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Politik

Die Grünen auf der Überholspur

6. Juni 2019

SPD-Vize Scholz überraschte kürzlich mit dem Satz, seine Partei hätte eine realistische Chance auf den Sieg bei der nächsten Wahl. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend sinkt die SPD aber tief wie nie. Ganz oben: die Grünen.

Europawahl Jubel bei Die Grünen Annalena Baerbock
Die grüne Parteichefin Annalena Baerbock (Mitte) jubelt am Abend der EuropawahlBild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Die Grünen schwimmen auf der Erfolgswelle. Bei der Europawahl fuhren sie ein fulminantes Ergebnis ein, und auch bei der zeitgleich stattfindenden Landtagswahl in Bremen schnitt die Partei so gut ab, dass sie in dem norddeutschen Stadtstaat die Wahl hat, mit wem sie in Zukunft die Regierung stellen will.

Das Ergebnis vom 26. Mai wirkt nach. Würde in Deutschland jetzt ein neuer Bundestag gewählt, dann könnten die Grünen ihren Erfolg noch deutlich steigern. Laut aktuellem ARD-Deutschlandtrend, den das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap im Auftrag der ARD-Sendung "Tagesthemen" erstellt hat, würden die Grünen 26 Prozent der Stimmen bekommen und damit CDU/CSU auf den zweiten Platz verweisen, die als Union auf 25 Prozent sinken. Die SPD würde mit nur zwölf Prozent einen neuen Negativrekord aufstellen.

Die AfD zieht mit 13 Prozent wie zuletzt im Oktober 2018 an den Sozialdemokraten vorbei. Die FDP liegt bei unverändert acht Prozent. Die Linke verliert und käme auf sieben Prozent, der niedrigste Wert für die Partei seit Mai 2017.

Wer hat die besten Zukunftskonzepte?

Zentrales Thema der Grünen war schon immer der Umwelt- und Klimaschutz. Das kommt ihnen jetzt zugute, denn der Klimaschutz ist für sehr viele Menschen in Deutschland das derzeit wichtigste Thema. Die Meinungsforscher haben gefragt, welcher Partei die Wähler die Beantwortung von Zukunftsfragen derzeit am ehesten zutrauen. Die Grünen kamen auf 27 Prozent. Das ist mit Abstand der beste Wert im Vergleich zu den anderen Parteien. Die Unionsparteien überzeugen mit ihren Antworten momentan zwölf Prozent der Befragten, die SPD nur zwei Prozent.

Allerdings stellen die Meinungsforscher fest, dass der Erfolg der Grünen nicht nur hausgemacht ist. Die Partei profitiert in der aktuellen Stimmung von einem massiv angeschlagenen Erscheinungsbild der Berliner Koalitionsparteien. Äußerten sich Anfang Mai noch rund 40 Prozent der Bundesbürger zufrieden zur Arbeit der Bundesregierung, sind es aktuell nur 28 Prozent. Das ist der niedrigste Wert im ARD-Deutschlandtrend seit vergangenem November.

CDU und SPD machen zu viel falsch

Der größte Fehler von CDU und SPD ist nach Meinung der Wahlberechtigten, dass sie sich zu wenig um Themen kümmern, die den Bürgern wirklich wichtig sind. Dreiviertel der Befragten sind dieser Ansicht.

Große Defizite werden auch bei der Vermittlung eigener Positionen gesehen und in der personellen Aufstellung. Dieses Urteil betrifft nicht zuletzt die CDU-Parteivorsitzende und mögliche Merkel-Nachfolgerin im Berliner Kanzleramt: Lediglich 13 Prozent der Bundesbürger und nur 27 Prozent der Unions-Anhänger sind derzeit überzeugt, dass Annegret Kramp-Karrenbauer eine gute Bundeskanzlerin wäre.

Führungschaos bei der SPD

Bei den Sozialdemokraten wird gutes Führungspersonal allerdings noch stärker vermisst als bei den Christdemokraten. Kein Wunder, denn nach dem Rücktritt von Andrea Nahles als SPD-Chefin hat sich bislang noch niemand in der Führungsetage bereit erklärt, für den Vorsitz zu kandidieren. Im Gegenteil. Bundesfinanzminister und SPD-Vize Olaf Scholz hat es - genauso wie die drei neuen kommissarischen Vorsitzenden der SPD - bereits für sich ausgeschlossen.

Obwohl die SPD Anfang des Jahres ein neues Sozialstaatskonzept vorgestellt und im Europawahlkampf bewusst das Thema soziale Gerechtigkeit in den Vordergrund gestellt hat, sagen sieben von zehn befragten Deutschen, dass schwer zu erkennen sei, für welche Inhalte die SPD momentan steht.

Der Rücktritt von Andrea Nahles findet bei zwei Dritteln der Bundesbürger Zustimmung. Mehr als jeder zweite Befragte findet, dass die Sozialdemokraten die Regierungskoalition mit der CDU/CSU verlassen sollten. Eine Position, die übrigens auch sechs von zehn SPD-Anhängern vertreten.

Angela Merkel verliert ebenfalls

Zu den Politikern, die die große Koalition gerne fortsetzen würden, gehört Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihre Beliebtheitswerte sind in diesem Monat zwar zurückgegangen, für Platz eins auf der Liste der beliebtesten Politiker reicht es aber dennoch. Die Deutschen schätzen sie vor allem als Außenpolitikerin: Zwei Drittel der Befragten sind überzeugt, dass Merkel Deutschland in einer unruhigen Welt gut tut.

Insgesamt sind 53 Prozent der Befragten mit Merkels Arbeit insgesamt zufrieden. Auf Platz zwei und drei landen die beiden SPD-Politiker Olaf Scholz und Heiko Maas, die als Minister im Bundeskabinett sitzen.

Interessant ist das Abschneiden der grünen Parteivorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock. Beide legen in den Beliebtheitswerten massiv zu. Habeck liegt mit 36 Prozent aber deutlich vor Baerbock, die auf 26 Prozent Zustimmung kommt. Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer verliert im Vergleich zum vorherigen Monat deutlich an Rückhalt in der Bevölkerung. Nur jeder vierte Bundesbürger äußert sich aktuell zufrieden zu ihrer Arbeit, der bislang niedrigste Wert für die CDU-Parteivorsitzende im ARD-Deutschlandtrend.

Wie geht es weiter in Europa?

Nach der Europawahl stellt sich die Frage, wie sich die EU künftig weiterentwickelt. Eine bessere Berücksichtigung von Interessen ost- und südeuropäischer Staaten stößt bei den Bundesbürgern nur auf ein geteiltes Echo: 45 Prozent sind dafür, 49 Prozent dagegen. Auch ein stärkeres Eingehen Deutschlands auf französische EU-Reformvorschläge unterstützt aktuell nur knapp die Hälfte der Bundesbürger.

Einiger sind sich die Deutschen bezüglich einer europäischen Integration der unterschiedlichen Geschwindigkeiten. 83 Prozent befürworten es, wenn einzelne EU-Mitgliedsstaaten unter sich eine stärkere Integration vereinbaren würden.

Wie beliebt ist Donald Trump?

Erstmals seit 2017 haben die Meinungsforscher für den Deutschlandtrend die Beliebtheitswerte des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron, der noch amtierenden britischen Regierungschefin Theresa May und von US-Präsident Donald Trump abgefragt.

Die drei standen wegen der Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag der Normandie-Invasion in dieser Woche einmal mehr im Fokus der internationalen Öffentlichkeit. Mit 55 Prozent erfreut sich Macron auch zwei Jahre nach seiner Wahl zum französischen Staatspräsidenten großen Zuspruchs.

Anders als Macron stößt May bei den Deutschen überwiegend auf Kritik: Erhielt sie 2017 noch 22 Prozent Zuspruch, sind es nach zwei Jahren Brexit-Verhandlungen nur noch 14 Prozent. Keinerlei Anlass sehen die Bundesbürger bislang, ihre kritische Haltung gegenüber dem 45. US-Präsidenten zu ändern. Zu Donald Trump äußern sich wie vor zwei Jahren deutlich mehr als 90 Prozent der Deutschen ablehnend.

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