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Türkische Karnevalisten

13. Februar 2012

Echte Jecken kennen keine Grenzen. Deshalb hat sich in Düsseldorf der erste deutsch-türkische Karnevalsverein gegründet. Welches Echo sie damit auslösten, hat die Gründer selbst am meisten überrascht.

Deutsch-türkischer Karnevalsverein DüsseldorfBild: DW

Der Klingelton auf dem Handy von Rolf Rosenkranz ist schon das ganze Jahr über auf die so genannte "fünfte Jahreszeit" eingestellt. Immer wenn der Insolvenzverwalter aus Neuss einen Anruf erhält, dann scheppert ein Karnevalslied aus dem Telefon. Zurzeit passiert das oft, denn Rosenkranz hat etwas bislang einmaliges ins Leben gerufen: den ersten deutsch-türkischen Karnevalsverein des Landes. Zusammen mit seinem türkischen Freund Ramazan Yagan hatte der Rheinländer schon lange die Idee für einen solchen Karnevalsverein im Kopf. Doch zunächst haperte es noch an der Umsetzung.  

Im Jahr 2011 wurde die Tochter von Rosenkranz zur Venetia im Düsseldorfer Karneval gekürt, sie agierte damit als offizielle Düsseldorfer Karnevalsprinzessin und hatte viele repräsentative Verpflichtungen und Aufritte. Das Thema Karneval war auf einmal wieder ganz oben auf der Tagesordnung und damit einhergehend auch wieder der gemeinsame Karnevalsverein. "Da haben wir die Idee wieder aufgegriffen und irgendwann im November haben wir gesagt, wir haben die Leute zusammen, dann machen wir es jetzt einfach", berichtet der 62jährige Rosenkranz von der Entstehungsgeschichte des deutsch-türkischen Karnevalsvereins (DTC).

Haben noch viel vor mit ihrem Verein: Rolf Rosenkranz und Ramazan YaganBild: DW

Bunte Mischung

Yagan trommelte seinen Bekanntenkreis zusammen und fühlte vor, ob das Thema auf Zustimmung stoßen würde. Auch Rosenkranz ließ seine langjährigen Karnevalskontakte spielen, und so waren schnell elf Gründungsmitglieder zusammen: sechs Türken, eine Türkin, drei Deutsche und ein Mazedonier.

"Eigentlich wollten wir uns schon standesgemäß zum 11.11.2011 gründen, aber das klappte nicht, da noch einige der Mitglieder im Urlaub waren", erklärt Rosenkranz. So mussten sie sich mit der Gründung bis Ende November gedulden, denn als Voraussetzung für eine Vereinsgründung benötigt man in Deutschland sieben Gründungsmitglieder. 

Integration zweitrangig

Um Integration von Ausländern soll es im DTC vorrangig nicht gehen. "Ich kann das Wort nicht mehr hören", sagt Yagan, der mit sechs Jahren nach Deutschland kam. "Ich bin hier integriert, wir sind alle Teil dieses Landes und wir alle zahlen unsere Steuern hier. Wir leben hier in zweiter, dritter, teilweise vierter Generation. Wir identifizieren uns voll mit dieser Stadt und diesem Land." Deshalb müsse man keinen integrieren.

Düsseldorf Helau! Ramazan Yagan ist ein überzeugter KarnevalistBild: DW

Auch Rosenkranz verneint den Integrationsgedanken. "Das ist nicht unser erster Beweggrund gewesen. Wir haben gesagt: Wir arbeiten zusammen, wir sind privat befreundet, dann können wir auch zusammen feiern." Wenn dann aus der ganzen Geschichte auch noch etwas für die Integration bei heraus käme, sagt Rosenkranz, dann "nehmen wir das gerne mit."


Hemmschwelle vor dem Eintritt

Wie es sich für einen echten Karnevalsverein gehört, besteht der DTC aus genau elf GründungsmitgliedernBild: DW

Viel mehr erkannten Yagan und Rosenkranz, dass die Hemmschwelle für Ausländer, hierzulande, einem Karnevalsverein beizutreten, recht hoch war. Man wolle mit der Gründung des DTC auch helfen, Hemmschwellen zu senken: Vielleicht würde es den Leuten helfen, wenn sie sehen, "dass da in unserem Verein ja schon Türken, Portugiesen, Kroaten und Mazedonier drin sind", erzählt Rosenkranz. Das wäre einfach leichter für Ausländer, als wenn sie einem rein deutschen Verein beitreten würden.

Bisher wird der neu gegründete Verein sehr gut angenommen. Eigentlich hatte man sich zum Start der Karnevalssaison 2012/13 die Marke von 100 Mitgliedern zum Ziel gesetzt. Es sieht aber danach aus, dass man diese Zahl schon früher erreichen wird, denn schon jetzt zählt der DTC rund 40 Mitglieder.

Herzlich aufgenommen

Auf Schnupperkurs: Die DTC-Gründer in der Prunksitzung eines befreundeten KarnevalsvereinsBild: DW

In der diesjährigen Karnevalszeit will man es erst einmal noch ruhig angehen lassen. Die Mitglieder sollen den Karneval langsam von innen kennen lernen. Der Verein besucht deshalb die Sitzungen verschiedener anderer Vereine, "wir feiern mit denen, schunkeln mit denen und trinken mit denen unser Bier", berichtet der 48jährige Yagan, der hellauf begeistert ist von der erlebten Gastfreundschaft. "Dass die uns wirklich in ihr Programm einbauen, uns auch erwähnen, uns auf die Bühne bitten und uns einen Orden verleihen: Das ist absolut sympathisch, wie wir von denen empfangen werden."

Ewig wollen die beiden aber die Rolle als Vorreiter im deutsch-türkischen Karneval allerdings nicht spielen. Viel eher hoffen sie auf Nachahmer. "Vielleicht setzen wir jetzt ja ein Signal an die Republik, dass andere unserem Beispiel folgen und dass sich auch noch weitere Vereine gründen. Darüber würden wir uns sehr freuen", sagt Yagan, der von Beruf Unternehmensberater ist und hier vor allem türkischstämmige Kunden berät. 

Von der Politik gehört zu werden

Integration hin oder her. Eines will der türkische Karnevalist aber schon noch durch seinen Karnevalsverein erreichen: "Vielleicht bekommen wir ja auch einmal die Möglichkeit, von der Politik eingeladen zu werden. Da könnten wir das Positive rüberbringen. Wir sind doch hier aufgewachsen und fühlen uns hier heimisch. Deutschland ist unser Lebensmittelpunkt." Es sei doch nur eine Minderheit, die auffallen und über die dann immer verstärkt negativ berichtet würde.

Mit der Gründung des ersten deutsch-türkischen Karnevalsvereins haben Yagan und seine Mitstreiter auf jeden Fall schon einmal für positive Schlagzeilen gesorgt. 

Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Thomas Latschan