Die Geschichte eines Mordes in Namibia
12. März 2010Am 21. März hat Namibia Geburtstag. 20 Jahre wird der unabhängige Staat. 20 Jahre Freiheit von Kolonialismus und Apartheid, von Unterdrückung und Widerstandskampf. Und klar, es wird Feiern geben, Umzüge, Reden. Doch in die Feierstimmung schleicht sich auch die Erkenntnis: Was einmal so hoffnungsvoll begonnen hat ist längst schon im gesellschaftlichen Stillstand versandet. Wer arm war ist arm geblieben und an den Fleischtöpfen der Macht sitzen die fett gewordenen ehemaligen Helden des Freiheitskampfes, die SWAPO-Rebellen, deren Ehrgeiz sich jetzt darauf beschränkt sich und die Gesellschaft möglichst wenig zu bewegen. Und schon gar nicht möchten Volk und Regierung an längst zurückliegende Verbrechen erinnert werden, wenn politische Zusammenhänge, Täter und Komplizen unklar und möglicherweise peinlich für viele Betroffene sind. Wie beim Mord an Anton Lubowski, dem Anwalt der Freiheitskämpfer der SWAPO.
Rätsel um Mord an SWAPO-Anwalt
1984 tritt der prominente Anwalt als erster Weißer öffentlich der SWAPO bei. Er verteidigt ihre Kämpfer, berät bei Verhandlungen, ist ein sichtbarer Beweis dafür, dass nicht alle Weißen das südafrikanische Apartheid-System unterstützen. Immer wieder erhält er Mordrohungen. Am 12. September 1989, wenige Monate vor der Unabhängigkeit Namibias, wird er erschossen.
Mögliche Täter sind schnell benannt: Mitglieder des südafrikanischen Geheimdienstes CCB sollen das Mordkommando gestellt haben. Es kommt zur Anklage - doch zum Prozess kommt es nicht. Warum?
Auch damit beschäftigt sich Bernhard Jaumann in "Die Stunde des Schakals". Doch der Roman ist das Ergebnis einer gescheiterten Recherche – und keineswegs ein Sachbuch. Jaumann hat bei den Vorbereitungen zu diesem Buch nicht mehr herausgefunden, als das, was schon bekannt war. Selbst 20 Jahre nach der Tat wackelt die Mauer des Schweigens kein bisschen. Und so hat der Autor die bekannten Fakten genommen, mit einem Schuss Gegenwartsbeschreibung verrührt und dies zur Basis für eine Krimigeschichte gemacht. In der zieht ein einsamer Killer durchs Land über Grenzen hinweg und sinnt auf Rache. Einer nach dem anderen der damals Verdächtigen wird erschossen. Doch warum jetzt? 20 Jahre nach dem Mord an Anton Lubowski?
Spannend, rasant und sehr unterhaltsam
Die junge Kommissarin Clemencia Garises kommt Motiv und Täter recht schnell auf die Spur – kann ihn aber erst gegen Ende der Geschichte einholen. Bis dahin lernt der Leser einige spezifische namibische Eigenheiten, die deutschsprachige Tageszeitung und die Familie der Kommissarin kennen. Bernard Jaumann erzählt die Geschichte ebenso rasant wie feinsinnig. Und auch wenn die Lösung des Falles im Grunde so offen bleibt wie das reale Rätsel um den Mord an Lubowski ist der Roman spannend, lehrreich und unterhaltsam zugleich. Der Klappentext zum Buch lässt vermuten, dass es sich bei Jaumanns erstem Namibia-Roman um den Auftakt für eine Serie um die junge Kommissarin handelt. Für den Nachfolger wünscht man sich, dass Clemencia Garises sich noch tiefer mit den Widersprüchen und Realitäten ihres Landes auseinandersetzt. Dann würden Land und Frau an Tiefe gewinnen. Bernhard Jaumann lebt erst seit knapp zwei Jahren in Namibia – hoffentlich bleibt er noch ein bisschen. Die deutschsprachige Krimilandschaft kann durch seine Bücher nur gewinnen.
"Die Stunde des Schakals" ist im Kindler Verlag erschienen und kostet 19,95 Euro. Wir haben vom Verlag einige Exemplare bekommen – die Sie gewinnen können. Verraten Sie uns, in welchem Land Bernhard Jaumanns Roman spielt. Antworten bitte bis zum 21.03.2010 an: afrika@dw-world.de
Autor: Dirk Bathe
Redaktion: Katrin Ogunsade