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Macht der Militärs

Meike Scholz21. Dezember 2007

Pervez Musharraf regiert Pakistan seit einem Monat in zivil. Mit seinem Rücktritt als Armeechef endeten in Pakistan acht Jahre Militärherrschaft - offiziell. Letztlich entscheiden weiterhin die Militärs über das Land.

Pervez Musharraf in ziviler Kleidung, hinter ihm stehen uniformierte Militärs (29.11.2007, Quelle: AP)
Das Militär regiert im HintergrundBild: AP

Es war Ende November. In der Garnisonsstadt Rawalpindi schritt General Pervez Musharraf zum letzten Mal die Ehrengarde ab. Mit großem Pomp übergab er den Kommandostab an seinen Nachfolger, General Ashfaq Kayani. Das Staatsfernsehen hatte die Zeremonie live übertragen und wurde nicht müde, von einem historischen Tag zu sprechen.

November 2007: Musharraf tritt als Armeechef abBild: AP

Immerhin gab Pervez Musharraf dem Druck aus dem In- und Ausland ab, tauschte seine Uniform gegen einen Designeranzug ein und ließ sich anschließend als ziviler Präsident Pakistans vereidigen. Für seine Anhänger war das ein weiterer Schritt Richtung Demokratie. Für die Kritiker das Gegenteil: Für sie bedeutete es, dass Musharraf seine Macht weiter absicherte, dass er Unrecht mit Unrecht legitimierte.

Keine Macht ohne Militär

So einfach, wie viele befürchten, wird es Musharraf künftig jedoch nicht haben, meint der Militärexperte Hassan Askari Rizvi. "Seine Position ist geschwächt", sagt der ehemalige Politikprofessor an der Universität in Lahore. Denn künftig müsse sich Musharraf mit dem neuen Armeechef abstimmen.

Das ist General Ashfaq Kayani, der zwar ein Vertrauter Musharrafs ist, dem aber dennoch große Professionalität nachgesagt wird. "Mit Politik hatte er bislang nicht viel zu tun", sagt Rizvi, und deutet dies als gutes Zeichen. Pakistans Armee ist schließlich nicht irgendeine Armee. Sie ist 1,4 Millionen Mann stark und verschlingt rund 20 Prozent des Staatshaushalts. Trotzdem ist Rizvi zuversichtlich: "Wir erwarten nicht, dass die Militärs künftig weiter an der Macht bleiben wollen", erklärt er.

Es gab viel Kritik in jüngster Zeit. Auch Shafqat Mahmood, ein ehemaliger Politiker, der jetzt den so genannten zivil-militärischen Dialog in Pakistan leitet, warnt vor weiteren Verstrickungen. Denn Musharraf brauche das Militär um an der Macht zu bleiben. Wenn er nicht abdanke, stünde es schlecht um die Zukunft des Landes. Deshalb plädiert Mahmood für eine Rückbesinnung auf die eigentlichen Aufgaben.

Zwischen Anti-Terror-Kampf und Wirtschaftsinteressen

Was die Armee eigentlich tun soll, ist vielen indes unklar. Die Stabilität des Landes zu sichern ist schließlich nur eine Aufgabe des Militärs.

Welche Aufgaben bleiben der Armee?Bild: AP

Dazu kommt die Bewachung des Atomwaffenarsenals und die Durchsetzung der eigenen wirtschaftlichen Interessen. Und die sind groß. Die pakistanische Armee ist immerhin einer, wenn nicht der größte Unternehmer im Land. Die Armeeführung verteilt Land an ihre Angehörigen, führt Industriebetriebe, errichtet ganze Wohnviertel und hat ein soziales Netzwerk aufgebaut. Dies dürfe ihnen nicht genommen werden, warnt Shafqat Mahmood.

Viel dramatischer bewerten Musharrafs Kritiker jedoch die Art und Weise, wie sich seine Regierung im Anti-Terror-Kampf engagiert. Nach dem 11. September 2001 schmiedete der pakistanische Staatschef eine Allianz mit den USA und versprach, die Terror-Gruppen, die sich in Pakistan angesiedelt haben, zu bekämpfen. Doch das, so Militärexperte Rizvi, ist nicht geschehen "Man dachte, dass die Terroristen nicht in Pakistan, sondern nur in Afghanistan kämpfen", erklärt Rizvi.

Deshalb wollte die Regierung den von Pakistan aus operierenden Gruppen noch genug Raum lassen – nach dem Motto: Vielleicht brauchen wir sie ja irgendwann einmal. Diese Politik, so Ritzvi, hat aber auch Musharraf eher geschadet. "Seitdem diese Terrorgruppen auch gegen die pakistanische Regierung kämpfen, hat sich die Politik ihnen gegenüber geändert", sagt der Militärexperte. Jetzt kämpft die im Swat-Tal, in den Stammesgebieten an der afghanischen Grenze und in Belouchistan.

Armee als Angriffsziel

Immer wieder sterben Soldaten bei AnschlägenBild: AP

Jeden Tag melden die Zeitungen Verluste. Aufständische werden getötet. Soldaten fallen im Kampf. Oder sie kommen bei Selbstmordanschlägen ums Leben. Die Armee in Pakistan ist zu einem Angriffsziel geworden, weil die Staatsführung die Zeichen der Zeit nicht rechtzeitig erkannt hat. Pakistan nämlich, sagt Rizvi, sei schon vor langer Zeit zu einem intoleranten Land geworden. "Pakistan muss in das Milieu zurückfinden, in dem die Pluralität akzeptiert wird", fordert Rizvi deshalb. Das gelte für die sozialen und kulturellen, als auch die politischen und religiösen Werte. Wenn dies nicht geschehe, werde die Krise in Pakistan andauern, egal ob Wahlen abgehalten werden oder nicht.

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