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Die Kluft zwischen Kabul und Washington

Esther Felden13. Februar 2014

Die Freilassung von 65 mutmaßlichen Taliban-Kämpfern aus dem Militärgefängnis Bagram wird von den USA scharf kritisiert. Der afghanische Alleingang belastet das angeschlagene Verhältnis weiter.

Häftling passiert bei seiner Entlassung aus dem Gefängnis Bagram das von Sicherheitskräften bewachte Drehkreuz am Eingang (Foto: AP / Anja Niedringhaus)
Bild: picture-alliance/AP

Wadir Safi bringt es auf den Punkt. "Die Freilassungen zeigen, wie tief der Graben zwischen Hamid Karsai und dem Westen geworden ist", erklärt der Jura-Professor von der Universität Kabul gegenüber der Deutschen Welle. Immer wieder hatten die USA in den vergangenen Monaten die afghanische Seite nachdrücklich aufgerufen, die mutmaßlichen Taliban-Kämpfer nicht freizulassen. Denn nach Auffassung Washingtons handelt es sich um "gefährliche Personen", die vor allem nach dem Abzug der Internationalen Truppen eine "ernsthafte Bedrohung" darstellen könnten.

In Kabul allerdings verhallten die Appelle ergebnislos. An Donnerstag (13.02.2014) durften die betroffenen Männer die Anlage des Militärgefängnisses verlassen. Es gebe keinerlei Beweise gegen sie, so Abdul Shukor Dadras. Die afghanische Regierungskommission zur Überprüfung von Häftlingsfällen, der Dadras angehört, habe insgesamt 88 Fälle neu untersucht und danach die Freilassung von 65 Insassen angekündigt.

Es habe nach afghanischem Recht keine Grundlage gegeben, die Gefangenen weiter festzuhalten. "Es waren einfache Afghanen, die aus ihren Häusern, aus Geschäften oder auch von ihrem Arbeitsplatz aus weggeschleppt und festgenommen wurden", so Dadras gegenüber der Deutschen Welle. Manche der Betroffenen hätten sich zum Zeitpunkt ihrer Festnahme in der Nähe von Militäroperationen befunden, die Kommission habe aber keine Indizien dafür gefunden, dass die Männer bewaffnet gewesen seien.

Viel auf dem Spiel

Als Reaktion auf die Freilassungen veröffentlichte die amerikanische Botschaft in Kabul ein Statement auf ihrer Internetseite - in dem sie die afghanische Regierung direkt für die "sehr bedauerliche" Entscheidung verantwortlich macht und auffordert, alles daran zu setzen, dass die Betroffenen keine "neuen Terrorakte" verüben. Unter den Freigelassenen seien Personen, die direkt oder indirekt für den Tod von Angehörigen der Internationalen Truppen sowie von afghanischen Zivilisten und Sicherheitskräften verantwortlich seien.

Die einseitige Aktion der Afghanen in Bagram belastet das ohnehin angeschlagene Verhältnis zu den USA weiterBild: MASSOUD HOSSAINI/AFP/Getty Images

"Wir haben eine gründliche Überprüfung der Fälle gefordert. Doch die Beweise gegen die Verdächtigen wurden nie ernsthaft untersucht", heißt es weiter. Außerdem verletze der Schritt ein Memorandum, dass beide Seiten im Jahr 2012 unterzeichnet hatten. Demnach sollen "alle Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass von Gefangenen keine Gefahr für Afghanistan und das Ausland ausgehen kann."

Sollten sich die Bedenken der Amerikaner bewahrheiten, hätte das langfristige Folgen, ist Wadir Safi von der Kabuler Universität überzeugt. Folgen, die die Amtszeit des scheidenden afghanischen Präsidenten Hamid Karsai überdauern. "Wenn die freigelassenen Personen zur Waffe greifen, wird nicht nur die afghanische Regierung geschwächt, sondern auch die Justiz des Landes in Frage gestellt."

Im März 2013 übertrugen die USA die Verantwortung für das Militärgefängnis den AfghanenBild: picture-alliance/dpa

Welche Motive stecken dahinter?

Schon vor der Freilassung der Gefangenen stand es zuletzt nicht gut um das Verhältnis zwischen Afghanistan und den USA. Grund für die angespannten Beziehungen ist vor allem die Tatsache, das Karsai seine Unterschrift unter ein geplantes Sicherheitsabkommen konsequent hinauszögert. In dem Abkommen geht es um eine begrenzte Präsenz des US-Militärs auch nach dem Abzug der NATO-Truppen Ende 2014.

Bereits im Januar hatte die afghanische Seite Aufständische aus Bagram freigelassen hatte, ebenfalls zum Ärger der Amerikaner. "Dass die afghanische Regierung die Personen trotz aller amerikanischen Vorbehalte freigelassen hat, weist auf eine politische Entscheidung hin", sagt Wadir Safi.

Nach Ansicht von Abdullah Attaie von der Heinrich-Böll-Siftung in Kabul wird der Alleingang Kabuls auf jeden Fall nachhallen. "Dieser Schritt wird sich definitiv negativ auf das Verhältnis Afghanistans zum Ausland auswirken, das Vertrauen des Westens in die afghanische Regierung und insbesondere in Hamid Karsai ist stark erschüttert." Für Karsai selbst allerdings spielt das wohl nur eine untergeordnete Rolle: Am 5. April wird in Afghanistan ein neuer Präsident gewählt - er darf laut Verfassung nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren.

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