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Politik

Bundeswehr verlässt Somalia

23. März 2018

Ende März zieht die Bundeswehr ihre Ausbilder aus Somalia ab. Sie haben dort die EU-Mission zur Ausbildung somalischer Soldaten unterstützt. Doch die Mission ist nicht beendet, das Land weit entfernt von Stabilität.

Bundeswehr EUTM in Somalia
Europäische und somalische Soldaten beim Start der Mission in Somalia 2013Bild: Imago/Xinhua

17 Menschen sind nach Angaben des somalischen Sicherheitsministeriums gestorben, als gestern eine Autobombe vor einem Hotel in Somalias Hauptstadt Mogadischu explodierte. Zu dem Anschlag bekannte sich die islamistische Miliz Al-Shabaab. Das Hotel Wehliye sei als Ziel gewählt worden, weil dort gerade ein Regierungstreffen stattgefunden habe, sagte ein Sprecher des Ministeriums.

In Somalia sind solche Meldungen traurige Realität. Im Oktober hatte der Fahrer eines LKW mit Sprengsätzen in Mogadischu mehr als 500 Menschen in den Tod gerissen - so viele, wie bei keinem Anschlag zuvor. Seit rund 30 Jahren ist das Land Schauplatz von gewaltsamen Auseinandersetzungen. Zwar gelang es einer Militär-Mission der Afrikanischen Union ab 2014, Al-Shabaab aus großen Landesteilen zurückzudrängen. Doch die Bedrohung bleibe vor allem in Zentral- und Südsomalia unverändert bestehen, schreibt ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums auf Anfrage der DW: "Mogadischu bildet unverändert einen Operationsschwerpunkt der Al-Shabaab, da Anschläge in der Hauptstadt regelmäßig eine große Medienresonanz erzielen."

Eine Mission unter schlechten Bedingungen

In dieser unsicheren Situation beendet die Bundeswehr ihre Beteiligung an der Ausbildung von Sicherheitskräften in Somalia im Rahmen der EU-Trainingsmission (EUTM). Das Mandat der deutschen Ausbilder endet am 31. März; im Februar wurde bekannt, dass die Bundesregierung keine Verlängerung anstrebt. Die europäische Mission, die laut Bundeswehrangaben rund 155 Menschen aus 12 Nationen umfasst, hat in den bisher acht Jahren ihres Bestehens über 5000 somalische Soldaten ausgebildet. Zuletzt waren im Rahmen der Mission nur noch fünf deutsche Soldaten in Somalia stationiert.

Nach dem Bombenanschlag in Mogadischu am DonnerstagBild: picture-alliance/AA/S. Mohamed

Die Bundesregierung begründet ihren Rückzug mit "Defiziten in den politischen und institutionellen Strukturen". Die somalischen Streitkräfte seien weiterhin kein ausreichend starker Akteur, heißt es dazu in einer Stellungnahme des Verteidigungsministeriums an die DW: "Eine Reform der Verteidigungspolitik, der Personalführung und strukturelle militärische Anpassungen bleiben aus, obwohl sie zur Wahrnehmung des Gewaltmonopols der somalischen Armee im Gesamtstaat geboten wären." Dadurch habe die EUTM ihr Potenzial nicht ausschöpfen und keinen nachhaltigen Beitrag zur Stärkung der somalischen Armee leisten können. Unter anderem kritisierte das Ministerium die unzureichende Ausrüstung der ausgebildeten somalischen Soldaten.

"Keine allzu großen Erwartungen"

Dieses Urteil klingt niederschmetternd, nachdem sich die Bundeswehr acht Jahre lang an der Mission beteiligt hat. Für den Politologen Stefan Brüne, der 2014 selbst als Politikberater für die Mission arbeitete, kommt es aber nicht überraschend. "Alle Bundeswehrsoldaten, die ich während meines Aufenthaltes gesprochen habe, machten mir den Eindruck, dass sie keine allzu großen Erwartungen hinsichtlich der Ausbildung hatten", sagte Brüne kürzlich in einem DW-Interview. Ohnehin handele es sich um eine kleine Mission. "Man könnte der Meinung sein, dass es mehr um die Wahrung informeller Kommunikationskanäle ging als um eine überzeugende Ausbildungsmission für die somalische Armee."

Auch die schwierigen politischen Bedingungen stellen eine Herausforderung dar: Wegen der unsicheren Lage in Somalia fanden die Trainings der somalischen Soldaten zunächst in Uganda statt. Erst 2013 wurde die Ausbildung nach Somalia verlegt. Im Februar 2017 wurde mit Mohamed Abdullahi Mohamed ein Hoffnungsträger neuer Präsident. Doch seine Macht bleibt gering in dem Staat, der nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs sehr schwache Strukturen und große Unterschiede zwischen den Regionen aufweist: In den Jahren des Konflikts haben verschiedene Gebiete autonome Strukturen aufgebaut. Dieser Situation will die Zentralregierung mit einem föderalen System Rechnung tragen - doch Spannungen halten an. Die Region Somaliland kämpft schon seit drei Jahrzehnten um die Anerkennung als eigenständiger Staat.

Die Ausbildung der somalischen Soldaten fand zunächst in Uganda stattBild: MARC HOFER/AFP/Getty Images

Politische und zivile Lösungen

Doch die Schwierigkeiten liegen nicht allein in den Konflikten innerhalb des Landes. Experte Brüne sieht auch das unkoordinierte Vorgehen internationaler Akteure als Teil des Problems. So kritisiert er, dass die USA im Kampf gegen Al-Shabaab zunehmend auf Drohnen setzen: "Durch Drohnenangriffe wird sich die Organisation vielleicht in einem klassisch-militärischen Sinne schwächen lassen", so Brüne. "Aber das probiert man jetzt seit 20 Jahren, und dieser Problemlösungsversuch war bisher wenig erfolgreich."

Brüne pocht vielmehr auf eine politische Lösung. Es müsse mehr Raum für inoffizielle Gespräche geben. Die Bundesregierung zieht nun in Erwägung, ihr ziviles Engagement im Sicherheitssektor zu verstärken. Konkret prüfe man, die Polizeizusammenarbeit zu verstärken, heißt es aus dem Verteidigungsministerium. Bereits jetzt leistet Deutschland in vielen unterschiedlichen Bereichen Unterstützung. Dazu gehören laut Aussage des Ministeriums unter anderem der Aufbau der föderalen Ordnung, die Wiedereingliederung ehemaliger Al-Shabaab-Kämpfer in die Gesellschaft und die Unterstützung von Versöhnungsprozessen in lokalen Konflikten. Innerhalb der EU  wolle Deutschland sich weiter für eine Neuausrichtung der Mission stark machen, bei der Beratungsaufgaben und die Ausbildung somalischer Trainer im Vordergrund stünden.

Mitarbeit: Ludger Schadomsky

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