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Barrieren

6. April 2011

Die Preise für Produkte aus dem Internet variieren in Europa um bis zu 200 Prozent. Doch nur jeder fünfte Online-Shopper kauft im Ausland. Eine neue EU-Richtlinie zum Verbraucherschutz soll für mehr Wettbewerb sorgen.

e-commerce Symbolbild Einkaufswagen
150 Millionen Menschen kaufen in Europa online ein
Einkaufen im Internet: Riesige PreisunterschiedeBild: AP

Ein echter europäischer Binnenmarkt ist auch Jahrzehnte nach seiner Einführung noch immer eine Illusion - zumindest, was das Einkaufen im Internet angeht. Dabei könnten die Verbraucher von enormen Preisunterschieden innerhalb der EU profitieren, sagt Bo Jensen, Deutschland-Manager des britischen Online-Shopping-Portals Kelkoo im Gespräch mit DW-WORLD.DE: "Wir haben festgestellt, dass Online-Preise für die gleichen Produkte zwischen den Märkten um bis zu 200 Prozent variieren."

Kelkoo betreibt in zehn europäischen Ländern ein Online-Shopping-Portal, auf dem 44 Millionen Angebote von über 10 000 Online-Händlern gelistet sind. Angesichts dieses riesigen Datenbestands lag ein internationaler Preisvergleich nahe: Im Frühjahr haben Kelkoo-Mitarbeiter die Preise von über 120 Produkten in den Online-Märkten von zwölf Ländern verglichen. Danach kauft man europaweit in Großbritannien am günstigsten ein. Der Preis des gesamten Warenkorbs liegt dort um 34 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt.

Einkaufsparadies Großbritannien

Bo Jensen, Country Manager Kelkoo DeutschlandBild: Kelkoo.de

Deutschland belegt Platz zwei mit minus 17,5 Prozent. In Dänemark dagegen ist der Einkaufswert des zugrunde gelegten Online-Warenkorbs am höchsten: Hier sind die Waren 83,2 Prozent teurer als im europäischen Durchschnitt. Es folgen Norwegen mit 47 und die Niederlande mit 8,7 Prozent. Die Online-Preise in den USA bleiben allerdings weiter das Maß aller Dinge. Hier liegt der Warenwert ungeschlagen um 35,4 Prozent unter dem Index-Durchschnitt.

Bo Jensen von Kelkoo Deutschland räumt zwar ein, dass die größten Preisunterschiede in Europa durch die unterschiedlich hohen Mehrwertsteuersätze zustande kommen. "Doch abgesehen davon lassen die Preisunterschiede den Schluss zu, dass es mit dem Wettbewerb im europäischen Online-Binnenmarkt nicht weit her ist. Deshalb muss grenzüberschreitendes Online-Shopping einfacher gemacht werden", sagt Jensen. Trotz des enormen Sparpotenzials kauft zur Zeit nur jeder Fünfte der 150 Millionen europäischen Online-Kunden in einem ausländischen Shop, und nur jeder vierte Online-Händler ist bereit, über die Landesgrenzen hinweg zu liefern.

Regelwirrwarr in Europa

In Deutschland kaum bekannt: Das Einkaufsportal kelkoo.deBild: Kelkoo.de

Unterschiedliche Rechtssysteme, versteckte Kosten, Steuern und Abgaben behindern den grenzüberschreitenden Online-Warenverkehr ebenso wie unterschiedliche Regelungen zur Rückerstattung, zum Widerruf oder zu Garantiefristen. Obgleich sich die meisten dieser Regelungen aus dem EU-Recht ergeben, gelten sie nicht überall in der EU genau im gleichen Umfang, weil die nationalen Gesetzgeber das Europarecht angepasst oder darüber hinausgehende Rechtsvorschriften erlassen haben. Wollte ein Händler in alle EU-Mitgliedstaaten verkaufen, so müsste er sich zu 27 verschiedenen nationalen Regelungen juristisch beraten lassen. Besonders für kleine Unternehmen können die damit verbundenen Kosten untragbar sein. Deshalb weigern sich viele Händler, Kunden im Ausland zu beliefern. Folglich bleibt den betreffenden Verbrauchern der Zugang zu konkurrenzfähigen Angeboten im Ausland verwehrt.

Neue Verbraucherschutzrichtline

Europaparlament in Brüssel: Neue Richtlinie in ArbeitBild: dpa

Seit Oktober 2008 schmort ein Entwurf der EU-Kommission in den Gremien, die Verbraucherschutzregeln in der EU weitgehend zu harmonisieren. Eine entsprechende Richtlinie wurde Anfang Februar vom zuständigen Ausschuss des Europaparlaments verabschiedet. Allerdings: Wenn der Text in dieser Form in Kraft tritt, haben die EU-Staaten nicht mehr das Recht, eigene höhere Schutzstandards zu beschließen, monieren die linken Fraktionen im Europaparlament. Über den Text muss nun das Plenum des Europaparlaments abstimmen, was in einigen Wochen geschehen soll. Die EU-Volksvertretung hat in der Frage ein Mitentscheidungsrecht. Parlament und Ministerrat, in dem die 27 EU-Staaten vertreten sind, müssen sich somit auf eine gemeinsame Position einigen.

Bo Jensen von Kelkoo Deutschland hofft dennoch auf eine baldige Einigung. Schließlich würde die Vereinfachung der Regelungen und die Beseitigung der Beschränkungen dazu beitragen, den Wettbewerb zu öffnen. "Ein Online-Binnenmarkt würde den Unternehmen eine größere Chance geben, grenzüberschreitenden Handel zwischen den EU-Mitgliedsstaaten online zu betreiben und letztlich zu mehr Vertrauen bei den Verbrauchern führen." Und womöglich gar zu mehr Wettbewerb und niedrigeren Preisen.

Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Henrik Böhme