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Die große Plage: Wer vom Borkenkäfer profitiert

22. Oktober 2020

Der Borkenkäfer frisst sich durch deutsche Wälder. Zehntausende Bäume müssen gefällt werden. Doch wohin damit? Dem Bremer Logistikunternehmen Brelog beschert die Plage jedenfalls einen Auftragsboom.

Deutschland | Waldsterben
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Brelog steht für Bremer Logistik. Ein Kürzel, das sich geradezu anbot, als die Spedition vor zehn Jahren an den Start ging. Arne Lücken ist geschäftsführender Gesellschafter. Die Borkenkäfer-Plage, bestätigt er, habe seinem Unternehmen eine unerwartete Geschäftsnische eröffnet. "Wir sind ja schon länger in dem Bereich, Rundhölzer, Schnitthölzer im Exportgeschäft aktiv. Aber ja, der Borkenkäfer setzt noch mal einen oben drauf!"

Mit 15 Mitarbeitern und einem Umsatz von 15 Millionen Euro begann die Spedition. Mittlerweile hat der Chef seine Belegschaft auf das Doppelte aufgestockt; der Frachtumsatz wuchs auf das Dreifache. Auch dank der Borkenkäfer-Plage. Aber wieso wird das geschädigte Holz aus deutschen Wäldern um die halbe Welt transportiert? "Die Chinesen ordern große Mengen an Borkenkäfer-Holz, weil es billig ist und  verwenden es in der in der Bauwirtschaft als Schalbretter oder für Verpackungen."

Ein Harvester verlädt die Stämme in einen ContainerBild: Brelog

Fast eine Million Tonnen Holz pro Jahr nach China

40.000 Container schickt die Bremer Spedition pro Jahr ins Reich der Mitte. In jeden Container passen 24 Tonnen Holz, meist Fichte. Mehrachsige Maschinen, sogenannte Harvester, packen mit ihren kräftigen Hydraulik-Greifern gleich mehrere Stämme und schieben sie in die zwölf Meter langen Container, erzählt Markus Lange, bei Brelog zuständig für das operative Geschäft. Verladen wird in ganz Deutschland. "Heute gerade in Bückeburg und Witzenhausen." Die Container werden im Wald beladen oder auf einer befestigten Straße in der Nähe. "Eine LKW-Spedition bringt die Container in den Hafen. Dort wird es begast", erklärt Lange. Bevor das Holz nämlich nach China geht, müssen die Borkenkäfer getötet werden. "Der Begaser füllt den Container mit einem entsprechenden Gift, das 24 Stunden einwirkt." Anschließend wird der Container gründlich gelüftet und ist verladebereit für das Schiff.

(Fast) fertig zum Abtransport: Mit Baumstämmen beladene ContainerBild: Brelog

In China angekommen werden Stichproben genommen. Das Holz aus Deutschland muss frei von Borkenkäfern sein. Andernfalls würden die Chinesen die Einfuhr wohl sofort stoppen, wie sie es auch beim deutschen Schweinefleisch getan haben, als in Brandenburg die ersten Fälle der afrikanischen Schweinepest festgestellt wurden. Von seinem Schreibtisch in Bremen aus steuert Markus Lange die lange Reise und achtet darauf, dass die Frachtpapiere in Ordnung sind. "Wir müssen das Forstamt vorher informieren, wie viele Container geladen werden, wir erledigen die Zoll-Formalitäten und erstellen das entsprechende Ausfuhr-Begleitdokument inclusive einem Begasungs-Zertifikat."

Mehr als nur vom Borkenkäfer befallenes Holz

Brelog, das Bremer Speditionsunternehmen, organisiert aber mehr als nur den Holzexport nach China. In China, sagt Geschäftsführer Arne Lücken, habe sich eine kaufkräftige Mittelschicht etabliert; europäische Markenartikel wie Modeartikel oder Lebensmittel sind heißbegehrt. "Ich hätte nie gedacht, dass wir mal Haferflocken nach China exportieren."

Nicht nur Holz, auch Tiefseekabel bringt die Firma Brelog auf den Weg - hier eine Lieferung für einen Kunden in Malaysia Bild: Brelog

Kürzlich, berichtet Arne Lücken, hat seine Spedition Tiefseekabel, 400 Kilometer am Stück und aufgespult auf mehreren Trommeln, von den Deutschen Seekabelwerken in Nordenham nach Malaysia verschifft oder Hartholz, das für eine Entmagnetisierungsanlage für Kriegsschiffe in Lübeck bestimmt war, aus Surinam importiert. Aufgrund coronabedingter Reisebeschränkungen ist die Nachfrage nach Gartenmöbeln kräftig gestiegen. Brelog bezieht sie überwiegend aus Indonesien und Vietnam.

Andere Güter wie Automobil-Teile oder Elektronikgeräte gehen per Bahn nach Fernost. "Da gibt es mittlerweile sehr gute Anbindungen direkt nach Hamburg, Duisburg, neuerdings auch nach Nürnberg. Es gibt auch feste Fahrpläne, die es vorher so nicht gab." Für die Fahrt nach China benötigt ein Zug drei Wochen, Schiffe sind fünf Wochen unterwegs; der Seetransport ist aber deutlich billiger. Weswegen das vom Borkenkäfer befallene Holz auch künftig per Schiff nach China transportiert wird. Und das wohl auch noch eine ganze Zeit. Die trockenen Sommer schwächen die Nadelbäume und ermöglichen dem Borkenkäfer ein leichtes Spiel. Brelog zumindest profitiert davon.

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