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Die Liberaldemokraten: Chance zum Durchbruch?

4. Mai 2005

Die Liberaldemokraten sind die dritte Kraft im britischen Parteiensystem. Das Wahl- und Regierungssystem stellt ein schwieriges Umfeld für diese Partei dar, die landesweit antritt.

Abwarten und Tee trinken:<br>Charles KennedyBild: dpa

Bei der letzten Wahl 2001 erhielten die Liberalen rund 19 Prozent der Stimmen, die sich aufgrund des Mehrheitswahlrechtes jedoch in nur 8 Prozent der Sitze (52 von 650 Abgeordneten) umsetzten. Im parlamentarischen Alltag spielt sich die Auseinandersetzung primär zwischen der allein regierenden Mehrheitspartei und der stärksten Oppositionspartei ab; kleineren Parteien gelingt es nur selten, in diesem Zweikampf Aufmerksamkeit zu gewinnen.

Die Liberalen, die Anfang des 20. Jahrhunderts von der Labour Party als eine der beiden Hauptkräfte der britischen Parteien verdrängt wurden, haben seit 1974 eine Renaissance erlebt. Ihr bestes Ergebnis erzielten sie bislang, in einer Allianz mit einer Abspaltung von der Labour Party, 1983, als sie sich als moderate Alternative zwischen den thatcheristischen Konservativen und der nach links driftenden Labour Party präsentieren konnten. Bei der Wahl 1992 traten die Liberalen erstmals unter dem neuen Namen, Liberal Democrats, an.

Devolution

In den 1990ern kam es zu einer engen Kooperation mit der zur politischen Mitte zurückkehrenden Labour Party und der Vereinbarung einer Reihe von institutionellen Reformen, die sich gegen die regierenden Konservativen wendeten. Als wichtigstes Resultat dieser Zusammenarbeit kann die Devolution gelten, die 1997 durchgesetzte Schaffung regionaler Parlamente in Schottland und Wales. Mit der Beteiligung an Koalitionsregierungen in den Regionen, konnten die Liberalen in den letzten Jahren ihr öffentliches Profil deutlich stärken. Erstmals seit langer Zeit sind die Liberalen wieder mehr als eine marginale Oppositionspartei in Westminster.

Bei der Wahl 2005 hoffen die Liberalen auf weitere Zuwächse an Stimmen und Sitzen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Im Wahlkampf setzt die Partei zum einen auf die Themen Irak-Krieg, Schutz der bürgerlichen Freiheitsrechte und Studiengebühren, was wohl insbesondere enttäuschte Labour-Wähler ansprechen dürfte. Zum anderen konzentrieren die Liberalen ihre Ressourcen im Wahlkampf, wie auch die anderen Parteien, auf knappe Wahlkreise. Auffällig oft handelt es sich dabei jedoch um Wahlkreise, in denen prominente Konservative gegenüber einem starken liberalen Gegenkandidaten um ihren Sitz kämpfen müssen.

"Enthauptungs-Strategie"

Der Parteichef der Liberaldemokraten gilt nicht unbedingt als dynamischBild: dpa

Dies hat dazu beigetragen, dass einige führende Köpfe der Konservativen so stark in ihren lokalen Wahlkampf verwickelt worden sind, dass sie auf nationaler Ebene kaum noch in Erscheinung getreten sind. In den Medien ist hierfür der Begriff der "Enthauptungs-Strategie“ hochgespielt werden. Auch wenn die liberale Parteiführung diesen Vorwurf von sich weist, scheint es nicht abwegig davon auszugehen, dass im Hinblick auf kommende Wahlen der Kampf um Platz 2, und damit die Rolle der offiziellen Oppositionspartei, im Hintergrund steht. Die Liberalen kombinieren in ihrem Wahlprogramm einige populäre Forderungen, die sie für weite Teile des Mittelstandes attraktiv machen können. Ihr Parteiführer, Charles Kennedy, gilt als netter Kerl, dem jedoch öfters die Fähigkeit zu einem energischen Auftreten abgesprochen wird.

Trotz der Schwächen der beiden Hauptparteien - dem Vertrauensverlust in die Regierung Blair und der mangelnden Kohärenz der Konservativen - gehen Beobachter nicht davon aus, dass die Liberaldemokraten bei dieser Wahl einen entscheidenden Durchbruch schaffen werden. Angesichts der Beharrungskräfte des eingespielten Wettkampfes zwischen Labour und den Konservativen wird sie wohl wieder auf Platz 3 landen. Je näher die Liberalen jedoch an ihr inoffizielles Ziel, den 100 Sitzen im Unterhaus, kommen werden, um so wahrscheinlicher wird es, dass sie in den kommenden Jahren in Großbritannien als echte Alternative zu den Konservativen wahrgenommen werden.

Klaus Detterbeck

Dr. Klaus Detterbeck ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Magdeburg. Er beschäftigt sich vornehmlich mit den Parteien und Parteisystemen in Westeuropa, mit Föderalismus und Regionalismus sowie der Dynamik der europäischen
Integration.

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