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Gefahr als ständiger Begleiter

Frank Gazon25. Januar 2009

Auch sieben Jahre nach dem Ende der Talibanherrschaft ist Afghanistan noch nicht sicher und eigenständig genug, um seine Probleme allein zu lösen. Das beweisen die Anschläge in Kunduz, Kabul oder jüngst in Paktia.

Oberstleutnant Maurus Wrixel, Foto: DW
Mehrere Monate hat Oberstleutnant Maurus Wrixel in Afghanistan verbrachtBild: DW / Gazon

Obwohl die Provinz Badakhshan, in der das deutsche Wiederaufbauteam der Bundeswehr PRT ("Provincial Reconstruction Team") Feyzabad liegt, nie unter völliger Kontrolle der Taliban stand, geraten auch dort deutsche Soldaten immer wieder in das Visier von Attentätern: Noch im November 2008 wurden in der Nähe von Feyzabad vier Bundeswehrsoldaten verletzt, als sie mit ihrer Patrouille in eine Sprengfalle gerieten. Übergriffe kann niemand ausschließen, die Gefahr ist immer präsent: Dessen war sich auch der 27-jährige Oberleutnant Maurus Wrixel von Anfang an bewusst: "Für mich war klar, dass ich das mache, weil ich Soldat bin und Auslandseinsätze dazugehören", sagt der blonde junge Mann aus dem kleinen, beschaulichen Hemmerden bei Neuss.

Die Gefahr als ständiger Begleiter

Kontakt mit Einheimischen haben die Soldaten seltenBild: DW / Gazon

Trotzdem traten Oberleutnant Wrixel und seine Männer, die in Augustdorf bei Bielefeld stationiert sind, nach mehrmonatiger Vorbereitung im Juni 2008 ihre erste Patrouillenfahrt in Afghanistan mit einem flauen Gefühl im Magen an. "Einerseits freut man sich, weil man endlich anwenden kann, was man so lange gelernt hat, anderseits fragt man sich, was alles passieren kann. Das ist eine zweischneidige Sache", gesteht Wrixel. Er spricht von einem Spagat zwischen "taktischer Vorgehensweise" und dem Versuch, auf die Bevölkerung offen zuzugehen. Das sei die tägliche Herausforderung, sagt er.

Mehr als 30 seiner Kameraden haben bei dieser Herausforderung schon ihr Leben verloren. Damit muss sich auch Wrixel auseinandersetzen: "Zum Beispiel wenn man hört, dass am Abend in Kunduz etwas passiert ist und man selber am nächsten Tag wieder hinaus fahren muss", erinnert er sich. "Oder wenn man dann bei Dunkelheit an einer Straßenkreuzung steht und es kommen Leute auf einen zu, die man trotz der Nachtsichtgeräte nicht erkennen kann, da macht man sich schon seine Gedanken und hofft, dass nichts passiert", sagt er. Doch so etwas wie Rachegefühle habe er nicht, so Wrixel, "weil man doch nicht ein ganzes Volk für die Gräueltaten einiger weniger in Kollektivhaftung nehmen kann."



Der Dienst bestimmt den Tagesablauf

Zusätzlich erschwert die Infrastruktur der Provinz die Arbeit der Soldaten. Badakhshan ist geographisch extremes Terrain: Der Vergleich mit einer Mondlandschaft drängt sich auf. Braune, karge Bergketten, schroffe Felsen und staubige Luft beherrschen das Bild. Am Horizont sind die Ausläufer des Hindukusch zu sehen. Trotz seiner reichen Bodenschätze ist Badakhshan die ärmste Region Afghanistans. Bis 2005 war die Mutter- und Kindersterblichkeitsrate weltweit nirgendwo höher. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei nur 43 Jahren. 90 Prozent der Bevölkerung sind Analphabeten. Eine Region, die sich nach europäischen Maßstäben noch im tiefsten Mittelalter befindet.

Viele Provinzen Afghanistans sind rückständig: In Badakhshan sind 90 Prozent der Bevölkerung AnalphabetenBild: AP
Das Camp Feyzabad liegt ganz im Nordosten AfghanistansBild: Bundeswehr

Darum hat das Wiederaufbauteam aus dem Camp Feyzabad viel zu tun, Zeit zum Grübeln bleibt kaum, denn es gibt keine geregelten Dienstzeiten. Es wird nach Bedarf gearbeitet, weshalb Aufklärungszugführer Wrixel viele der Nächte mit dem Funkgerät am Ohr verbrachte. Das bisschen Freizeit, was blieb, musste drum herum geplant werden. Doch auch die Sicherheitsbestimmungen schränken stark ein, die Soldaten haben selten Möglichkeiten, das Lager zu verlassen. Es gibt ein "Fitness-Zelt", ein kleiner, provisorischer Kraftraum zum Sporttreiben. Und viele Nachmittage hat Maurus Wrixel im Freizeitraum mit Tischfußball, Dartspielen oder Kaffeetrinken verbracht. Abends traf man sich dann dort auf ein Bierchen. Allerdings setzt die so genannte "Zweidosenregel", wie der 27-Jährige erklärt, ausgedehnten Zusammenkünften auch enge Grenzen, denn der nächste Einsatz könnte schneller kommen, als man denkt.

Doch trotz aller Risiken und Unwägbarkeiten fällt das Fazit von Maurus Wrixel durchweg positiv aus: Er nennt seinen Aufenthalt eine "Super-Erfahrung", "allein schon wegen der tollen Teamarbeit", sagt er. "Ich würde wieder hingehen, wenn ich noch mal das Angebot bekäme", gesteht er. Doch die Möglichkeit wird er voraussichtlich nicht mehr haben: In wenigen Monaten endet seine siebenjährige Dienstzeit bei der Bundeswehr und dann wird aus dem Oberleutnant der Zivilist Maurus Wrixel.

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