen und Turnen. Aber auch Randsportarten, wie beispielsweise das Kanu-Polo (Foto), haben die Chance, ein breiteres Publikum zu erreichen.
Bild: picture alliance / imageBROKER
Kieler Woche
Mit 4000 Teilnehmern in 1500 Booten bei insgesamt 250 Rennen ist die Kieler Woche eine der größten Segelregatten der Welt. Die "Kiwo" hat sich zum gigantischen Volksfest mit zahlreichen Kulturveranstaltungen und über drei Millionen Besuchern entwickelt. Höhepunkt ist für viele Zuschauer die Windjammer-Parade, bei der hunderte Boote - darunter historische Großsegler - am Kieler Hafen vorbeisegeln.
Bild: Sascha Klahn/dpa/picture alliance
Berlin-Marathon
Das Marathon-Rennen in der Hauptstadt ist das größte und wichtigste in Deutschland. Der Kenianer Eliud Kipchoge ist hier 2018 und 2022 Weltrekord gelaufen. Mehr als 45.000 Läuferinnen und Läufer sowie rund 4000 Inline-Skater gehen auf die Strecke, die von hunderttausenden Zuschauern gesäumt wird. Hinzu kommen rund 15.000 Starter, die im Rahmen des Marathons auf kürzeren Strecken unterwegs sind.
Bild: Andreas Gora/dpa/picture alliance
DFB-Pokalfinale in Berlin
Es ist zwar nicht der wichtigste Titel im deutschen Fußball, aber das Endspiel hat schon einen besonderen Flair. Seit 1985 wird das DFB-Pokalfinale im Berliner Olympiastadion ausgetragen. Tausende Fans reisen jedes Jahr in die Hauptstadt, viele auch ohne, dass sie ein Ticket haben. Die Frauen tragen ihr Pokalfinale seit einigen Jahren an einem anderen Termin in Köln aus.
Bild: Soeren Stache/dpa/picture alliance
CHIO in Aachen
Das sogenannte "Weltfest des Pferdesports" ist das größte und prestigeträchtigste Reitturnier der Welt. Rund 600 Sportpferde sind im Einsatz, mehr als 350.000 Besucher verfolgen die Wettbewerbe in den Disziplinen Springen, Dressur, Vielseitigkeit, Gespannfahren und Voltigieren. Krönender Abschluss der Turnierwoche ist stets der Große Preis von Aachen im Springreiten vor 40.000 Zuschauern.
Bild: Frank Heinen/rscp-photo/picture alliance
24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring
Deutlich mehr PS als die Vierbeiner in Aachen haben die Rennwagen, die alljährlich am 24-Stunden-Rennen über den Nürburgring rasen. Besonders sind im Vergleich zu anderen Langstreckenrennen Rundenlänge und Höhenprofil: Eine Runde über die auch als "Grüne Hölle" bezeichnete Nordschleife hat mehr als 25 Kilometer, wobei 92 Kurven und fast 600 Höhenmeter zu bewältigen sind.
Bild: Thomas Frey/dpa/picture alliance
Motorrad-Grand-Prix auf dem Sachsenring
Einmal im Jahr ist der Sachsenring bei Chemnitz ein Magnet für alle Fans von Motorradrennen. Die Traditionsstrecke, die 1927 eröffnet wurde, ist dann Gastgeberin der MotoGP-Serie. Insgesamt kommen über 230.000 Zuschauer zum Rennwochenende. Beim Rennen am Sonntag sind rund 95.000 Fans an der Strecke.
Bild: Stephen Blackberry/Action Plus/picture alliance
Tennisturnier in Halle
Ein bisschen sieht es aus wie in Wimbledon - und dient den Profis auch zur Vorbereitung auf das bedeutendste Tennisturnier der Welt. Das ATP-Turnier in Halle findet immer kurz vor dem Grand-Slam-Event in London statt. Halle ist neben dem Herren-Turnier in Hamburg sowie den Damen-Turnieren in Berlin und Stuttgart eines von vier Events in Deutschland, bei denen es um 500 Weltranglistenpunkte geht.
Bild: Mathias Schulz/ZUMA/picture alliance
Triathlon Challenge Roth
Der Triathlon in Roth bei Nürnberg hat eine lange Tradition und kann stets mit einem hochklassigen Teilnehmerfeld glänzen. Auf der Langdistanz (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und Marathonlauf) messen sich jedes Jahr die Besten der Welt. 3500 Einzelstarter gehen ins Rennen. Der größte Triathlon Deutschlands ist allerdings der World Triathlon Hamburg, wo jedes Jahr 10.000 Teilnehmer dabei sind.
Bild: Hilger/BEAUTIFUL SPORTS/picture alliance
Deutschland Tour
Die Deutschland Tour ist das ranghöchste Etappenrennen im Straßenradsport in Deutschland. Schon 1911 gab es die erste Ausgabe. Die Tour besteht aktuell aus einem Prolog und vier Etappen. Sie führt die 120 Fahrer durch mehrere Bundesländer. Das wichtigste Eintagesrennen in Deutschland sind die Cyclassics in Hamburg, die zur Rennserie WorldTour des Radsport-Weltverbands UCI gehören.
Bild: Roth/picture alliance
Biathlon-Weltcup in Oberhof
Kälte, Schneefall, manchmal Nebel - der guten Stimmung bei den Zuschauern tut das keinen Abbruch. Beim Biathlon-Weltcup in Oberhof herrscht Partystimmung. Zehntausende Besucher kommen jedes an die Loipe und den Schießstand. 2023 war der Wintersportort in Thüringen sogar WM-Gastgeber. Ähnliche Bilder liefert alljährlich auch Ruhpolding in Bayern, neben Oberhof zweiter Weltcup-Ort in Deutschland.
Bild: Martin Schutt/picture alliance/dpa
Vierschanzentournee
Volksfeststimmung herrscht jedes Jahr auch bei der Vierschanzentournee der Skispringer. Die beiden deutschen Austragungsorte Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen werden dann zwischen Weihnachten und Neujahr von zehntausenden Fans regelrecht überflutet. Die Tournee findet bereits seit 1953 statt. Zum traditionellen Neujahrsspringen in Garmisch kommen regelmäßig 20.000 Zuschauerinnen und Zuschauer.