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Politik

Die Kirche und die Frauen - ein Streit

23. September 2019

Sie stellen die Machtfrage. Vor dem Herbsttreffen der deutschen Bischöfe wollen katholische Frauen lautstark protestieren. Die Ungeduld wächst. Und die Bischöfe bekommen Druck von der Basis - und aus Rom.

Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz
Bild: DW/Christoph Strack

Sie lassen nicht locker. Zum Auftakt der Vollversammlung der katholischen deutschen Bischöfe wollen katholische Frauen erneut protestieren. "Wir wollen sichtbar und hörbar sein. Und ich glaube, dass sind wir den Frauen und den Männern in der katholischen Kirche auch schuldig, dass man jetzt mehr von uns hört", sagt Mechthild Heil, die Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), der DW. Der mit 450.000 Mitgliedern größte katholische Frauenverband in Deutschland drängt auf den Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Diensten und Ämtern. Auch zum Priesteramt.

Mechthild Heil, Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft DeutschlandsBild: kfd/Tina Umlauf

An diesem Montagmittag will Heil mit bis zu 300 Mitgliedern des Verbandes in einem Demozug durch die Innenstadt von Fulda zum Priesterseminar neben dem Dom der Stadt ziehen. Mit einer Percussiongruppe, Transparenten und Plakaten, auch mit großen Purpurkreuzen. Zum Abschluss wollen sie den eintreffenden Bischöfen ihre Forderung übergeben und mit dem Vorsitzenden der Konferenz, Kardinal Marx, sprechen. "Selbst wer will, wird uns nicht übersehen oder überhören können", sagt Heil.

Männer, Missbrauch, Macht

Ein Protest mit Vorgeschichte: Vor bald zehn Jahren begann der Skandal um sexuellen Missbrauch in der Kirche in Deutschland mit dem Bekanntwerden zahlreicher Fälle an einer Berliner Jesuiten-Schule. Seitdem erschüttern immer neue Erkenntnisse, neue Zahlen und neue Berichte von Opfern. In den vergangenen Jahrzehnten gab es weit als tausend Täter unter den Priestern, tausende Opfer und zehntausende Straftaten. Und es wurde vertuscht und weggesehen. Bis Herbst 2018 belegten Wissenschaftler mit einer Studie das Ausmaß des Skandals. Seitdem geht es zusehends um patriarchales Denken in der männlich dominierten Kirche, um den Zusammenhang von Machtmissbrauch und sexuellem Missbrauch.

Missbrauchsopfer des Berliner Canisius-Kollegs sorgten für AufarbeitungBild: picture alliance/AP

Und es geht um die Frauen. "Wir kommen an der Frauenfrage nicht vorbei", sagt der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. Er ist Vize-Vorsitzender der Bischofskonferenz. Wie auch einige andere Bischöfe plädiert er für eine Debatte um weibliche Diakone, die es in der katholischen Kirche bislang nicht gibt. Mehrere prominente Ordensfrauen gehen weiter. Frauen müssten in der Kirche "die Machtfrage stellen", sagte beispielsweise die Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, Schwester Katharina Ganz. Und betonte, kein Papst habe den Ausschluss von Frauen vom Weiheamt, also als Diakonin, Priesterin oder Bischöfin, bisher als Dogma definiert.

Post vom Papst

Bischöfe und Laien wollen in Deutschland einen sogenannten "Synodalen Weg" beginnen und grundsätzliche Fragen angehen. Eine der vorbereitenden Arbeitsgruppen befasste sich mit "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche". Und hält fest, dass die Stellung der Frau in der katholischen Kirche in Anbetracht der rechtlichen Gleichstellung von Frauen und Männern in vielen Ländern weltweit "nicht den gesellschaftlichen Erwartungen an die gerechte Teilnahme an Leitungsdiensten" entspreche.

Männergesellschaft: Die Vollversammlung der BischöfeBild: picture-alliance/dpa/F. Gentsch

Doch die Kluft ist tief in der Kirche. Ende Juni schrieb Papst Franziskus einen Brief an die deutschen Katholiken, der so ermunternd wie mahnend interpretiert wurde. Vor zehn Tagen legten wichtige Kurienkardinäle nach und mahnten die deutschen Bischöfe. Und der Kölner Kardinal Woelki, in der Bischofskonferenz der wichtigste Gegenspieler zu Kardinal Marx, erklärte die Diskussion um die Priesterweihe von Frauen für beendet. Ob und wie es nun mit dem "Synodalen Weg" weitergeht, scheint offen. Marx sprach Ende der Woche mit Papst Franziskus in Rom. Davon wird er beim Treffen der Bischöfe, die in der Frauenfrage zerstritten sind, berichten.

"Aus einer alten Zeit..."

"Das kommt irgendwie aus einer alten Zeit, wenn Woelki sagt: Die Debatte ist beendet", meint Heil dazu trocken. Woelkis Absage passe nicht in die Moderne. "Es ist der letzte Versuch zu sagen: Ich spreche ein Machtwort", so die kfd-Chefin zur DW. Für den Ausschluss der Frauen vom Priesteramt gebe es historische Argumente oder Machtargumente, aber "theologisch kein Argument".

Deshalb die Demo. Heils Frauenverband fordert seit zehn Jahren jeweils mit einer Aktionswoche Ende September "Macht Euch stark für eine geschlechtergerechte Kirche!". Doch nie kam es zur lautstarken Demo bei den Bischöfen in Fulda.

Entschädigungszahlungen nach Missbrauch?

Zumindest beim Thema der Missbrauchs-Aufarbeitung, bei dem sich die Bischöfe bislang schwer tun, scheint es Bewegung zu geben. Wohl erstmals überhaupt darf am Dienstag ein prominenter Vertreter der Betroffenen in der nicht öffentlichen Vollversammlung sprechen. Der Sprecher der Opferinitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, sagte der DW, er werde den 69 versammelten Bischöfen eine seit dem Frühjahr erarbeitete Empfehlungen der Initiative für eine Entschädigungsregelung vorstellen. Dabei geht es um einen finanziellen Ausgleich für Opfer sexuellen Missbrauchs von 300.000 Euro. Bislang hatten die Bischöfe pauschale Regelungen stets strikt abgelehnt.

Matthias Katsch, Sprecher der Initiative "Eckiger Tisch"Bild: Imago/J. Heinrich

Die Demo der Frauen wird nicht der einzige Protest sein während der viertägigen Beratungen. Zum Abschluss am Donnerstag will der Zusammenschluss Maria 2.0 unter dem Motto "Jetzt ist die Zeit: Frauen streiten für ihre Kirche" demonstrieren und am Abschlussgottesdienst teilnehmen. Und gleichfalls am Schlusstag wollen Vertreter der Katholischen Jungen Gemeinde (KjG) für "mutige" Strukturveränderungen in der Kirche eintreten.

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