Die Gesamtstrategie gegen die Diskriminierung?
17. September 2008Musik gehört zu ihrer Kultur ebenso wie eine eigene Sprache oder das Nomadenleben. Doch diese Lebensform passt immer weniger in den modernen Alltag Europas. Und so werden die Roma zunehmend zu Außenseitern. Sie sind ständig mit Diskriminierung und weitreichender sozialer Ausgrenzung konfrontiert. In Osteuropa gab es in den vergangenen Jahren mehrfach Überfälle und Brandanschläge auf Roma-Siedlungen.
Ein unhaltbarer Zustand, kritisierte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso bei der Eröffnung der EU-Roma Konferenz: "Jeder Mann, jede Frau, jedes Kind hat das Recht auf ein Leben ohne Diskriminierung und Verfolgung." Somit sei die Roma-Debatte keine speziell europäische Frage, sondern eine Debatte über die universellen Grundwerte und soziale Gerechtigkeit.
Roma werden in Italien vom Staat an den Rand gedrängt
Italien sorgte jüngst für Schlagzeilen, weil das Land zur Registrierung der Roma Fingerabdrücke nehmen will. Eine nicht hinnehmbare Vorgehensweise, kritisierte George Soros, der Vorsitzende des Open Society Institutes, einer Nichtregierungsorganisation, die soziale Projekte zugunsten von Roma in Osteuropa finanziert. "Die Art und Weise, wie die italienischen Behörden mit dem Problem umgehen, ist der falsche Weg", sagt Soros. "Fingerabdrücke zu registrieren und Rassenprofile anzulegen, das ist unakzeptabel, und ich denke, auch nicht legal."
Nach dem jüngsten EU-Bericht zur Situation der Roma gibt es zwar entsprechende Gesetze und auch finanzielle Unterstützung für die Roma, aber es hapert in den Mitgliedstaaten oftmals an der Umsetzung. So wurden seit dem Jahr 2000 spezielle Projekte für die Roma mit EU-Finanzhilfen in Höhe von 275 Millionen Euro gefördert. Darüber hinaus wurde eine Milliarde Euro für benachteiligte Gruppen, einschließlich der Roma, ausgegeben. Dennoch wird die Kluft zwischen den Roma und der übrigen Bevölkerung nicht kleiner – sondern im Gegenteil immer größer. Eines der drängendsten Probleme ist die hohe Zahl an Arbeitslosen bei den Roma. Das liegt zum einen daran, dass viele von ihnen mangels eines festen Wohnsitzes keine Aufenthaltsgenehmigung besitzen. Das größte Handicap aber sei die mangelnde Schulausbildung, sagt EU-Kommissionspräsident Barroso. "Was wir brauchen, ist eine aktive Unterstützung der Bildung von Roma sowie eine Unterstützung bei der Arbeitssuche, die ihre kulturellen Eigenheiten respektiert, beziehungsweise eine Unterstützung beim Aufbau einer legalen freien Tätigkeit durch Management-Kurse, Mikrokredite und andere Instrumente."
Armut auf Kosten der Gesundheit
Auch der Gesundheitszustand der Roma ist weitaus schlechter als der durchschnittliche Gesundheitszustand der übrigen Bevölkerung. Die allgemeine Lebenserwartung liegt rund zehn bis fünfzehn Jahre unter dem Bevölkerungsdurchschnitt. Viele Roma-Gruppen leben zum Teil ohne Zugang zu Wasser und Strom in erbärmlichen Verhältnissen. Deshalb forderte Barroso ein verstärktes Engagement der öffentlichen Institutionen. Zugleich müssten aber auch die Roma dazu ermutigt werden, mehr Verantwortung für ihre eigene Lage zu übernehmen, so der EU-Kommissionspräsident.