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Die Kaffee-Krise

Rolf Wenkel26. September 2002

Nach einem jahrelangen Preisrückgang kostet Kaffee derzeit so wenig wie seit 30 Jahren nicht mehr. Die Folge ist ein Gewinneinbruch, der vor allem die Wirtschaftskraft kleiner Kaffee-Bauern in Schwellenländern ausdörrt.

Kein braunes Gold, nein, nur Kaffee-BohnenBild: AP

Kennen Sie Oxfam? Oxfam ist ein Verbund von zwölf nationalen Hilfsorganisationen in verschiedenen Industrieländern, die sich der Entwicklungspolitik, dem Katastrophenschutz und der Armutsbekämpfung verschrieben haben. Der Name Oxfam stand ursprünglich für Oxford Committee for Famine Relief (Oxforder Komittee zur Bekämpfung von Hungersnot), 1942 in Oxford von engagierten Bürgern gegründet. Nun hat Paul Bendix, Geschäftsführer von Oxfam Deutschland, Alarm geschlagen: "Wir weisen darauf hin, dass 25 Millionen Kaffeeproduzenten und -produzentinnen auf der ganzen Welt in den Kaffee produzierenden Ländern vor dem Ruin stehen." Grund dafür ist nach Bendix' Angaben, dass der Kaffeepreis zurzeit nominal der niedrigste seit 30 Jahren und real der niedrigste seit 100 Jahren ist.

Marktregulierung

Bei den deutschen Verbrauchern war einst der Preis von zehn Mark für ein halbes Kilo Röstkaffee die absolute Obergrenze, heute wären es vermutlich fünf Euro. Doch so tief muss niemand in die Tasche greifen: 500 Gramm Kaffee sind schon für 2,49 Euro zu haben. Woran das liegt, darüber denkt kaum jemand nach - geschweige denn über die Folgen des Preisverfalls für die Produzenten. Das möchte Oxfam ändern.

Eine Frau pflückt Kaffe-Bohnen im nikaraguanischen Ort La Hacienda San Luis, Matagalpa, (135 Kilometer nördlich von Managua). Kaffe-Bauern wie sie haben wegen der gesunkenen Kaffe-Preise Probleme, ihre Plantagen zu halten.Bild: AP

Früher versuchte die Internationale Kaffee-Organisation ICO, ein Zusammenschluss aus Produzenten und Abnehmern, für einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt zu sorgen. Damit wollte sie es den Produzenten ermöglichen, auskömmliche Preise erzielen. Dies ist vor allem für viele Länder der Dritten Welt von großer Bedeutung, da dort Kaffee oft die einzige Einnahmequelle für Devisen ist. Das funktioniert Bendix zufolge seit mehreren Jahren nicht mehr. Der seiner Ansicht nach gravierend zu niedrige Kaffeepreis komme dadurch zustande, dass die Kaffeeproduktion ausgeweitet worden ist. Insbesondere durch einen neuen Anbieter, nämlich Vietnam. "Vietnam hat sich - durch einen aus unserer Sicht sehr leichtfertigen Rat der Weltbank und anderer Organisationen - auf Kaffee konzentriert, hat also das Angebot so ausgeweitet, dass die Preise in den Keller gegangen sind", sagt Bendix im Gespräch mit DW-WORLD.

In anderen Ländern hat dies verheerende Folgen. 25 Millionen Kleinproduzenten in Mittel- und Südamerika, Asien und Afrika sind gezwungen, ihren Kaffe unter ihren eigenen Produktionskosten zu verkaufen. Sie erhalten im Schnitt 24 US-Cent pro Pfund, während der Verbraucher in den Industrieländern knapp 3,60 Dollar zahlt. Eine Wertsteigerung von 1.500 Prozent, die in den Taschen der Konzerne bleibt. Die fünf Größten kaufen die Hälfe der Welternte auf und verdienen prächtig. Die Deviseneinnahmen der Kaffeeländer sinken dagegen dramatisch. In Äthiopien zum Beispiel seien die Einnahmen innerhalb eines Jahres um 110 Millionen Dollar gefallen, teilte Oxfam mit, während dem Land im gleichen Zeitraum großzügig 58 Millionen Dollar Schulden erlassen worden seien.

Nagelprobe der Globalisierung

Die Kaffeekrise konterkariert nach den Worten von Bendix Entwicklungshilfe und Schuldenerlass, deshalb müssten die Preise erhöht werden. "Das geht mit marktkonformen Mitteln nur durch eine Verknappung des Angebots. Deswegen schlagen wir vor, fünf Millionen Sack Kaffee, das sind 300 Millionen Kilo, zu vernichten."

Kaffeebohnen, NahaufnahmeBild: Bilderbox

Pro Jahr wird gegenwärtig rund acht Prozent mehr Kaffee produziert als konsumiert. Die Vernichtung von 300 Millionen Kilo meist minderwertigen Kaffees würde 100 Millionen Dollar kosten. Dies würde den Produzenten jedoch Mehreinnahmen von 700 bis 800 Millionen Dollar bringen, schätzt Oxfam. Für Paul Bendix ist dieser Vorschlag deshalb eine Nagelprobe, ob die Globalisierung so gestaltet werden kann, dass sie auch den Armen nützt. "Im Moment ist es noch so - und am Beispiel Kaffee lässt sich das wunderbar darstellen -, dass die Reichen sehr viel reicher werden und die Armen sehr viel ärmer."

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