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ReiseGlobal

Die Macht der Bilder: Wie Instagram den Tourismus verändert

18. Mai 2023

Die Internetplattform hat schon so manchem Reiseziel einen Urlauber-Boom beschert. Geschickt eingesetzt ist sie ein unverzichtbares Marketing-Werkzeug

Eine Frau fotografiert mit ihrem Smartphone Hallstatt in Österreich
Der kleine Ort Hallstatt in Österreich ist auf Instagram ein HitBild: JFK/EXPA/picturedesk.com/picture alliance

Kaum wird es wärmer auf Mallorca, suchen täglich hunderte, ja, tausende Touristen die Bucht Caló des Moro heim. Immer wieder ist der Andrang dort so groß, dass auf dem schmalen Strand praktisch kein Platz mehr frei ist, um ein Badetuch auszubreiten. Viele Urlauber kehren dann angesichts langer Warteschlangen unverrichteter Dinge wieder um.

Überfüllte Strände sind auf Mallorca wahrlich keine Seltenheit. Die Caló des Moro aber ist ein Extremfall – und Schuld daran ist Instagram, wie viele meinen. Tatsächlich gibt es zehntausende Fotos auf der Internetplattform, auf denen der Strand menschenleer erscheint, mit türkisblauem Wasser und strahlendem Sonnenschein im Hintergrund. Wie im Paradies. Dass die Realität meist ganz anders aussieht, erfährt man dagegen nicht.

Paradiesisch schön: Dass in der Bucht Caló des Moro auf Mallorca meist großes Gedränge herrscht, erfährt man auf Instagram nichtBild: Markus Beck/Zoonar/picture alliance

Auf der Jagd nach dem perfekten Urlaubsschnappschuss

Fälle wie diesen gibt es immer wieder, seit Instagram 2010 gegründet wurde: Auf den Spuren von Influencern jagen die Touristenmassen dem perfekten Urlaubsschnappschuss hinterher und überschwemmen bis dahin eher unbekannte Orte. Mit bisweilen drastischen Folgen. So ist der Zugang zum Königsbach-Wasserfall im Berchtesgadener Land seit einiger Zeit gesperrt, nachdem immer mehr Ausflügler die natürlichen Wasserbecken heimgesucht und dabei das natürliche Gleichgewicht der Gegend in Gefahr gebracht hatten. Selbst schwere Unfälle gibt es immer wieder, wenn sich Menschen für das perfekte Selfie in Lebensgefahr begeben. Dass Instagram-Fotos viele Menschen zur Nachahmung animieren, belegen Urlauberbefragungen. Die Plattform spielt demnach eine zunehmend wichtige Rolle bei der Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Reiseziel. Das Online-Reisebüro Expedia etwa will herausgefunden haben, dass sich fast die Hälfte der 25- bis 40-Jährigen durch Urlaubsfotos ihrer Kontakte in den sozialen Netzwerken beeinflussen lassen.

"Instagram dient Urlaubern zweifellos als Inspirationsquelle", sagt Maike Ovens von der Social-Media-Akademie für Reise und Touristik. Zumindest bei der ersten Orientierung in der Findungsphase spiele die Plattform eine wichtige Rolle. Viele Leute suchten heute nicht mehr im Internet-Browser nach Informationen über Urlaubsziele, sondern eben mit dem Hashtag einer bestimmten Destination bei Instagram. "Hier schauen sie sich um, was man vor Ort unternehmen kann", sagt Ovens. "Wer bei Instagram nicht vertreten ist, wird auch nicht gefunden." Für touristische Unternehmen wie auch Destinationen führe heute deshalb kein Weg mehr an der Plattform vorbei.

Instagram spielt eine immer größere Rolle als Inspirationsquelle bei der Urlaubsplanung, sagen ExpertenBild: Yui Mok/empics/picture alliance

Das sieht man auch beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) so. "Eine zielgruppengenaue Kommunikation unter Einbeziehung aller notwendigen Kanäle ist heute wichtiger denn je", so eine Sprecherin. Beim Deutschen Reiseverband (DRV) meint man erkannt zu haben, dass "Bewertungen und Empfehlungen von Freunden und Bekannten hohen Einfluss auf die Entscheidung für ein Urlaubsziel haben". Deshalb nutzten inzwischen die meisten Reiseveranstalter und viele Reisebüros den Kanal, um Kunden auch auf diesem Wege zu erreichen.

Eine Eiseninstallation als Fotokulisse

Wie etwa Michael Faber, der drei Reisebüros im Hunsrück und an der Mosel betreibt. "Für uns ist Instagram ein wichtiger Kommunikationskanal, um Reisestimmung zu verbreiten", sagt er. Seine Mitarbeiter laden täglich neue Fotos hoch, vor allem ganz konkrete Vorschläge, wohin die nächste Reise gehen könnte. Zum Beispiel ins Zillertal in Tirol. Im dort gelegenen Fünf-Sterne-Hotel Stock Resort hat man die Bedeutung von Instagram ebenfalls längst erkannt. Seit einiger Zeit gibt es auf der Hotelterrasse eine imposante Eiseninstallation: ein Flügelpaar, das als Instagram-kompatibler Fotohintergrund dient. "Das Ziel war, eine Kulisse zu schaffen, vor der sich Gäste gerne fotografieren, natürlich mit dem Hintergedanken, dass diese Fotos auf Instagram geteilt werden", sagt Barbara Mitterer aus der Marketingabteilung des Hotels.


Ein paar Kilometer weiter südlich, am Gardasee, ist Natasha Bontadi für die Social-Media-Aktivitäten des Tourismusverbandes Garda Trentino zuständig. Sie nutze Instagram, um die Leute neugierig zu machen, indem sie weitgehend unbekannte Fakten präsentiere, versteckte Orte und einzigartige Panoramen zeige. "Wir vermeiden, über altbekannte Gegenden zu sprechen, die bereits Touristen-Hotspots sind." Zu dem Zweck arbeite man auch eng mit Influencern zusammen, die die gewünschte Botschaft transportieren.

"Die Macht der Bilder ist groß"

"Viele Destinationen wollen keinen Massentourismus, sondern qualitativ hochwertigen, gelenkten Tourismus", sagt Julia Stubenböck, Geschäftsführerin der Destinations-Marketing-Agentur Piroth Kommunikation in München, die unter anderem die Social-Media-Aktivitäten für touristische Reiseziele plant. "Die Macht der Bilder ist groß. Man kann etwas erklären, aber man kann es auch zeigen." Das funktioniere häufig sehr gut. Instagram sei hier besonders geeignet, da es nun einmal auf die Verbreitung von Bildern angelegt sei. Durch die sozialen Netzwerke habe sich der Marketingmix für touristische Destinationen und Unternehmen deutlich vergrößert. Dass diese auch tatsächlich genutzt werden, sei mittlerweile Standard in der Branche. Bestimmte Zielgruppen ließen sich auf diese Weise einfach viel besser erreichen. Im Falle von Instagram insbesondere die sogenannten Millennials.

Dass durch allzusehr geschönte Instagram-Schnappschüsse falsche Erwartungen geweckt werden könnten, glaubt Stubenböck nicht. Die Entwicklung gehe derzeit eher in eine andere Richtung: "Die Sensibilität dafür, dass man nicht alles glauben darf, was man auf Instagram zu sehen bekommt, nimmt zu." Davon allerdings ist auf Mallorca in diesen Tagen noch nicht allzu viel zu merken. In der Caló des Moro wird wohl auch in diesem Sommer besonders großes Gedränge herrschen. Wer sich dort den perfekten Instagram-Schnappschuss erhofft, wird aller Voraussicht nach enttäuscht.