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Legale Drogen

Gudrun Heise18. Mai 2015

Zum zweiten Mal haben Experten den Alternativen Drogen- und Suchtbericht vorgestellt. Die Bundesregierung kommt darin nicht gut weg: Viele Ankündigungen, aber keine Ergebnisse.

Junger Mann sitzt hinter Flaschen (Foto: Fotolia).
Bild: Fotolia/lassedesignen

"Die Verbote in der Drogenpolitik helfen nicht weiter, sie werfen uns sogar zurück", sagt Heino Stöver. Er ist Vorsitzender von akzept e.V., dem Mitherausgeber des Alternativen Drogen- und Suchtberichtes. "Die Politik tut so, als gebe es keine Nebenwirkungen dieser Verbotspolitik, aber die Nebenwirkungen sind immens", sagt der Sucht- und Drogenexperte. Der Bericht will auch ein Gegengewicht zum Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung bilden, der am 21. Mai vorgestellt wird.

Die zentralen Themen

Der alternative Sucht- und Drogenbericht soll dabei helfen, Erkenntnisse aus der Sucht- und Präventionsforschung in die Praxis umzusetzen. Die wichtigsten Forderungen in dem Bericht ist das vollständige Verbot von Werbung für legale Drogen wie Alkohol und Tabak. Mit etwa 400.000 Zigarettenautomaten nimmt Deutschland weltweit eine fragwürdige Spitzenposition ein.

"Wir haben über 100.000 tabakbedingte Todesfälle im Jahr und über 40.000 alkoholbbedingte Todesfälle", so Stöver, "von den körperlichen Krankheiten und Folgeschäden, die es bei den Menschen anrichtet, von Unfällen bis hin zu häuslicher Gewalt, ganz zu schweigen." Das seien die großen zentralen Themen. Hinzu kämen die massiven Probleme einer recht kleinen Gruppe, die der Heroinabhängigen und Konsumenten von Crystal Meth.

Tabak ist eine legale Droge, fordert aber jährlich etwa 100.000 TodesopferBild: Colourbox

Steigende Zahl von Toten

Nach Angaben der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marlene Mortler, und dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, gibt es wieder ansteigende Drogen-Todeszahlen bei Opiaten. Dagegen gebe es durchaus Strategien, um offensiver vorzugehen, ist Stöver überzeugt und nennt beispielsweise Naloxon. Die Gabe dieses Opioidantagonisten sei in England, Kanada und den USA weit verbreitet. Es wird Freunden oder Partnern von Drogenabhängigen ausgehändigt, damit sie dem Abhängigen das Mittel im Notfall verabreichen können. "Von einer Drogenbeauftragten, die medial sehr stark herausstellt, dass die Zahl der Drogentoten gestiegen ist, würde man eine Gegenreaktion erwarten oder Strategien, um offensiver mit diesen Problemen umzugehen", meint Stöver. Dazu könnte beispielsweise die Einführung eines sogenannten Opioidantagonisten wie Naloxon gehören.

Extremdroge Crystal Meth

Crystal Meth hat furchtbare gesundheitliche AuswirkungenBild: picture-alliance/dpa/Matthias Hiekel

Im Konsumverhalten der gefährlichen Droge Crystal Meth hat sich im letzten Jahr kaum etwas verändert. Im südlichen Bundesgebiet, an der bayerischen Grenze zur Tschechischen Republik und in Sachsen sei die Substanz nach wie vor weit verbreitet. "Die Konsumenten dieser synthetischen Droge müssen in Präventionsmaßnahmen einbezogen werden, Runde Tische müssen eingerichtet werden", schlägt Stöver vor. "Immer wieder stellt sich die Frage: 'Wie kann man am besten auf die Situation reagieren?' Es besteht eine hohe Nachfrage nach dieser Substanz. Aber sie hält eben nicht nur wach, sondern richtet auch schlimme, körperliche Schäden an", erklärt Suchtexperte Stöver. Mittlerweile sei Crystal Meth schon in weitere Teile der Bevölkerung eingedrungen, um beispielsweise eine Leistungssteigerung zu erleben. "Es ist längst nicht mehr so, dass es nur eine kleine Gruppe von verelendeten Drogenverbrauchern gibt, die Crystal Meth nehmen, sondern es ist durchaus in höhere Sphären der Bevölkerung eingedrungen."

Langanhaltende Diskussion um Cannabis

Auch Cannabis steht nach wie vor auf der Tagesordnung weit oben und nach wie vor beschäftigt die Frage nach der Legalisierung die Experten. "Wir müssen uns dringend ein erwachsenes, rationales Modell der Cannabis-Zugänglichkeit schaffen und so die polizeiliche Kriminalstatistik um etwa 170.000 Fälle entlasten", fordert Stöver. Die Konsumenten müssten entkriminalisiert werden, indem man ihnen eine legale Option gebe. Das zweite Thema, das in Hinblick auf Cannabis-Konsum im Bericht behandelt wird, ist der Einsatz in der Medizin. Nach Ansicht der Verfasser, die hinter dem Alternativen Drogen- und Suchtbericht stehen, hat Cannabis hohe therapeutische Potenziale. Diese müssten besser genutzt werden, fasst Stöver zusammen.

Quintessenz

Heino Stöver ist Suchtforscher an der Fachhochschule FrankfurtBild: Fachhochschule Frankfurt

Positive Entwicklungen sieht Stöver im letzten Jahr keine. "Es wird zu wenig Gebrauch von den praktischen systematisierten Erfahrungen gemacht, die wir alle in der Praxis haben, die die großen Verbände haben. Sie haben Erfahrung, und sie haben Forderungen, die auch in unserem diesjährigen Bericht nachlesbar sind." Erkenntnisse aus der Wissenschaft und Forschung kämen hinzu. "Sie alle werden nicht umgesetzt, sie werden nicht in eine Drogenpolitik integriert, die Verbraucherschutz als oberste Maxime hat und auch gesellschaftliche Belange und Interessen im Blick hat", so Stöver. Im letzten Jahr aber sei eigentlich nichts passiert, außer Ankündigungen. "Deutschland und Bulgarien sind neben Luxemburg die Länder, in denen Außenwerbung für Tabak- und Alkoholprodukte erlaubt ist. Die Verantwortlichen erlauben der legalen Drogenindustrie, mit großformatigen Aufstellern für ihre Produkte zu werben", so Stövers Quintessenz. "Und darunter schreiben wir dann: 'Rauchen kann tödlich sein'".

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