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Kommentar: Großer Zirkus ohne Wirkung

Jens Thurau16. November 2006

Auf der UN-Klimakonferenz wird viel diskutiert, doch konkrete Ergebnisse lassen weiterhin auf sich warten. Offenbar schmilzen nicht nur die Eiskappen, sondern auch die Zuversicht, findet Jens Thurau.

Wer zum ersten Mal eine UN-Klimakonferenz besucht, kommt sich vor wie ein Analphabet: Was, um Himmels Willen, ist der "Clean Development Mechanism"? Wer speist den "Adaptation Fonds"? Welche Staaten versammeln sich unter den "Annex-Eins-Ländern" des Kyoto-Protokolls? Was ist eine Senke? Und was hat das alles mit dem Bemühen zu tun, die Treibhausgase zu senken, die dem Weltklima einheizen und Gletscher schmelzen lassen?

Unmengen von Schlupflöchern

Um das alles zu verstehen, muss man 14 Jahre zurück gehen, zum Erdgipfel von Rio 1992. Damals erkannten die Staaten erstmals das Klimaproblem, versprachen hoch und heilig, Abhilfe zu schaffen und die Luft zu säubern. Aber versprochen ist viel, gehalten wenig. Wer lässt schon gern sein Auto stehen oder verzichtet auf eine warme Wohnung, vor allem in den reichen Staaten? Niemand.

Also gingen die Staaten auf den Folgetreffen von Rio beherzt an die Arbeit - und schufen viele Schlupflöcher, um der Pflicht zu entgehen, die Emissionen zu senken. Sie ließen sich ihre Wälder als natürliche Kohlendioxid-Vernichter anrechnen (Senken), sie erfanden den Trick, Umweltprojekte in der dritten Welt zu finanzieren, um daheim weniger Gase vermeiden zu können (Clean Developement-Mechanismen), sie streiten jetzt um die Frage, ob ein Teil der Erlöse aus diesen Projekten in Fonds fließen soll, der vor allem afrikanischen Staaten hilft, sich gegen die kommenden Dürren und Überflutungen zu wappnen (Adaptation-Fonds).

Und ab und an sprechen sie auch noch über die Vermeidung von Treibhausgasen. Ach, übrigens: Viele wichtige Industriestaaten haben seit Rio kräftig zugelegt an Emissionen, statt sie zu reduzieren.

Großer Zirkus ohne Alternative

Und deshalb saß dieser Tage in Nairobi ein journalistischer Klimakonferenz-Veteran traurig und erschöpft im „Climate-Change-Cafe“, und fasste zusammen: Das alles ist ein großer Zirkus hier, voller geheimer Abmachungen und Kräche, und sie reden und reden und reden. Derweil schmilzt ein paar hundert Kilometer südlich die Eiskappe des Kilimandscharo dramatisch.

Es müsste so viel schneller gehen, es geht so langsam - und doch gibt es keine Alternative zu diesem Konferenz-Zirkus. Und deshalb kann man in Nairobi auch nicht nur schnell den Überblick verlieren, sondern auch die Hoffnung.

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