Die Negativnachrichten über den Riesen-Airbus A380 reißen nicht ab: Jetzt springt nicht nur die australische Fluglinie Qantas ab, sondern will offenbar auch noch bei der Konkurrenz bestellen. Auch Anleger sind betroffen.
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Vor einem Jahr noch schien die Zukunft des weltgrößten Passagierjets Airbus A380 gesichert zu sein. Damals, im Januar 2018, hatte die Fluglinie Emirates verkündet, 20 weitere Airbus A380 beim deutsch-französischen Flugzeugbauer zu ordern. Außerdem vereinbarte die Airline aus Dubai mit Airbus eine Option auf weitere 16 Maschinen - unter der Voraussetzung, dass Airbus sein Spitzenmodell noch bis mindestens 2025 oder sogar 2030 weiterbauen würde. Doch jetzt steht die Rettung des Riesenfliegers wieder auf der Kippe.
Seit Ende Januar hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Emirates die Bestellung weiterer A380-Maschinen auf den kleineren und sparsameren Langstreckenjet A350 umschreiben will. Jetzt kommt auch noch die Hiobsbotschaft aus Australien, dass die Fluglinie Qantas die Bestellung von acht A380-Passagiermaschinen zurückgezogen hat. Der Auftrag aus dem Jahr 2006 stand offenbar schon seit längerer Zeit zur Disposition. Für Qantas sind derzeit zwölf A380 im Einsatz.
Doch während die Manager von Emirates wenigstens bei ihrer Entscheidung Airbus die Treue halten wollen, läuft Qantas offenbar zum Erzrivalen Boeing aus den USA über. Die Australier bekommen noch in diesem Jahr von der US-Flugzeugschmiede aus Seattle sechs Boeing 787 Dreamliner geliefert und verfügen dann über insgesamt 14 Maschinen des wichtigsten Konkurrenzmodells des A380.
A380: Keine Zukunft für den Super-Airbus
Seit 2007 ist die A380 des europäischen Flugzeugbauers Airbus im Einsatz. Doch nun steht fest: In drei Jahren läuft die Produktion aus. Zu gering ist mittlerweile das Interesse der Airlines an dem Riesenflieger.
Bild: Singapore Airlines
Der Riese
Die A380 sieht schon imposant aus und stellt fast jeden Konkurrenten auf dem Flugfeld in den Schatten. Bei einer Länge von 72,7 Metern hat die Maschine eine Spannweite von 79,8 m, ihre Höhe beträgt 24,1 m. Auf ihren beiden Decks befördet beispielsweise die Airline Emirates in der "Drei-Klassen-Version 'Extra-weiträumig'" 489 und in der "Zwei-Klassen-Version 'weiträumig'" bis zu 615 Passagiere.
Bild: Master Films/P. Pigeyre
Das erste Exemplar
Singapore Airlines war die erste Fluggesellschaft, die eine A380 in Dienst stellte. Hier sind die stolzen Besitzer auf dem Flugfeld in Toulouse versammelt, um den großen Tag dokumentieren zu lassen. Am 15. Oktober 2007 galt noch: Die Zukunft der Passagierfliegerei liegt in der Masse. Mittlerweile hat Singapore den Premierenflieger außer Dienst gestellt.
Bild: Airbus
Am Anfang einer Ära?
Bei den Passagieren kommt der Riesenflieger gut an. Die nehmen gern in Kauf, dass das Boarding so vieler Fluggäste manchmal eben etwas länger dauert. Die Infrastruktur der meisten Flughäfen ist mit der A380 allerdings überfordert. Daher fliegt die Maschine am häufigsten zwischen den großen Airports: London, Frankfurt, New York, Singapur.
Bild: Master Films/P. Pigeyre
Die erste Landung
Landung nach 3:54 Stunden Flugzeit: Am 27. April 2005 fand der erste offizielle Flug des Giganten statt. Das Konzept mit vier Triebwerken schien damals alternativlos. Inzwischen ist klar: Auch mit nur zwei Turbinen unter den Flügeln kann man solche Riesen sicher und billiger fliegen. Airbus hatte zweistrahlige Neo-Version angedacht, sich wegen Milliardenkosten aber dagegen entschieden.
Bild: em company/P. Masclet
Explosion von Turbine Nummer Vier
Am 30.September 2017 kam es über Grönland zu einem spektakulären Zwischenfall bei einer A380 der Air France: Auf dem Flug nach Los Angeles brach eine Welle in der äußeren Steuerbord-Turbine, der erste Fan löste sich und stürzte zu Boden. Die Piloten konnten die Maschine aber sicher notlanden. Insgesamt hat die A380 aber einen guten Ruf - sie gilt als sicheres Flugzeug.
Bild: Imago/E-Press Photo.com
Von der kleinen Schwester abgehängt
Das Hauptargument, mit dem Airbus sein Flaggschiff beworben hatte, die große Passagier-Kapazität nämlich, zog aber nicht mehr. Im Gegenteil: Der Kurzstreckenflieger A320 ist der wirkliche Verkaufsschlager des pan-europäischen Flugzeugbauers. Von dem Typ, dessen zweite Auflage "A320neo" aktuell gebaut wird, fliegen bereits 4257 Maschinen, außerdem liegen noch 6526 Bestellungen vor.
Bild: Reuters/Regis Duvignau
Ein besorgniserregender Trend
Natürlich verkaufen sich kleinere Maschinen wegen der größeren Nachfrage besser als Großraumflieger wie die A380 - hier der Rohbau des ersten Exemplars. Trotzdem gaben die sinkenden Absatzzahlen schon länger Grund zur Besorgnis: 2016 wurden 28 Maschinen ausgeliefert, 2017 gerade mal 15, und im vergangenen Jahr waren es nur noch 12. Für 2019 rechnet Airbus mit nur noch acht Auslieferungen.
Bild: Airbus
Eine Herkules-Aufgabe
Nicht nur der Wettbewerb mit dem anderen großen Flugzeugbauer unserer Tage, dem US-Unternehmen Boeing, fordert Airbus. Auch die eigene Konzernstruktur stellt jeden Tag hohe Anforderungen. So werden die Einzelteile der Flugzeuge in Frankreich, Deutschland, Spanien, Großbritannien, China und den USA montiert. Deshalb ist auch ein Fluggigant wie die A380 schon mal auf einer Landstraße unterwegs.
Bild: em company/H. Goussé
Die Hoffnung liegt im Osten
Auf einen Turn-Around bei den Verkaufszahlen hofft Airbus wegen des Wachstums in China. Der China-Chef des Flugzeugbauers, Eric Chen, rechnete im September 2017 vor, dass chinesische Airlines in den nächsten zwanzig Jahren mehr als 1,1 Billionen Dollar für neue Flugzeuge ausgeben würden. Offenbar aber nicht für die A380.
Bild: em company/P. Masclet
Aufbruch in die Zukunft
Nicht nur Airbus machen die großen Maschinen Sorgen: Boeing etwa baut jährlich noch sechs Exemplare seines Jumbo-Jets - als Frachtmaschinen. Der einstige Airbus-Verkaufschef John Leahy war sich zum Abschied 2017 sicher: "Der Passagierverkehr wird sich verdoppeln." Das Problem sah er eher am Boden: "Wir können nicht so viele Flughäfen bauen!" Richten sollen es nun neue Maschinen wie die A350.
Bild: Singapore Airlines
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Kaum noch rentable Produktion
Für Airbus bedeutet die Qantas-Absage einen herben Rückschlag. Nachdem in den vergangenen Jahren kaum noch eine Fluglinie den A380 geordert hatte, musste Airbus die Jahresproduktion drastisch herunterfahren, von 27 Stück 2015 auf nur noch zwölf Exemplare 2018. Ab 2020 sollen nur noch sechs Maschinen produziert werden. Die Stückzahl gilt als Unterschwelle für eine industrielle Produktion, die zwar keinen Gewinn abwirft, aber auch keine Verluste produziert.
Ein möglicher Rückzieher von Emirates wäre folgenschwer für den europäischen Konzern, der unter anderem in Hamburg und im französischen Toulouse Teile des doppelstöckigen Flugzeugs montiert. Emirates ist der mit Abstand größte Abnehmer des A380, der bis zu 850 Passagiere befördern kann und seit 2007 produziert wird. Die arabische Fluglinie hatte ursprünglich 162 Großflugzeuge des Typs A380 geordert, von denen mehr als 100 für Emirates im Einsatz sind.
Viele Fluggesellschaften entscheiden sich heute allerdings für kleinere Langstreckenjets, die leichter auszulasten und günstiger zu warten sind. Außerdem werden sie zunehmend aus leichten Kohlefaserverbundstoffen gefertigt und kommen mit zwei statt mit vier Triebwerken wie der A380 aus. Beide Faktoren reduzieren die Durchschnittskosten pro Passagier um rund 20 Prozent, rechnen Luftfahrtexperten vor.
Folgen für Airbus-Jobs und Anleger
Sollte das Produktions-Aus für den A380 schon in der näheren Zukunft verkündet werden, muss das aber nicht unbedingt bedeuten, dass deswegen Arbeitsplätze in deutschen Airbus-Werken abgebaut werden.
Die Endmontage findet zum größten Teil im französischen Werk in Toulouse statt. Am Standort Hamburg-Finkenwerder mit rund 12.700 Beschäftigten werden Teile des A380-Rumpfes gebaut, hier erhält der Großraumflieger seine Kabine, wird lackiert und an Kunden ausgeliefert. Werden hier weniger oder gar keine A380 mehr gebaut, hätten betroffene Mitarbeiter nach der Einschätzung von Branchenexperten wohl durch die gestiegene Nachfrage nach anderen Modellen wie dem A320 und dem A350 noch immer ausreichend Arbeit.
Bitter wäre ein Aus für den A380 für Anleger in Flugzeug-Fonds, die auf einen lang anhaltenden Erfolg des Riesenfliegers gesetzt hatten. Sie haben in der Regel über geschlossene Fonds viele der doppelstöckigen Passagierjets mitfinanziert. Unter anderen sind die Anleger geschlossener Flugzeugfonds der Anbieter Dr. Peters aus Dortmund und Doric aus Offenbach betroffen. Nach Recherchen der Stiftung Warentest haben insgesamt rund 50.000 Anleger um die 1,4 Milliarden Euro in Flugzeugfonds gesteckt, die auch den A380 betreffen.