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Die Luft für Huawei wird dünner

6. Dezember 2018

Mit der Festnahme der Nummer Zwei von Huawei, Meng Wanzhou, hat die US-Justiz erstmals eine Angehörige der Geldaristokratie Chinas ins Fadenkreuz genommen - und schickt damit weltweit die Börsenkurse auf Talfahrt.

China Huawei Filiale in Beijing
Bild: picture-alliance/AP Photo/Ng Han Guan

Ausgerechnet an dem Tag, als US-Präsident Donald Trump in Buenos Aires beim Abendessen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping einen Waffenstillstand im Handelskonflikt schmiedet, klicken in Vancouver die Handschellen.

Es ist der 1. Dezember und die kanadischen Behörden nehmen auf Antrag der US-Justiz Meng Wanzhou fest, die Finanzchefin des chinesischen Kommunikationsriesen Huawei und Tochter von Unternehmensgründer Ren Zhengfei.

Erst fünf Tage später erfährt die Öffentlichkeit durch einen Bericht der kanadischen Zeitung "Globe and Mail" von der brisanten Festnahme - und schockt die Finanzmärkte mit dem Szenario einer Auslieferung Meng Wanzhous an die USA, wo ihr ein Strafprozess droht. Hintergrund sei der Verstoß gegen US-Sanktionen, die sich gegen den Iran richten, schreibt die Tageszeitung aus Toronto.

Gut verdrahtet: Meng Wanzhous Vater ist Huawei-Chef Ren Zhengfei, ihr Großvater der Vizegouverneur von Sichuan Bild: Reuters/A. Bibik

Insiderinformationen aus dem innersten Zirkel

Besonders brisant: Die in Hongkong erscheinende "South China Morning Post" (SCMP) berichtet von einem Management-Treffen bei Huawei am 29. Oktober. Dabei soll Meng Wanzhou Mitarbeitern in einem internen Gespräch über Compliance-Fragen mitgeteilt haben, dass es "Szenarien gibt, in denen das Unternehmen die Kosten abwägen und die Risiken einer Nichteinhaltung der gesetzlichen Anforderungen akzeptieren kann." Auch ihr Vater soll bei dem Treffen dabei gewesen sein, bei dem es um den Umgang des Unternehmens mit Regeln und Gesetzen gegangen sein soll, berichtet die SCMP. Sie beruft sich auf ein Gedächtnisprotokoll von Huawei-Mitarbeitern, das dem Blatt aus Hongkong vorliegt.

Wut in Chinas sozialen Netzwerken

"Freilassen! Das heutige China lässt sich so etwas nicht mehr gefallen!" - das ist einer von unzähligen wütenden Posts auf Chinas Kurznachrichtendienst Weibo. "Nach ZTE haben es die USA nun auf Huawei abgesehen. Diese nackten Fakten zeigen uns, wie heuchlerisch das vom Westen propagierte Fairplay ist", regt sich ein weiterer User auf. "Trump verhandelt mit China einerseits und lässt Chinesen verhaften auf der anderen Seite. Das ist das Verhalten von Schurken!"

"Freilassen!", fordert ein aufgebrachter Nutzer des chinesischen Kurznachrichtendienstes WeiboBild: weibo.com

"China nimmt es in die Hand" - mit gutem Draht zu Militär und Partei

Als einer der führenden chinesischen Kommunikationsausrüster und IT-Konzerne steht Huawei immer wieder im Fokus der Weltpresse. Über den Firmengründer und die Nummer Eins Ren Zhengfei ist in der Öffentlichkeit kaum etwas bekannt. Und das gilt für China genauso wie für den Rest der Welt. Der geheimnisumwitterte Milliardär wuchs als ältestes von sieben Kindern in einer abgelegenen Kreisstadt im Südwesten Chinas auf. Seine Eltern waren Lehrer. Nach seinem Ingenieur-Studium ging er 1974 zur Volksbefreiungsarmee und schaffte in einer Pioniereinheit den Aufstieg von einem einfachen Techniker bis zum stellvertretenden Direktor eines Militärforschungsinstituts für Kommunikationstechnik.

Nach seiner Zeit bei der Armee versucht Ren in der damals neu gegründeten Wirtschaftssonderzone Shenzhen Fuß zu fassen. 1987 gründet er seine Firma Huawei mit einem Stammkapital von 21.000 Yuan (nach aktuellem Kurs 2700 Euro) und einem Dutzend Mitarbeitern. Der Name Huawei bedeutet frei übersetzt  "China nimmt es in die Hand". Ren möchte ein chinesisches Kommunikationsunternehmen schaffen, das international konkurrenzfähig ist. Später bereut er seine Namensschöpfung. Denn viele seiner internationalen Kunden, so Ren, könnten Huawei nicht aussprechen oder wären einfach nur verwirrt, weil sich der Unternehmensname wie Hawaii anhört.

In sieben Jahren vom Geräte-Importeur zum Branchenführer

Anfänglich vertreibt Huawei Telefonanlagen aus Hongkong und macht damit satte Gewinne. Denn die im damaligen China schlechte Infrastruktur in der Telefonkommunikation garantiert Huawei reichlich Kunden. Vor allem habe es Ren verstanden, seine Kontakte in der Armee zu vergolden. Mit der selbst entwickelten digitalen Vermittlungsanlage "C&C08" schafft Huawei 1994 den Durchbruch und wird Marktführer in der digitalen Telekommunikation in China.

Ren Zhengfei machte Huawei in sieben Jahren zum Branchenführer in ChinaBild: picture-alliance/dpa/Blanches

Viele Vorwürfe, keine Beweise

Huawei wird seit Jahren von US-Kritikern vorgeworfen, dass die Firma unter dem Einfluss von Chinas Regierung und Militär stehe und in deren Auftrag Spionage betreibe. Bislang sind sie aber Beweise schuldig geblieben. Bekannt ist lediglich, dass Ren Zhengfei - wie viele andere Top-Unternehmer im Reich der Mitte - seit über 30 Jahren Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas ist. In seinen seltenen Interviews macht er daraus auch gar kein Geheimnis. Gegenüber der BBC sagte er, Huawei sei ein chinesisches Unternehmen, für ihn sei es eine Selbstverständlichkeit, die Partei zu unterstützen. Auf dem Mobile World Congress in Barcelona brachte er noch deutlicher auf den Punkt: "Die Unternehmenskultur Huaweis ist die Kultur des Kommunismus. Die KP dient dem Volk und wir dienen unseren Kunden."

Wie weit der Dienst für die Partei geht - darüber gehen die Meinungen auseinander. Ein chinesisches Gesetz aus dem Jahr 2017 legt allerdings fest, dass "Organisationen und Bürger gemäß dem Gesetz die nationale Geheimdienstarbeit unterstützen, zusammenarbeiten und daran mitarbeiten müssen".

Thomas Kohlmann Redakteur mit Blick auf globale Finanzmärkte, Welthandel und aufstrebende Volkswirtschaften.
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