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Die Grünen und die FDP - die Königsmacher

27. September 2021

Egal, wer Kanzler wird - ohne Grüne und die FDP gibt es wahrscheinlich keine neue Regierung. Die Königsmacher stimmen sich schon ab.

Kombobild Annalena Baerbock und Christian Lindner
Bestimmen sie, wer neuer Kanzler wird? Grünen-Parteichefin Annalena Baerbock und FDP-Parteichef Christian Lindner

Wahlgewinner Olaf Scholz von der SPD und Wahlverlierer Armin Laschet von der konservativen Union wollen Kanzler werden. Doch wer immer es schafft, eine Regierung zu schmieden: ohne FDP und Grüne - und deutliche Zugeständnisse an beide - geht es wohl nicht. Eine erneute Große Koalition aus Union und SPD ist unwahrscheinlich.

Christian Lindner, Parteichef der FDP, sagte: "Der Auftrag an alle Parteien mit staatspolitischer Verantwortung ist: Die Bürgerinnen und Bürger wollen eine Regierungsbildung aus der Mitte heraus. Dass die Bundesrepublik Deutschland weiter ein stabiler Partner sein wird."

Von den drittplatzierten Grünen (14,8 Prozent) und der viertplatzierten FDP (11,5 Prozent) wird abhängen, wer ins Kanzleramt einzieht. Zwei Möglichkeiten der Regierungsbeteiligung gibt es für FDP und Grüne: eine sogenannte Ampel (SPD, Grüne, FDP) oder aber Jamaika (Union, Grüne, FDP).

"Vorsondierung" zwischen Grünen und FDP laufen schon

FDP und Grüne machten am Montag Tempo. Die Parteien, die die "größten inhaltlichen Unterschiede" haben, würden bereits miteinander über Koalitionsoptionen reden, verkündete Christian Lindner. Der Parteivorstand habe eine sogenannte "Vorsondierung" mit den Grünen beschlossen. Ziel sei eine Regierungszusammenarbeit. Es gehe darum, sagte Lindner, "ob es ein gemeinsames fortschrittliches Zentrum geben kann." 

Schon am Wahlabend gab es eine erste Annäherung zwischen Grünen und FDP in der Berliner RundeBild: Sebastian Gollnow/Pool/REUTERS

Lindner ergänzte - mit Blick auf die vorhandenen Koalitionsmöglichkeiten - es gebe zwischen Grünen und FDP "die größten inhaltlichen Unterschiede". Daher mache es Sinn, dass die beiden Parteien zuerst miteinander sprächen. Erst dann werde man, sollten Einladungen von CDU/CSU oder SPD folgen, mit den möglichen Kanzlerparteien reden. Zu Details der bisherigen Gespräche wollte sich Lindner nicht äußern.

Schon am Wahlabend klangen FDP und Grüne sehr ähnlich. Es sei "Zeit für einen Aufbruch", sagte Parteichef Christian Lindner bei der Wahlparty in der FDP-Zentrale. "Wir haben jetzt acht Jahre Große Koalition hinter uns unter Angela Merkel - eine Zeit, in der ganz viele Aufgaben liegengeblieben sind", ergänzte Konstantin Kuhle, innenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

FDP will lieber Jamaika mit Armin Laschet als Kanzler

Kuhle begrüßte die Idee des Vorsitzenden Christian Lindner, "dass die Parteien, die gemeinsam mehr Stimmen haben als CDU/CSU oder SPD, gemeinsam überlegen, wie eine Modernisierungsagenda für unser Land aussehen kann."

Konstantin Kuhle (FDP) über Koalitionsoptionen

05:59

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Die Liberalen haben schon oft die Regierung mitbestimmt, mal mit der SPD und mal mit der Union koaliert. "Ich mag das Wort Königs- oder Kanzlermacher nicht wirklich gerne", sagte Christian Lindner, doch die FDP ist wieder einmal genau das: Königsmacher, Zünglein an der Waage. Eine Dreierkonstellation - zusammen mit den Grünen - ist für sie allerdings auch Neuland.   

Kanzler Olaf Scholz oder Armin Laschet? Grüne und FDP haben unterschiedliche VorliebenBild: Wolfgang Rattay/Reuters & Martin Meissner/AP/picture alliance

Fragt man am Wahlabend unter den FDP-Parteimitgliedern nach, ist die Antwort eindeutig: Die Wunschkonstellation lautet Jamaika (Union, Grüne, FDP) mit Armin Laschet als Bundeskanzler. Auch wenn der nur als Zweiter bei der Wahl durch das Ziel gegangen ist. In Gesprächen mit der DW äußert sich am Wahlabend kein FDP-Mitglied positiv zu einer Ampel, also dem Bündnis mit Sozialdemokraten und den Grünen. Zu links sei das, hört man dann immer wieder. Die FDP würde in dieser Konstellation "untergebuttert".

Grüne ziehen Ampel mit Olaf Scholz als Kanzler vor

Auch bei den Grünen ist von einer "Erneuerung dieses Landes" die Rede. Die Euphorie ist bei der Partei nicht ganz so groß. Die Grünen hatten einen größeren Zugewinn erwartet und eine eigene Kanzlerkandidatin nominiert: Annalena Baerbock. "Wir wollten mehr, das haben wir nicht erreicht, auch auf Grund eigener Fehler zu Beginn des Wahlkampfs in der Kampagne. Eigener Fehler von mir. Aber wir stehen heute Abend auch hier und sagen: Diesmal hat es noch nicht gereicht, aber wir haben einen Auftrag für die Zukunft", erklärte sie. 

Die Grünen haben immerhin schon Regierungserfahrung in einer Koalition mit der SPD gesammelt, von 1998 bis 2005. Kanzler war damals Gerhard Schröder von der SPD, grüner Vizekanzler Joschka Fischer.

Gerhard Schröder, Joschka Fischer und Oskar Lafontaine stoßen 1998 auf die rot-grüne Koalition anBild: picture-alliance/dpa

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, verwies darauf, dass die Union nun mal klar der Wahlverlierer sei. Mit anderen Worten: Die Neigung der Grünen ist nicht besonders groß, Armin Laschet zum Kanzler zu machen. Auf der Wahlparty der Grünen war deshalb eine klare Präferenz für eine sogenannte Ampel zu spüren, also ein Bündnis mit der Siegerpartei SPD und der FDP. Die Schnittmengen der Grünen mit der SPD seien größer als die mit der CDU, sagen viele Grünen-Mitglieder.

Dennoch: Die Grünen haben sich in den letzten Jahren eigentlich nach allen Seiten offen gehalten. Sie wollten sich nicht mehr festlegen lassen auf Koalitionen nur mit der SPD. Vor allem, seitdem Annalena Baerbock und Robert Habeck an der Spitze der Partei stehen, also seit dem Januar 2018. Beide werden dem realpolitischen, pragmatischen Flügel der Grünen zugerechnet.  

Postenpoker: FDP stellt Bedingungen

Zwei rote Linien zieht die FDP für eine Regierungsbeteiligung: Keine Steuererhöhungen und kein Aufweichen der sogenannten Schuldenbremse. Der Staat soll nur in sehr begrenztem Umfang neue Schulden machen dürfen. Die FDP befürchtet, dass ein Bündnis unter Führung der SPD diese Linie aufgeben könnte.

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06:28

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Und noch eine Bedingung hat der FDP-Vorsitzende gestellt: "Ich will Finanzminister werden", hat Christian Lindner immer wieder im Wahlkampf betont. Doch auch Co-Grünen-Chef Robert Habeck hat ein Auge auf diesen Posten geworfen. Vielleicht hilft es beim Posten-Poker, dass Habeck und Lindner sich duzen. Der frühere Parteichef der Grünen, Cem Özdemir, der in Stuttgart ein Direktmandat gewinnen konnte, kann sich gut das Außenamt vorstellen.

Streitthema Klimaschutz, Erfolg bei Jungwählern als Gemeinsamkeit 

Neben personellen Fragen geht es für die Grünen in beiden möglichen Konstellationen vor allem um ihr überragendes Thema: den Klimaschutz. Stimmen sie einem Jamaika-Bündnis zu, könnten sie als Preis dafür ein Superministerium für Klima, Umwelt und Wirtschaft fordern.

Beim Klimaschutz müssen Grüne und FDP nach Kompromissen suchenBild: Zoonar.com/DesignIt/picture alliance

Die FDP setzt in Sachen Klimaschutz vor allem auf die Innovationskraft der Wirtschaft. Staatliche Vorgaben für den Klimawandel, wie die Grünen es fordern, lehnt die Partei bislang ab. Aber auch hier sind am Montag nach der Wahl neue Töne zu vernehmen. So sagt FDP-Vizechef Johannes Vogel, man könne sich ja auf einen CO-2-Deckel einigen.

Bei vielen kulturellen und politischen Unterschieden; eines vereint Bündnis '90/Die Grünen und FDP nach dieser Wahl: Erst- und Jungwähler haben besonders häufig ihr Kreuz bei den beiden Parteien gemacht. Das Regierungsmacher-Duo konnte jeweils knapp ein Viertel der Jungwählerstimmen auf sich vereinigen. Unter den Jungen jedenfalls haben Grüne und FDP also schon einmal den klaren Auftrag, maßgeblich mitzumischen bei der nächsten Regierung.

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