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Kunst Marke 'Leipzig'

22. Juni 2009

Vor 125 Jahren wurde in Leipzig die Baumwollspinnerei gegründet. Heute ist das Gelände eine der weltweit angesagtesten Produktionsstätten zeitgenössischer Kunst. Ihr Exportschlager: die 'Neue Leipziger Schule'.

Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Video und Grafik Künstlerin Christiane Baumgartner und Ministerpräsident Tillich beim Rundgang durch die Ausstellung (Foto Stefan Nöbel-Heise)
Vom Industrie- zum Kulturtempel: die Leipziger BaumwollspinnereiBild: DW

Irgendwie strahlten sie an diesem Wochenende alle um die Wette: vornweg Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Eröffnungsrede, neben ihr der Spinnerei-Chef Bertram Schultze und über ihnen und hunderten von Gästen sogar die Sonne, die sich immer wieder gegen graue Wolken am Horizont durchsetzte. Selbst Neo Rauch, der zurückhaltende Vorzeigekünstler der "Neuen Leipziger Schule", lächelte an der Seite der Kanzlerin auf dem gemeinsamen Rundgang durch die extra zum Jubiläum eingerichtete Werkschau in Halle 12. Fast eine Stunde bewunderte Merkel die ausgestellten Kunstwerke: über 100 Fotos, Malereien, Skulpturen und Videoinstallationen. Es sind alles "neue, frische, ungezeigte Werke aus den Ateliers der etwa 100 Kunstschaffenden auf dem Gelände", erklärt Geschäftsführer Schultze.

Gelungene Werkschau, internationale Gäste

Zahlreiche Besucher sind zur Eröffnung gekommenBild: Stefan Noebel-Heise

Es ist eine interessante Ausstellung von hoher Qualität. Die Künstler der Baumwollspinnerei sind mittlerweile dafür bekannt und erfahren weltweite Beachtung. Wer hier arbeitet, kann seine Arbeiten verkaufen. Das zeigt das große Interesse der letzten Jahre und auch die internationale Gästeliste dieser Jubiläumsfeier. Die meisten Künstler hier können von ihren Arbeiten leben, einige sogar ziemlich gut. Allen voran Neo Rauch, dessen Werke für viel Geld gehandelt werden und der Leipzig trotzdem treu geblieben ist. Aber auch Christoph Ruckhäberle, Tilo Baumgärtel, Julius Popp, Rosa Loy oder Hans Aichinger sind in der Kunstwelt längst keine Unbekannten mehr. Glaubt man Gerd Harry Lybke, dem Besitzer der ansässigen Galerie Eigen+Art, dann gehört "die Spinnerei heute, neben Berlin, New York und London, zu den wichtigsten Kunstproduktionsorten der Welt." Einer wie Lybke muss es wissen, er kennt das Business seit Jahrzehnten – und er ist der Galerist von Neo Rauch.

Kunst statt Baumwolle

Die Fotografien von Edgar LeciejewskiBild: Stefan Noebel-Heise

1884 wurde der Grundstein für die 8,5 Hektar große Baumwollspinnerei gelegt, bereits 1907 lief hier die größte Garnfabrik Europas. 1992, als die Produktion im Osten zusammen brach, war damit Schluss. In den Folgejahren zogen erst die Künstler ein, dann kamen die Galerien. Nach und nach wurden die Hallen restauriert. Im Umfeld der Kunst hat sich eine bunte Palette kleinerer Werkstätten, Geschäfte, Dienstleister und Designer niedergelassen. Alle zusammen nutzen sie eine Fläche von etwa 50.000 Quadratmetern, erklärt Spinnerei-Chef Schultze. Die eine Hälfte werde künstlerisch genutzt, die andere gewerblich. "Damit ist die Spinnerei ein gesundes Produkt, mit verschiedensten Nutzern und vergleichsweise günstigen Mieten." Wahrgenommen wird das Gelände allerdings vor allem für seinen Kunstbetrieb.

Künstler-Community

Genau das schätzt auch der Fotograf Edgar Leciejewski, der seit drei Jahren ein Atelier hier hat. Zwei seiner Bilder hängen in der Werkschau. Mit den Kollegen Tür an Tür zu arbeiten und sich auszutauschen ist für ihn einmalig. "Du gehst mittags in die Kantine und triffst deine Kollegen, verabredest dich auf einen Kaffee und sprichst über die Arbeit. Die Community hier ist einfach fantastisch. Das bringt Reibung, hilft einem weiter. Man kann zusammen arbeiten, neue Ideen entwickeln." Außerdem, fördere die Marke natürlich auch das finanzielle Überleben, so Leciejewski. Das alles zusammen mache das Wesen der Leipziger Baumwollspinnerei aus."

Autor: Ronny Arnold

Redaktion: Petra Lambeck