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Die "Goldene Morgenröte" zieht wieder auf

Pavlos Zafiropoulos (phi)19. Februar 2016

Die Neonazi-Partei steht wieder einmal im Zentrum der Aufmerksamkeit in Griechenland. Sie heizt die Stimmung gegen Flüchtlings-Hotspots an. Pavlos Zafiropoulos berichtet aus Athen.

Protest gegen Flüchtlings-Hotspot (Foto: DW)
Bild: DW/P. Zafiropoulos

"Griechenland gehört den Griechen!" - "Sie verkaufen Griechenland und beugen sich den Ausländern!" Diese und ähnliche Parolen dröhnen an einem leicht bewölkten Februarmittag durch Piräus, das historische Hafenviertel Athens. Rund 150 Menschen demonstrieren gegen das geplante Transitlager "Schisto" für Flüchtlinge. Eingeladen hat das "Anwohnerkomitee". Doch hinter dem Protest dürften eher die Neonazis der "Goldenen Morgenröte" stehen.

Deren Führungspersonal sowie einige Parlamentsabgeordnete greifen zum Mikrofon und versuchen, die Menge mit kurzen Hetzreden aufzuwiegeln. Parteisprecher Ilias Kasidiaris wettert gegen die griechische Regierung. "Diese Verräter werden nicht das Problem haben, dass die Griechen bald im eigenen Land in der Minderheit sind. Sondern sie werden das Problem haben, dass die 'Goldene Morgenröte' in den Umfragen zulegt", so Kasidiaris. "Natürlich wird sie das, denn sie ist die Seele Griechenlands." Jubelrufe aus der Menge. Auf der anderen Straßenseite sammeln sich rund 100 Gegendemonstranten. Dazwischen: Polizei, die versucht, die beiden Seiten auseinander zu halten.

Vom Gerichtssaal auf die Straße

"Die 'Goldene Morgenröte' versucht mit diesen rassistischen Aktionen aus der Isolation herauszukommen, in der sie seit Pavlos Fyssas Tod steckt" sagt Petros Konstantinou von der "Bewegung gegen die rassistische und faschistische Bedrohung" KEERFA. Fyssas, ein anti-faschistischer Rapper, wurde 2013 von einem Unterstützer der "Goldenen Morgenröte" ermordet, woraufhin die Partei wegen dieser und anderer Gewalttaten ins Visier der Justiz geriet.

Der Prozess kam wegen eines landesweiten Anwalts-Streiks jedoch ins Stocken und dürfte in diesem Jahr kaum ein Ende finden. Die Parteiführer mussten derweil vorläufig und unter Auflagen freigelassen werden, nachdem sie 18 Monate lang in Untersuchungshaft saßen. Angesichts der Schwierigkeiten der linken Regierung, die mit der Wirtschafts- und der Flüchtlingskrise fertig zu werden versucht, sieht sich die "Goldene Morgenröte" nun ermutigt, trotz des Prozesses gegen sie einen Neuanfang zu wagen.

Demo von Anhängern der "Goldenen Morgenröte"Bild: DW/P. Zafiropoulos

Anwalt Thanasis Kampagiannis vertritt eine Gruppe ägyptischer Fischer im Prozess, die brutal angegriffen wurden, mutmaßlich von einem der Schlägertrupps der "Goldenen Morgenröte". "Sie haben auch in der Vergangenheit "Anwohnerkomitees" genutzt, um sich als Teil einer größeren Bewegung frustrierter Bürger darzustellen", sagt er der DW. "Jetzt verfolgen sie wieder diese Strategie, um in die Stadtviertel hinein zu kommen. Sie wissen, dass sie noch in der Defensive sind wegen des Prozesses."

Neben Demonstrationen wie der in Piräus wird der "Goldenen Morgenröte" auch vorgeworfen, gewalttätige Proteste gegen Flüchtlingszentren, etwa bei Thessaloniki und auf der Insel Kos angefacht zu haben. Auf Kos hat dies dazu geführt, dass der "Hotspot", der noch vor dem EU-Gipfel in dieser Woche eingerichtet sein sollte, nicht rechtzeitig fertiggestellt werden konnte.

Nationale Unsicherheit

Das Transitcamp "Schisto" in Athen dagegen konnte bereits eingerichtet werden - trotz der Proteste. Weiße Zelte stehen auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne einige Kilometer außerhalb der Stadt. 1200 Flüchtlinge sollen hier untergebracht werden.

"Die können sich nicht anpassen", sagt Vangelis, 43, über die Flüchtlinge, die noch gar nicht das sind. Er betreibt hier ein Geschäft und ist Wähler der "Goldenen Morgenröte". Besonders störten ihn, wie viele andere, Einschränkungen der nationalen Souveränität angesichts der Flüchtlingskrise, so etwa die NATO-Patrouillen im Gebiet der umstrittenen türkisch-griechischen Seegrenze. "Ich wähle die 'Goldene Morgenröte', weil sie Patrioten sind", sagt er und fügt hinzu, dass die Regierung gefährlich sei. "Was derzeit Tag für Tag passiert, wird die Partei weiter nach oben bringen."

Im Durchgangslager Schisto sollen 1000 Flüchtlinge untergebracht werdenBild: DW/P. Zafiropoulos

Eine breitere Unterstützung für die "Goldene Morgenröte"? Die könnte heute eher aus einem diffusen Gefühl von Unsicherheit entstehen, meint der Journalist Pavlos Tsimas. Im Gegensatz zu ihrem plötzlichen Aufstieg und dem Einzug ins Parlament 2012, den die Partei durch ihre aggressive Haltung gegenüber der Einwanderung erreicht hatte. "Heute ist die hohe Jugendarbeitslosigkeit der Hauptfaktor", sagt Tsimas. "Es sind vor allem die Jungen und die Arbeitslosen, die sich der 'Goldenen Morgenröte' zuwenden. Hauptgefahr der Flüchtlingskrise ist, dass sie zu einer allgemeinen Destabilisierung des Landes beiträgt." Davon, so die Befürchtung, würde wiederum die "Goldene Morgenröte" profitieren.

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